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Wie geht es weiter am Dresdner "Assi-Eck"?

In der Dresdner Neustadt beschweren sich Anwohner immer wieder über Lärm, Glasscherben und Wildpinkler. Zum Start in den Frühling bietet der Neustadt-Kümmerer nun wieder eine Sprechstunde an.

Von Julia Vollmer
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Neustadt-Kümmerer Peter Thormeyer,
Neustadt-Kümmerer Peter Thormeyer, © Matthias Rietschel

Dresden. Es wird Frühling in Dresden. Die Neustadt erwacht wieder zum Leben und die Menschen treffen sich im Freien mit Freunden. Doch dabei kam und kommt es auch immer wieder zu Konflikten mit Anwohnerinnen und Anwohnern, die sich gestört fühlen von der Lautstärke, vom Müll oder Wildpinklern. Im Fokus steht dabei oft das "Assi-Eck", also die Kreuzung Louisenstraße/Görlitzer Straße und Rothenburger Straße. Aber auch der Martin-Luther-Platz, der Rosengarten und der Albertplatz sind Brennpunkte.

Obwohl sowohl Polizei und Ordnungsamt als auch Stadtbezirksamtsleiter André Barth eine Beruhigung der Lage feststellen, will die Dresdner Polizei jetzt mit Frühlingsbeginn wieder verstärkt vor Ort in der Neustadt unterwegs sein. Auch das Ordnungsamt ist präsent, kündigt Ordnungsbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) an. Denn 2021 gab bereits eine Klage von Anwohnern. Das Gericht verdonnerte die Stadt dazu, Maßnahmen zu ergreifen, um für mehr Ruhe zu sorgen. Zuvor war ein Alkoholverbot an einer Mehrheit im Stadtrat gescheitert.

"Ziel ist es, die Kriminalitätsbelastung weiter zu reduzieren"

Die Polizei-Einsätze beginnen in diesem Jahr bereits im April. So kündigt es Jürgen Kunath, Leiter des Polizeireviers Nord, an. Damit will er früh Entwicklungen erkennen und die Maßnahmen anpassen. Vor allem in den Nächten zum Samstag und Sonntag will er mit Beamten vor Ort sein. Neben dem "Eck" hätten sich neue Schwerpunkte wie der Bereich Bautzner Straße und Alaunstraße sowie der Martin-Luther-Platz ergeben.

"Das Ziel für 2024 ist es, die Kriminalitätsbelastung weiter zu reduzieren, um Kriminalitätsschwerpunkte einzudämmen und das Sicherheitsgefühl der Anwohner sowie Besucher zu stärken", sagt er. Als Beispiele für registrierte Straftaten nennt Kunath Diebstähle, Körperverletzung und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Sie wollen weiter zusammenarbeiten, um die Konflikte zwischen Partygängern und Anwohnern zu deeskalieren: Stadtbezirksamtsleiter André Barth, Nachtschlichter Alessandro Finke, Ordnungsbürgermeisterin Eva Jähnigen und Revierleiter Jürgen Kunath (v.l.).
Sie wollen weiter zusammenarbeiten, um die Konflikte zwischen Partygängern und Anwohnern zu deeskalieren: Stadtbezirksamtsleiter André Barth, Nachtschlichter Alessandro Finke, Ordnungsbürgermeisterin Eva Jähnigen und Revierleiter Jürgen Kunath (v.l.). © Marion Doering

Kunath betont aber auch, dass es zuletzt einen Rückgang von Straftaten im Viertel gab. Ähnlich beschreibt es Christian Schmidt, Sprecher der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB). In den vergangenen Jahren mussten aufgrund der vielen Menschen, die sich am "Assi-Eck" aufhielten und die Bahnen "streichelten" in manchen Nächten die Straßenbahn umgeleitet werden und konnten nicht durch das Viertel fahren. "2024 gab es überhaupt noch kein Vorkommnis. 2023 musste die Linie 13 insgesamt zweimal umgeleitet werden, am 7. Juli und am 3. September", so Schmidt. Störende Scherben oder Müll auf den Schienen seien kein Thema mehr. "Da setzen uns falsch parkende Autos in zweiter Reihe oder zumindest im Lichtraumprofil der Gleislage Rothenburger Straße deutlich öfter zu", sagt er.

Kommunikationsteam startet wieder seine Runden

Wesentlich zur Entspannung im Konflikten zwischen Nachtleben und Schlafbedürfnis beigetragen hat das Kommunikationsteam der Nachtschlichter. So sieht es auch der Neustädter Stadtbezirksamtsleiter Andre Barth, der das Team mit aufgebaut hat. "Die Kriminalitätsstatistik zeigt einen Rückgang an Delikten im Viertel und das Konfliktteam der Nachtschlichter konnte sich gut etablieren."

Mit 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geht das Projekt in die vierte Saison. Mit dabei sind erfahrene sowie neue Kollegen. Sie sprechen Deutsch, Spanisch, Englisch, Russisch und Arabisch. Ab dem 1. April sind sie donnerstags und sonntags von 20 bis 1 Uhr mit einem Team sowie freitags und samstags von 20 bis 3 Uhr mit drei Teams unterwegs. Jedes ist ausgestattet mit Erste-Hilfe-Material, Rettungsdecken, Taschenaschenbechern und Taschenlampen. Die Finanzierung des Projektes ist zunächst für dieses Jahr gesichert. Danach muss es im besten Fall im Stadthaushalt verankert werden.

Am 3. April beginnt im Blechschloss auf dem Scheunevorplatz an der Alaunstraße wieder die Kiezsprechstunde des Stadtbezirksamtes Neustadt. Jeden Mittwoch von 16 Uhr bis 18 Uhr können Bürgerinnen und Bürger, Gäste, Vereine, Initiativen und Gewerbetreibende mit Fragen, Anregungen und Kritik zu Neustadtkümmerer Peter Thormeyer und dem Koordinator Konfliktmanagement Alessandro Finke kommen.

Die beiden sind seit November 2023 im Dienst der Stadtverwaltung. Alessandro Finke ist vor allem für die Organisation der Nacht(sch)lichter zuständig. Peter Thormeyer ist Ansprechpartner für Anwohner, Gewerbetreibende, Vereine, Initiativen und alle sonstigen Akteure und Akteurinnen der Neustadt. Aus einer Bürgerinitiative heraus entstand 2017 die Stelle des Neustadtkümmerers – ein Netzwerker für alle Bewohner, Gewerbetreibenden, Initiativen, Vereine und Akteure des bunten Ausgehviertels. Im November 2023 hat nun Peter Thormeyer den Posten im Stadtbezirksamt Neustadt angetreten.

Der 33-Jährige kam 2011 nach Dresden und landete in einem Studentenwohnheim nahe des Campus. Kaum ein Jahr später zog er in eine WG auf der Rothenburger Straße und ist dem Viertel seitdem treu geblieben. Zuerst studierte er Politikwissenschaft, danach Soziologie und im Anschluss folgte eine Ausbildung im Konfliktmanagement zum Mediator. Währenddessen arbeitete der gebürtige Zwickauer jahrelang als freier Journalist, später als selbstständiger Handwerker. Thormeyer: „Ich war die letzten Jahre viel auf Montage, teilweise monatelang in Frankreich oder Holland unterwegs. Dabei wuchs der Wunsch, nicht nur mehr zu Hause, also in der Neustadt, zu sein, sondern auch genau dort zu wirken und etwas zu bewegen.“ Passend dazu entdeckte er im Sommer 2023 die Stellenausschreibung zum Neustadtkümmerer und setzte sich im Auswahlverfahren durch.