Dresden. Formal klingen die Vorwürfe massiv: gewerbsmäßiger und bewaffneter Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Das wirft die Dresdner Staatsanwaltschaft einem 45-Jährigen vor. Doch der Mann ist nicht nur fast blind. Er leidet seit 26 Jahren an den Folgen eines schweren Verkehrsunfalls, bei dem er einen massiven Hirnschaden erlitten hat.
Er musste seine Lehre als Straßenbauer abbrechen und ist Erwerbsunfähigkeitsrentner. Seit Donnerstag steht der Mann vor dem Landgericht Dresden. Laut Anklage soll er seinem Kumpel Thomas B. für dessen Drogengeschäfte zwischen August 2018 und Juli 2019 seine Wohnung zur Verfügung gestellt, den Stoff bei sich gelagert und portioniert haben.
Es geht um fast 20 Kilogramm Marihuana, die B. aus Tschechien importiert hatte. Regelmäßig soll der Angeklagte einen Teil, knapp zwei Kilo, gekauft und auch selbst damit gehandelt haben. Im Juli 2019 fand die Polizei in seiner Wohnung neben 2.000 Euro eine Schreckschusspistole und einen Teleskopschlagstock.
Angeklagter habe mit der Droge seine Schmerzen gelindert
Verteidiger Hans Theisen kritisiert die Ermittlungen, die Anklage, die Verfahrenseröffnung und alles andere, was sich angreifen lässt. Zum Auftakt stellte er mehrere Ablehnungsanträge. Während Haupttäter B. in Görlitz zwei Jahre auf Bewährung erhalten habe, stehe sein Mandant vor dem Landgericht, ihm drohe eine ungleich höhere Strafe. Doch der schwerbehinderte Mann sei zu den Taten gar nicht fähig. Es sei zu prüfen, ob er wegen seiner Behinderung überhaupt schuldfähig ist. Er habe mit der Droge seine Schmerzen gelindert.
Die Verteidigung hatte schon vor dem Prozess mehrfach erfolglos einen Strafbefehl angeregt. Doch das Gericht machte ernst, lud zum Auftakt sogar zehn Zeugen. Die wurden jedoch wieder ausgeladen. Anwalt Theisen fragt, ob der Prozess überhaupt notwendig sei. Dieselbe Strafkammer hatte erst im März einen Wiederaufnahmeprozess gegen einen Dresdner Intensivtäter wegen Überlastung abgeblasen.