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Erst Alarm aus Dresden, jetzt erhöht Sachsen die Förderung für sozialen Wohnungsbau

Dresdens Sozialbürgermeisterin hat auf die schwierige Wohnungslage hingewiesen. Für sie greifen die am Dienstag durch das Kabinett verbesserten Förderkonditionen zu kurz.

Von Kay Haufe
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In Dresden gibt es zu wenige bezahlbare Wohnungen.
In Dresden gibt es zu wenige bezahlbare Wohnungen. © Christian Juppe

Dresden. Am Montag hatte die Sozialbürgermeisterin der Landeshauptstadt Alarm geschlagen. Es gebe zu wenig bezahlbaren Wohnraum für zu viele Anspruchsberechtigte in Dresden. Sie forderte vom Freistaat einen Booster für den sozialen Wohnungsbau, die Förderung des Landes müsse auf die gestiegenen und weiter steigenden Kosten reagieren, so Kristin Klaudia Kaufmann (Linke).

Das Kabinett hat reagiert und am Dienstag die Förderrichtlinie für neue Sozialwohnungen neu gefasst, wie aus Pressemitteilung der Regierung hervorgeht.

Die Förderquote wird demnach von 40 auf maximal 45 Prozent erhöht. Damit werde die zu erwartende Baupreissteigerung berücksichtigt, die zu steigenden Angebotsmieten führen wird.

"Mit der heutigen Richtlinienanpassung sorgt der Freistaat Sachsen dafür, dass trotz steigender Baupreise weiterhin sozialer Wohnraum in Dresden und Leipzig geschaffen werden kann", sagte Staatsminister Thomas Schmidt (CDU). "Damit ist sicherlich so manchem Wohnungsneubauvorhaben geholfen, das bereits geplant ist, aber aufgrund der Kostensituation derzeit auf der Kippe steht." Die Änderung der Förderrichtlinie gebundener Mietwohnraum tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2024 in Kraft.

Auch Mieter mit höherem Einkommen sollen profitieren

Außerdem werde ein zweiter Förderweg eingeführt, für Wohnungen mit etwas höheren Mieten, die aber trotzdem deutlich unter dem frei finanzierten Wohnungsbau liegen. Sie sind für Haushalte, deren Einkommen um bis zu 25 Prozent über der Einkommensgrenze des ersten Förderweges liegen. Entsprechend geringer ist hier die Förderung mit maximal 35 Prozent und die festgelegte Miete etwas höher als im ersten Förderweg. Über die Verteilung der Fördermittel auf die zwei Fördervarianten entscheiden die Städte in eigener Verantwortung.

Für die Grünen hat das Kabinett damit einen Schritt zur Ankurblung des sozialen Wohnungsbaus getan. "Mit der Anhebung der Fördersätze senden wir als Koalition ein wichtiges Zeichen an die Bauträger sowie die kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften: Wir unterstützen die Baubranche bei den gestiegenen Kosten und passen den Zuschuss des Landes bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr an", sagt Thomas Löser, wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag.

Sollte sich im ersten Halbjahr 2024 herausstellen, dass die bisherigen Maßnahmen noch nicht reichen, sollte über einen Zuschuss für die Bauträger nachgedacht werden, so der Vorschlag der Grünen. Die Koalition plane im Januar 2024 eine weitere Novellierung der Sächsischen Bauordnung, auch, um die schwierigen Bedingungen für die Baubranche zu verbessern.

"Es fehlt die Kraft für einen echten Wumms"

Doch die Sozialbürgermeisterin zeigt sich am Nachmittag vom Kabinettsbeschluss enttäuscht. "Die Anpassungen gehen in die richtige Richtung, ihnen fehlt aber die Kraft für einen echten Wumms für die dauerhafte Sicherung bezahlbaren Wohnens", sagt sie.

Die Streichung des Maximalbetrags sei zu begrüßen, weil die Förderung damit flexibilisiert werde und sich künftig dynamisch an die Baupreisentwicklung anpasse. "Mit der neuen Förderrichtlinie können unsere Wohnungsmarktpartner in Dresden kurzfristig wieder Neubauvorhaben starten, zumindest Projekte, die schon grob geplant und mit dem verbesserten Mietzuschuss wirtschaftlich machbar sind", sagt Kaufmann.

