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13. Februar: Initiative will das bisherige Gedenken in Dresden abschaffen

Das offizielle Erinnern an die Zerstörung Dresdens dürfe nicht altbekannte rechtsextreme Opfer-Narrative bedienen, sagt eine Initiative und fordert eine aktivere Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.

Von Alexander Schneider
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Am Dienstagnachmittag versperrten Demonstranten am Pirnaischen Platz den Weg ins Dresdner Zentrum. Sie erinnern an die erfolgreiche Blockade von Neonazis am 13. Februar 2023 und fordern ein anderes Gedenken rund um diesen Tag.
Am Dienstagnachmittag versperrten Demonstranten am Pirnaischen Platz den Weg ins Dresdner Zentrum. Sie erinnern an die erfolgreiche Blockade von Neonazis am 13. Februar 2023 und fordern ein anderes Gedenken rund um diesen Tag. © SZ/Alexander Schneider

Dresden. Am 13. Februar dieses Jahres haben zahlreiche Dresdner einen Nazi-Aufmarsch mit dem Ziel Innenstadt blockiert. Rund 2.000 Menschen setzten sich auf den Pirnaischen Platz und zwangen die Rechten zum Abdrehen. An diese positive Erfahrung will das Blockade-Bündnis "Dresden WiEdersetzen" nun anknüpfen. Denn, so sagen die Mitstreiter, es gibt viel zu tun. Sie will das Gedenken rund um den 13. Februar in der bisherigen Form abschaffen.

Am Dienstagnachmittag spannte die Initiative ein langes Banner über die Gleise und Fahrspuren der Wilsdruffer Straße: "Am 13.2. Nazis stoppen" stand darauf zu lesen. Noch immer werde das Gedenken an die Bombardierung und Zerstörung Dresdens missbraucht, die Menschenkette habe nicht nur ihren Sinn verloren, sondern integriere "Nazis" sogar in der Mitte der Gesellschaft.

Das belegten nicht allein Fernsehbilder von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP), die das Stadtoberhaupt in der Menschenkette Seite an Seite mit rechtsradikalen Vertretern der "Freien Sachsen" zeigen. Es sei auch zu sehen, dass sich andere AfD-Politiker und Neonazis in der Menschenkette "doch ziemlich wohlfühlen". Das sagt etwa Anne Herpertz aus Dresden, die Studentin ist Bundesvorsitzende der Piratenpartei, in ihrer Rede am Pirnaischen Platz.

Die Menschenkette sei schon lange kein Zeichen mehr gegen rechtsextreme Trauermärsche, "und vielleicht war sie das nie", so Herpertz. Die Menschenkette wie auch der Trauermarsch der Rechtsextremen unterstütze eine Erinnerung, in der Dresden als Opfer der Bombardierung nach dem Motto "Schaut her, wir haben gelitten, unsere schöne Stadt lag in Trümmern".

"Selbstgerechter Ruf nach Versöhnung"

Die mangelnde Aufarbeitung der eigenen Schuld und "der selbstgerechte und überhebliche Ruf nach Versöhnung" käme dem Wunsch nach einem Schlussstrich nahe. Und so trage es auch das öffentliche, institutionalisierte Gedenken wie etwa am Heidefriedhof zu einer "Normalisierung rechter Einstellungen" bei. Herpertz: "Wer das eigene Opfersein so in den Mittelpunkt der Stadt stellt, biedert sich ganz bewusst dem rechtsextremen Opfermythos an." Dresden könne so keine Verantwortung übernehmen.

Hier setzt das Bündnis "Dresden WiEdersetzen" an. Es fordert, das Gedenken in der bestehenden Form abzuschaffen. In den nächsten Wochen will die Initiative Workshops, Lesungen und Diskussionen veranstalten, um sich mit alternativen Formen des Gedenkens auseinanderzusetzen.

Am 13. Februar sei die Menschenkette als Symbol überholt, sagt etwa auch Dresdens Juso-Chef Matthias Lüth, aber nicht am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag.

Peinliches vom Heidefriedhof

Lüth schlägt vor, neben dem 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz 1945, auch den 9. November, den Jahrestag der Pogrome gegen Juden 1938, aufzuwerten und in den Zusammenhang mit dem 13. Februar zu stellen. OB Hilbert habe am 13. Februar "kein Wort zu den Nazis in der Menschenkette verloren, keine Abgrenzung, kein Wort zu den Opfern", sagt Lüth. Es gebe viel zu diskutieren. So würden etwa auch Studenten versuchen, mit TU-Rektorin Professor Ursula Staudinger, Mitanmelderin der Menschenkette, ins Gespräch zu kommen.

Besonders peinlich, auch das berichten die Demonstranten am Pirnaischen Platz, seien Bilder von OB Hilbert, der auf dem Heidefriedhof an den Gedenkstelen bombardierter Städte nur unter der Dresdner Stele Blumen abgelegt habe. Auch das transportiere den Opfermythos.

Die Organisatoren der Demo, darunter Rita Kunert (Seebrücke), fordern eine aktive Auseinandersetzung mit der Rolle Dresdens im Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg, wie es etwa der "Mahngang Täterspuren" seit vielen Jahren zeige. Das Bündnis "Dresden WiEdersetzen" ist das Nachfolge-Bündnis des aufgelösten "Dresden Nazifrei". Verschiedene zivilgesellschaftliche Initiativen sind genauso Teil des Bündnisses wie Vereine und linke Parteien.

An diesem Mittwoch werden Mitglieder des Bündnisses um 17 Uhr auch am Schloßplatz auf ihre Forderungen hinweisen.