Dresden. Die Arbeit der größten Dresdner Hilfsorganisation Arche Nova lohnt sich. Davon ist Geschäftsführer Mathias Anderson überzeugt. Nach seinem Studium als Bauingenieur in den USA war der 43-Jährige in vielen Krisengebieten der Welt unterwegs- unter anderem zum Auftakt nach dem Tsunami im asiatischen Sri Lanka, um ab 2006 feste Häuser zu bauen.
Er hilft später in Indonesien und Myanmar, während seine Frau als Hygieneexpertin des Uno-Kinderhilfswerks Unicef in Thailand arbeitet. Sie waren schon in vielen Ländern unterwegs. So ist Mathias Anderson, der zuvor für andere Hilfsorganisationen arbeitete, für Arche Nova erstmals 2009 in Sri Lanka und nach dem Erdbeben 2010 in Haiti aktiv.
"Mir macht es Spaß zu sehen, wie sich die Dinge zum Positiven verändern – auch wenn es mitunter schwer ist", sagt er. Und das hat der gebürtige Hamburger, der seit 2019 in Dresden wohnt, mit Arche Nova auch in der jüngsten Krise getan.
Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine hat die Hilfsorganisation sofort gehandelt. Mit Hilfstransporten werden rund 30.000 Menschen in der Ostukraine mit Lebensmitteln, Wasser, Matratzen, Decken und Hygieneartikeln unterstützt.
Auch die Dresdner Stadtentwässerung organisierte im März binnen weniger Tage einen Hilfskonvoi, um das ukrainische Partnerunternehmen Voda-Kanal in der Großstadt Lviv mit Notstromaggregaten und anderer Technik für einen möglichen Blackout auszustatten. Bereits seit 2009 unterstützt die Stadtentwässerung die Hilfsorganisation nicht nur finanziell, sondern mitunter auch ganz praktisch. So war ein Saug- und Spülfahrzeug im Kosovo im Einsatz, damit selbst in der Krise das Abwasser ordentlich entsorgt werden kann.
Die Hilfsorganisation hat die nötige Erfahrung. Schließlich wurde sie schon vor 30 Jahren vom 2018 verstorbenen Sven Seifert und anderen engagierten Dresdnern gegründet und hat seitdem viele Hilfsprojekte in zahlreichen Ländern der Welt organisiert.
"Derzeit sind wir in 16 Ländern aktiv", erklärt Mathias Anderson, der seit Anfang 2019 Geschäftsführer ist. Als Beispiele führt er neben asiatischen Ländern auch Uganda, Kenia, Äthiopien und Somalia in Ostafrika an. Dort hat er ab 2011 im kenianischen Nairobi das Arche-Nova-Regionalbüro für Ost- und Westafrika aufgebaut.
Jetzt ist auch Afrika von der Ukrainekrise betroffen. Schließlich herrscht dort große Dürre, ist es beispielsweise dramatisch, wenn Getreidelieferungen ausbleiben. Dennoch freut er sich, dass in Uganda kleine, aber wichtige Erfolge erzielt werden.
Seit über zehn Jahren unterstützen die Dresdner die Organisation von Frauen-Selbsthilfegruppen im Landkreis Katosi am Nordostufer des Viktoriasees. Auch wenn es am Anfang schwierig war, Gelder vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu bekommen. "Aber letztlich hat es geklappt", sagt er.
In dem Gebiet östlich der Großstadt Kampala herrschen dramatische Zustände. Binnen weniger Jahre sind an dem einst sehr fischreichen See, der der größte Afrikas ist, viele Siedlungen wild errichtet worden – von Menschen, die ein besseres Leben wollen. "Dort fehlt es an allem", berichtet Anderson.
Kaum eines der 14 beteiligten Dörfer hatte Stromanschlüsse oder eine Wasserver- und Abwasserentsorgung. "Viele Menschen holen sich Wasser aus dem See, der stark verschmutzt ist." Toiletten gibt es nicht, sodass die Bewohner ihr "Geschäft" im Freien verrichten.
Malaria und Cholera verbreiten sich immer wieder. Viele Menschen sind HIV-infiziert. Und auch die Tropenkrankheit Bilharziose, die von einem Saugwurm ausgelöst wird, dessen Larven bei Kontakt mit befallenem Süßwasser durch die Haut in den Körper eindringen.
"Die Frauen müssen die Hauptlast tragen", erzählt der Arche-Nova-Chef, der erst im Juni dieses Jahres wieder dort war. Denn Frauen sind in den bis zu zehnköpfigen Familien oft alleinerziehend, da die Männer als Fischer arbeiten, den Fischbeständen hinterherziehen oder Jobs in anderen Gegenden suchen. Die Frauen sind meist in der Fischverarbeitung tätig. Da die Fangmengen oft gering sind, ist die Arbeit knapp.
Arche Nova organisiert seit rund zehn Jahren für die 45 Frauen-Selbsthilfegruppen des Katosi Women Developement Trust (KWDT) nicht nur Schulungen zur Hygiene und zur HIV-Aufklärung. Dort sind auch Ingenieure und andere Fachleute eingesetzt, die Brunnenmechanikerinnen oder Fachfrauen, die die Verwaltung der Selbsthilfegruppen managen, ausbilden. Die sind dringend nötig, da sich der Staat kaum um die wilden Siedlungen kümmert. Arche Nova hat dort Brunnen, Regensammelbehälter und andere Wasserspeicher sowie öffentliche Toiletten, Duschräume sowie Tanks für Abwassergruben gebaut.
In den Gemeinden sind Wassernutzerkomitees für die Wasserversorgung und die Abrechnung zuständig. Dort werden die frisch ausgebildeten Verwaltungskräfte gut gebraucht. Schließlich wird angestrebt, dass die Hälfte der einst von Männern dominierten Posten mit Frauen besetzt wird.
Brunnenmechanikerinnen setzen Handpumpen oder andere einfache Wasseranlagen instand und fahren und bedienen auch die beiden von Arche Nova gekauften großen Lkws mit Tanks, in denen Abwasser entsorgt wird, verweist Anderson auf weitere Beispiele.
Schon eine defekte Dichtung einer Wasserpumpe kann in einem Dorf zur Katastrophe führen. "Die Regierung kümmert sich nicht darum", sagt er. Beim Ausfall müsste das Wasser aus weit entfernten Dörfern geholt werden.
Geleitet wird die Organisation von Margaret Nakato, einer engagierten Frau, die im Online-Studium ihren Masterabschluss geschafft hat. "In Uganda haben wir die Erfolge gesehen, auch wenn es nicht leicht war. Dadurch ist auch das Ansehen der engagierten Frauen enorm gestiegen, die die Projekte umgesetzt haben", erklärt der Arche-Nova-Chef.
Mit dem Jahresbudget von rund 15 Millionen Euro aus Spenden sowie Zuschüssen von Land, Bund und internationalen Organisationen können er und seine rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in vielen Ländern wie in Uganda helfen - davon arbeiten 36 in den Niederlassungen Dresden und Berlin.