Das träfe aber nicht auf alle Projekte zu, die derzeit auf Eis liegen. "Insbesondere für größere Vorhaben, die eine ganze Reihe komplexer und teurer Baustandards erfüllen müssen, wird die Förderung auch weiterhin nicht ausreichen. Wenn die Miete dann immer noch deutlich über 7,50 Euro pro Quadratmeter liegt, kann von sozialem Wohnungsbau eigentlich keine Rede sein."

Aus ihrer Sicht müsse die Förderung so bemessen sein, dass sich Haushalte mit Wohnberechtigungsschein die neuen Sozialwohnungen auch leisten können. Letztlich bleibe für die Erhöhung der Fördermittel nur das Prädikat: "Geht in die richtige Richtung, greift aber zu kurz".

Dresdens braucht über 10.000 neue Wohnungen

Seit 2013 gilt der Dresdner Wohnungsmarkt als angespannt. Die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen übersteigt das Angebot von 10.745 Wohnungen mit Belegungsbindungen (Stand 31. Dezember 2022) deutlich. Nach den Daten der kommunalen Bürgerumfrage 2022 haben 66.500 Dresdner Mieterhaushalte Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und damit auf eine Sozialwohnung. Darin enthalten sind auch die rund 20.000 Haushalte, die Bürgergeld vom Jobcenter und Sozialhilfe vom Sozialamt erhalten. Doch der Schein sichert nicht automatisch eine Sozialwohnung – er dient lediglich als Nachweis für die Wohnungsberechtigung.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Stadt die Belegungsrechte für 10.000 Wohnungen bis längstens 2036 bei der Vonovia gesichert hat.

Laut der Wohnbedarfsprognose, die das Institut Empirica 2021 auf der Grundlage der Einwohnerprognose 2020 erstellte, müssten in Dresden bis 2030 mindestens 10.630 neue Wohnungen gebaut werden. Die angekündigten Unternehmensansiedlungen und -erweiterungen in Dresden wie von TSMC seien dabei noch nicht einmal mit einberechnet.

WiD baut aufgrund der Kosten aktuell nicht weiter

Doch das dürfte schwer werden, ist Bauen doch derzeit so teuer wie nie. Das gilt besonders für Mehrfamilienhäuser. Daten des Statistischen Landesamtes zufolge wurden 2021 noch durchschnittlich 1.730 Euro pro Quadratmeter im Geschosswohnungsneubau veranschlagt, 2022 waren es bereits 2.180 Euro. Das entspricht einer Steigerung von reichlich 25 Prozent.

Schmerzhaft spürbar ist das auch für die städtische Wohnungsgesellschaft WID. Sie verfügt aktuell über 510 neu gebaute Sozialwohnungen. Im Jahr 2024 kommen 33 dazu. Doch die Planung für 517 weitere neue Wohnungen wird aufgrund der bau- und finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen vorerst nicht weiterverfolgt.

Dresdens Sozialbürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann fordert das Land zum Handeln auf.
Dresdens Sozialbürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann fordert das Land zum Handeln auf. © Sven Ellger

Rückgang der Baugenehmigungen um über 50 Prozent

2022 verzeichnete die Stadt einen deutlichen Rückgang der Baugenehmigungen für Wohnungsneubau um 53,5 Prozent auf nur noch 1.305. Im Jahr zuvor waren es noch 2.807. Laut Statistischem Landesamt brach der Umsatz im Wohnungsbau im ersten Halbjahr 2023 sachsenweit um über 15 Prozent ein. Im zweiten Quartal 2023 verzeichneten die Dresdner Wohnungsbauunternehmen im Auftragseingang ein Minus von drei Prozent auf 24,7 Millionen Euro an. Im Vorjahresquartal gingen Aufträge mit einem Volumen von 24,4 Mio. Euro ein, wie aus dem jüngsten Quartalsbericht der kommunalen Statistikstelle hervorgeht.

Auch die "Dresdner Stadtgestalter", 13 private Dresdner Bauträger, haben bereits Anfang des Jahres aufgrund der gestiegenen Baukosten und Zinsen Alarm geschlagen. Ihre Neubauprojekte in der Stadt haben sie weitgehend auf Eis gelegt.

Weitere Infos und Statistiken rund um den Wohnungsmarkt in Dresden: www.dresden.de/wohnen