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Grünes-Gewölbe-Prozess: Neue Details zur Tat

Der Prozess gegen sechs Angeklagte wegen des Juwelendiebstahls aus dem Grünen Gewölbe wird fortgesetzt. Die Befragung von Rabieh Remmo läuft schleppend. Dritte will der Angeklagte nicht belasten.

Von Alexander Schneider
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Im Prozess um den Einbruch ins Grüne Gewölbe am Landgericht Dresden wurde am Freitag die Befragung der geständigen Angeklagten fortgesetzt.
Im Prozess um den Einbruch ins Grüne Gewölbe am Landgericht Dresden wurde am Freitag die Befragung der geständigen Angeklagten fortgesetzt. © Reuters/Pool

Dresden. Im Prozess um den Einbruch ins Grüne Gewölbe setzte das Landgericht Dresden die Befragung der Angeklagten fort, die Geständnisse abgelegt haben.

Rabieh Remmo war nun schon den dritten Tag in Folge an der Reihe. Der 29-Jährige sagte unter anderem aus, man sei nach der Tat zu sechst in dem als Taxi getarnten 750 PS-Mercedes nach Berlin gefahren. In der E-Klasse hätten sie während der Fahrt ihre Beute herumgereicht.

Der Degen sei da bereits beschädigt, der Griff von der Klinge getrennt gewesen. Die Klinge habe man "relativ zeitnah nach der Tat" in den Neuköllner Schifffahrtskanal geworfen. Nachdem sie Berlin erreicht hätten, habe er die Steine aus den Augen verloren, er habe sie nicht mehr gesehen.

Wo der verbliebene Schmuck aufbewahrt wurde, gab Rabieh Remmo nicht an. Er brauche Dritte nicht zu belasten, so seine Verteidiger. Das galt auch für die Frage, wer den Mercedes über Weihnachten 2019 auf einem Berliner Polizeigelände in Brand gesetzt hatte. Das Tatfahrzeug war Mitte Dezember in Berlin mit falschen Kennzeichen aufgefallen und sichergestellt worden. Erst nach – oder: wegen – dem fehlgeschlagenen Brandanschlag auf dem Sicherungsgelände der Berliner Polizei konnten Ermittler den Mercedes mit dem Einbruch ins Grüne Gewölbe Dresden in Verbindung bringen. Die Soko Epaulette übernahm das Auto und fand neue Indizien, die für eine Verwendung bei dem Einbruch sprachen, etwa kleinste Splitter des Sicherheitsglases der zertrümmerten Vitrine aus dem Juwelenzimmer.

Rabieh Remmo war der erste von vier der insgesamt sechs Angeklagten, der nach der Verfahrensverständigung die Vorwürfe gestanden hat. Er selbst sei einer der beiden Männer im Juwelenzimmer gewesen. Er habe auch mit einem 23-jährigen Mitangeklagten den Flucht-Audi in einer Dresdner Tiefgarage angezündet.

Der 23-Jährige war der nächste Kandidat, dessen Geständnis das Gericht und die Staatsanwaltschaft mit ihren Fragenkatalogen auf den Zahn fühlen. Bereits Ende 2017 habe er von einem Bekannten, der auf Klassenfahrt in Dresden war, von dem „Grünen Diamanten“ erfahren. So sei das Grüne Gewölbe als Tatort interessant geworden. Wie Rabieh schwieg auch der 23-Jährige zu zwei noch unbekannten Mittätern und dem verbliebenen Schmuck.

An vieles konnte oder wollte er sich nicht erinnern. Für Lacher sorgte seine Behauptung, er könne mit Auto-Typen nichts anfangen, weshalb er nicht sagen könne, in welchem Fahrzeug er an den verschiedenen Tattagen gesessen hat. Alle, die in der Hauptverhandlung der Herausgabe des Schmucks zugestimmt haben, hätten keine Ansprüche mehr auf die verbliebenen Beutestücke. So ähnlich hatte das auch Rabieh bereits gesagt.

25.538.750 Euro Schaden

Darüber hinaus meldete sich eine Vertreterin vom Landesamt für Steuern und Finanzen, die als Vertreter des Freistaats die Schadensersatzklage in dem Prozess vertritt, zu Wort. Sie widersprach einem Verteidiger, der vergangene Woche unter anderem erklärt hatte, der Wert Beute sei nicht zu beziffern. Er hatte es damit begründet, dass die Kunstobjekte nicht verkäuflich seien und es daher auch keinen marktüblichen Preis für das Staatsschatz-Geschmeide gebe – und verwies auf vergleichbare Urteile.

Natürlich gebe es einen marktüblichen Preis für den Schatz, so die Adhäsionsklägerin. Diese Summen orientiere sich am Versicherungswert der Preziosen, wenn sie an andere Museen ausgeliehen werden. Die Ermittlung der Summe der Diamanten-Garnituren, die zwischen den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) als Leihgeber, der Versicherung und dem jeweiligen Leihnehmer ausgehandelt wird, beruhe auf realen Preisen: „Die Versicherungswerte kommen gerade nicht losgelöst vom Marktwert zustande.“ Die Schadenshöhe der zurückgegebenen 18 Objekte bezifferte die Vertreterin auf 25.538.750 Euro. Der Gesamtschaden des Schmucks wird in der sogenannten Adhäsionsklage mit fast 88,9 Millionen Euro angegeben.

Am Ende des langen Sitzungstages teilte der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel mit, die Jugendkammer werde die Frage der Feststellung des Wertersatzes, also des Betrages, der von den verurteilten Angeklagten einzuziehen sein wird, von der laufenden Hauptverhandlung abtrennen, um sie in einem eigenen Verfahren zu beantworten. "Die Feststellung des Wertersatzes würde dieses Verfahren erheblich verzögern", so Ziegel. Die Kammer müsste einen unabhängigen Sachverständigen beauftragen, der die Werte beziffern, ein schriftliches Gutachten erstellen, das dann wiederum in der Hauptverhandlung erläutert und gewürdigt werden müsse. "Die Verzögerungen wären erheblich." Die Verteidiger stimmten diesem Vorschlag zu.

Auch wenn die Befragungen der übrigen Angeklagten nun schneller gehen dürften - ein Ende des Prozesses war auch an diesem 40. Verhandlungstag nicht absehbar. Bislang gibt es noch fünf Verhandlungstage bis zum 20. März, die möglicherweise nicht ausreichen werden. Der Prozess wird am 24. Februar fortgesetzt.