Werft in Dresden-Laubegast: Ein Neubau wie ein Dampfer

Dresden. Eigentlich wäre er gern Dampferchef geworden, als 2020 ein neuer Investor für die Dresdner Flotte gesucht wurde. Doch damals hatte Sven Spielvogel das Nachsehen. Gemeinsam mit seinem Geschäftsführer-Kollegen Rico Richert hatte er sich um die Übernahme der Schiffe beworben, ein Unternehmen aus der Schweiz bekam schließlich den Zuschlag. Jetzt bauen sich die zwei Chefs, die aus dem Immobiliengeschäft kommen, ihren eigenen "Dampfer". Er soll auf dem Werftgelände in Laubegast entstehen, denn die Werft gehört ihrem Unternehmen Richert & Co. Immobilien.
Zwei Jahre Bauzeit
Der Bug ihres "Dampfers" zeigt zur Elbe, das Heck in Richtung Österreicher Straße. Rund 70 Meter lang wird er und einen zweistelligen Millionenbetrag kosten, schätzt Sven Spielvogel. Etwa zwei Jahre lang muss daran gebaut werden. Doch wann das Unternehmen startet, steht noch nicht fest. Spielvogel wünscht es sich "schnellstmöglich", mag sich aber noch nicht auf einen Baubeginn festlegen. Sicher ist aber: Der Bauantrag soll in diesem Jahr gestellt werden.
Die Immobilienspezialisten planen einen zweistöckigen Neubau auf der Werftgelände. Er soll anstelle einer alten, grünen Halle stehen, die laut Spielvogel etwa Ende der 70er Jahre errichtet worden ist. Die Halle hat Räder und steht auf Schienen, "gefahren ist sie aber nur ein mal", berichtet er. Sie soll weg, ebenso die mit Folie bespannten Gerüste daneben.
Dort entsteht dann der zweistöckige Neubau. Im Erdgeschoss stellen sich Richert und Spielvogel neuer Werkhallen vor, im ersten Stock Büros. Der Clou: Etwa die halbe Dachfläche könnte künftig einem Café Platz bieten - mit Blick Richtung Fernsehturm und Richtung Sächsische Schweiz.

Terrasse steht auf Stützen
"Werftterrasse" ist der Arbeitstitel für den Dampfer-ähnlichen Neubau, dessen Heck auf dem abschüssigen Boden steht und dessen Bug von Stützen in der Luft gehalten wird. Der Entwurf stammt von "Barcode Architects", einem Architekturbüro aus Rotterdam, das auch am Siegerentwurf für das Technische Rathaus beteiligt war. Spielvogel und Richert haben sich den Weg bis zu diesem Entwurf 160.000 Euro kosten lassen.
Er ist aus einem zweistufigen Architekturwettbewerb für den Neubau hervorgegangen. Europaweit hatten sie das Projekt ausgeschrieben, aus mehr als 30 Interessensbekundungen wurden in einem ersten Schritt 16 Büros, die sich näher mit dem Projekt beschäftigt haben. Viele deutsche, auch Dresdner, aber auch aus Rotterdam, Paris, Prag und Zürich. Sechs wurden schließlich von einer Jury für das Finale ausgewählt, "Barcode" setzte sich schließlich durch vor einem Entwurf aus Berlin und einem aus Paris. Die Niederländer haben ein durchsichtiges, zweistöckiges Gebäude entworfen, in dem dicke Säulen an Dampferschornsteine erinnern und dessen Form einem flachen Schiff für Flusskreuzfahrten ähnelt.

Ähnlichkeiten bei den Entwürfen
"Wir haben vorher mit der Gestaltungskommission gesprochen", berichtet Spielvogel über den Ablauf, deren Hinweise seien in die Aufgabenstellung eingeflossen. Die Architekten lieferten daraufhin Entwürfe mit Namen wie Elbkontor, Elbspeicher, Dock D, und Werfthaus. Bei allen Entwürfen spielen viel Glas, Metall und bei manchen auch Holz eine Rolle. Bis zu acht Etagen hoch planten die Architekten, mehrere schlugen auf dem Dach so etwas wie ein Café vor.
Spielvogel gefällt diese Idee sehr und er hat schon weitergedacht. Der Zugang zum Café könnte künftig von der Coselgasse aus möglich sein - zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Den Weg dafür gibt es schon. Die Gäste müssten so nicht über das Werksgelände, wo gearbeitet wird und deshalb mehr als nur Stolperfallen gefährlich werden könnten.
Vom Dach aus hätten sie dann auch den besten Blick auf eine weitere Besonderheit des Baus. Dabei geht es um alte Bäume. Drei große Linden stehen auf dem Werftgrundstück, sie markieren laut Spielvogel den Weg der ehemaligen Verbindungsstraße von Laubegast nach Kleinzschachwitz. Eigentlich steht wenigstens eine davon dem Neubau im Weg. Dennoch solle alle erhalten werden und der Neubau in einem Halbkreis um die gefährdete Linde herum errichtet werden.

Millionenbetrag für Erhalt der Werft nötig
Eine Produktions- und Werkhalle sowie ein Bürogebäude soll der Neubau werden. Und er soll die "historischen und aktuellen Werte der Laubegaster Werft" widerspiegeln. So steht es in einem 32-seitigen A4-Heft über den Verlauf und die Ergebnisse des Architekturwettbewerbs, das die Bauherren zusammengestellt haben. Spielvogel fügt hinzu, die Wert solle weiter eine Werft bleiben, es müsse dort aber mehr passieren, damit sich der Betrieb rechnet. Allein Schiffsreparaturen reichten nicht, etwa, um auch den Millionenbetrag zur Seite legen zu können, der irgendwann nötig ist, um die historische Hebeanlage zu erneuern, mit der die Schiffe aus dem Wasser geholt werden.
Mehr passiert ist bereits - ein Kaffee-Unternehmen, eine Tanzschule und eine Musikschule sind schon eingezogen, der TÜV hat Flächen angemietet. Demnächst kommt ein Unternehmen dazu, das in Kleinserien Katalysatoren für Dieselmotoren, etwa in Schiffen, anfertigt. Die neue Abstellhalle auf der Kleinzschachwitzer Werftseite ist gut gebucht von Mietern, die dort Boote, Wohnwagen und Autos untergestellt haben, im langen Werfthaus planen die Verantwortlichen Plätze für Firmengründer, sogenannte Startups.