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Neues Wohngebiet am Neustädter Bahnhof: Anwohner hoffen auf Erhalt der Bäume

Am Bahnhof Neustadt in Dresden sind Wohnhäuser geplant, dafür müssen Bäume weichen. Die Nachbesserungen des Investors reichen den Bewohnern nicht.

Von Kay Haufe
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So sollen die neuen Häuser zwischen Neustädter Bahnhof, Hansa- und Lößnitzstraße aussehen.
So sollen die neuen Häuser zwischen Neustädter Bahnhof, Hansa- und Lößnitzstraße aussehen. © Visualisierung: Quarterback Immobilien

Dresden. Könnte die anhaltende Hitzeperiode dieses Sommers dazu führen, dass ein bekannter Investor seine Pläne für ein neues Wohnviertel am Neustädter Bahnhof noch einmal verändern muss? Das zumindest erhoffen sich die Bewohner der angrenzenden Häuser in der Lößnitzstraße. Für die Neubauten müssten rund 320 Bäume und Sträucher weichen, die am ohnehin schon völlig überhitzten Bahnhof derzeit noch für Abkühlung sorgen.

Dass der Neustädter Bahnhof ein heißes Pflaster ist, ist eindrucksvoll in der Klimafunktionskarte des städtischen Themenstadtplans zu sehen. In ihm ist es rund fünf Grad wärmer als im unbebauten Umland der Stadt, dunkelrot hebt sich sein Dach heraus. Auch die Bereiche ringsum sind rot oder orange eingefärbt und zählen damit zu den wärmsten Stellen der Stadt. Lediglich in der grünen Oase, die hinter den Häusern der Lößnitzstraße über Jahrzehnte wild gewachsen ist, sind die Temperaturen niedriger, sie ist grün in der Karte markiert.

"Doch ausgerechnet dieser wichtige Bereich soll jetzt bebaut werden. Das würde nicht nur unsere Lebensqualität beeinträchtigen, sondern auch die vieler Anwohner ringsum", sagt Stephan Lenk von der Lößnitzstraße. Er wünscht sich von der Stadt, dass diese angesichts des Klimawandels ihre Haltung zur gewollten innerstädtischen Verdichtung noch einmal überdenkt. "Bäumen mit großen Kronen kommt in der überhitzten Stadt eine besondere Bedeutung zu, darauf weist das Umweltbundesamt hin", sagt Lenk.

Die geplante Dach- und Fassadenbegrünung der neuen Häuser könnte dies nicht oder erst in vielen Jahren kompensieren, sagt Anwohnerin Kira Feldt. Sie weist auf die doppelte Innennutzung hin, die das Bundesumweltministerium fordert. Das bedeutet, Flächenreserven zwar sinnvoll zu bebauen, aber gleichzeitig urbanes Grün zu entwickeln und zu vernetzen ist. "Unser Anliegen ist es, dass die Baudichte verringert wird, damit mehr Bäume erhalten werden", sagt Feldt.

Fläche verkleinert, Fassaden- und Dachbegrünung

Investor des neuen Viertels am Gleisbogen ist die Quarterback Immobilien GmbH. Der Dresdner Niederlassungsleiter Steffen Funk war sich ziemlich sicher, hier mit mehreren Wohnblöcken, begrünten Innenhöfen und einem einzeln stehenden Haus ein gutes Angebot für die Dresdner zu machen. Immerhin sind Wohnungen in der Neustadt äußerst nachgefragt, die Wege vom neuen Viertel ins Zentrum oder zu öffentlichen Verkehrsmitteln kurz. Zudem hatte es einen Architekturwettbewerb für die Gestaltung des Areals gegeben, den die Dresdner TSSB Architekten gewonnen hatten.

Doch im Zuge der ersten Offenlage der Pläne hatte es zahlreiche Einwände gegeben. Auch vom Umweltamt kam die Forderung, die Eingriffe in die Natur zu begrenzen. In der Folge hat Quarterback umfangreich nachgebessert. "Wir haben Teile einige Baukörper verkleinert, damit kann ein Teil der Bäume erhalten bleiben", sagt Steffen Funk. Damit gehen aber auch 1.500 Quadratmeter Wohnfläche verloren. Zudem werden alle Fassaden und Dächer begrünt, ringsum Bäume und Sträucher gepflanzt. Auch ein Spielplatz soll entstehen. "Wirtschaftlich wird das ein enges Unterfangen", sagt Funk.

Diese Pläne hat er vor drei Wochen auch den Anwohnern vorgestellt. Immerhin 220 Mietwohnungen sollen entstehen, darunter 44 Sozialwohnungen. "Ich kann alle Beweggründe des Investors nachvollziehen, aber die Änderungen gehen mir nicht weit genug, weil viele der Bäume und Sträucher wegfallen", sagt Stephan Lenk.

Kira Feldt erinnert an das Klimaanpassungskonzept, an dem die Stadt gerade arbeitet. Eines der zentralen Themen ist der Schutz vor Hitze. "Nimmt die Stadt die Folgen von Hitze und Trockenheit ernst, darf sie es nicht zulassen, dass viele Jahrzehnte alte und gesunde Bäume abgeholzt werden."

Die Bäume und Sträucher am Gleisbogen sind wild gewachsen, sorgen für Schatten und Abkühlung.
Die Bäume und Sträucher am Gleisbogen sind wild gewachsen, sorgen für Schatten und Abkühlung. © René Meinig

Derzeit läuft noch bis 12. August die Offenlage der geänderten Quarterback-Pläne. Erneut können Einwendungen dagegen vorgebracht werden. Steffen Funk ist jedoch optimistisch, weil alle Änderungen mit dem Stadtplanungsamt abgestimmt wurden. Wie sich das Umweltamt verhält, ist nicht bekannt. Man wolle sich dazu nicht öffentlich äußern, solange die Offenlage noch andauert, heißt es aus dem Presseamt.

In einem SZ-Interview zu dem Thema im Juli 2021 hatte Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) gesagt, dass es einen Kompromiss zwischen den Plänen des Investors und dem Erhalt des Grüns geben müsse. Sie sagte aber auch, dass die Wohnbebauung dort nicht verhindert werden soll. "Unser Ziel ist die kompakte Stadt, die im Innern verdichtet wird, in der aber Grünzüge erhalten werden."