Dresden
Merken

"Wir räumen hier den Müll der anderen weg"

Mehr als 2.000 Dresdner haben am Samstag die Elbwiesen von Flaschen, Kronkorken und sogar alten Schuhen befreit. Was die Helfer von Picknickern halten, die ihren Müll liegenlassen.

Von Sandro Pohl-Rahrisch
 4 Min.
Teilen
Folgen
Julian Pratsch (l.) und Roman Sorge sammeln Müll auf den Dresden Elbwiesen ein.
Julian Pratsch (l.) und Roman Sorge sammeln Müll auf den Dresden Elbwiesen ein. © Sven Ellger

Dresden. Der bislang unterkühlte Frühling hat es gut mit den Dresdner Elbwiesen gemeint. Kaum Pizzakartons, nur wenige Einweggrills und so gut wie keine mit Marinade verschmierten Steakverpackungen landen an diesem Samstagmorgen in den roten Mülltüten der Elbwiesenreiniger. Allzu viele Menschen werden bei diesen Temperaturen wohl noch nicht am Königsufer gepicknickt haben, schätzt Roman Sorge. Der Dresdner ist früh aufgestanden, um Unrat zu sammeln – freiwillig.

Der Abschnitt zwischen Carola- und Augustusbrücke gehört an diesem Morgen ihm und seinem Team von den Dresdner Filmnächten. Wie Kriminalisten, die mit starrem Blick zum Boden auf Spurensuche sind, streifen die freiwilligen Helfer durch das noch niedrige Gras zwischen Elbe und Radweg. Die robusten Handschuhe schützen nicht nur gegen den kalten Wind, der heute durchs Elbtal pfeift. Glasscherben und abgebrochene Flaschen gehören mal wieder zu den häufigsten Fundstücken.

Mehr als 2.000 Dresdner haben sich zur Elbwiesenreinigung angemeldet

"Mich regt es tierisch auf, wenn Menschen Müll liegen lassen", sagt Roman Sorge. Es sei traurig, dass es diesen Tag der Elbwiesenreinigung überhaupt geben muss. "Wir räumen hier den Müll anderer Menschen weg."

Obwohl das Wetter die neue Picknick-Saison bisher ausgebremst hat, füllen sich die Müllsäcke recht schnell. Schon nach einer Viertelstunde müssen Roman Sorge und Julian Pratsch zur nächsten greifen. Die Fetzen explodierter Silvester-Knaller, jede Menge Plastikmüll und eben Glas landeten in der ersten. Als wahre Müllkippen stellen sich die Büsche am Ufer heraus. Sorges Kollegen haben dort sogar Schuhe, Socken und einen Wischwasser-Eimer herausgeholt. Und um die 20 Flaschen.

Nein, nicht nur das Elbufer vor der berühmten historischen Altstadt-Kulisse wird an diesem Vormittag wieder vorzeigbar gemacht. Auf der 30 Kilometer langen Sammelstrecke zwischen Zschieren und Niederwartha sind Tausende unterwegs. Genau 2.152 freiwillige Stadtreiniger haben sich für die Putzaktion angemeldet, sagt Thomas Kügler, Abteilungsleiter im zuständigen Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft. "Ich bin sehr froh, dass es so viele Menschen gibt, die sich dafür engagieren", sagt er. Kügler steht an diesem Vormittag am Loschwitzer Elbufer unterhalb des Körnerplatzes. Ganze Familien sammeln dort, die Kinder in Gummistiefel und Regenjacke gepackt.

Überall am Dresdner Elbufer waren am Samstagvormittag Menschen unterwegs, um illegal weggeworfenen Müll aufzusammeln.
Überall am Dresdner Elbufer waren am Samstagvormittag Menschen unterwegs, um illegal weggeworfenen Müll aufzusammeln. © Landeshauptstadt Dresden

Besonders beliebt waren auch die Bezirke Pieschen/Mickten, Friedrich-/Seevorstadt sowie Innere Neustadt/Leipziger Vorstadt. Dort landeten mehr Grill- und Partyreste in den Säcken, teilt die Stadt mit ‒ leere Flaschen, Einwegbecher und Chipstüten, aber auch Taschentücher und Kippen.

Kosten für Müllentsorgung tragen alle Dresdner

Die Stadtreinigung, die sonst den Müll anderer wegräumt, ist ebenfalls im Einsatz. Mit sechs Fahrzeugen werden die vollen Müllsäcke eingesammelt. Eventuell übersehene rote Säcke können ab Dienstag per E-Mail an [email protected] gemeldet werden. Zur letzten Elbwiesenreinigung im Mai 2022 waren sechs Tonnen Abfall an einem einzigen Vormittag zusammengekommen. Im Jahr davor waren es rund zehn Tonnen. Wie viele es diesmal werden, will die Stadt am Montag auswerten.

Die Elbwiesenreinigung ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das zeigt ein Blick in die Abfallbilanz. So musste 2021 insgesamt 446 Tonnen Restabfall, Sperrmüll und Grünabfall von öffentlichen Flächen in Dresden entfernt werden. Dazu kamen 260 Kühlschränke, 332 Fernseher und Monitore, 1.623 Fahrzeugreifen und 2.799 Elektro-Kleingeräte. Im Auftrag der Stadt wird dieser illegal entsorgte Müll immer dann entfernt, wenn der Verursacher nicht ermittelt werden konnte. 2021 sind der Stadt dadurch Kosten in Höhe von 353.000 Euro entstanden. Dieses Geld zahlt nicht irgendwer, sondern jeder einzelne Dresdner, betont Kügler. Denn die Kosten fließen in die Kalkulation der Abfallgebühren ein.

Kügler zeigt sich dennoch zufrieden, denn die Elbwiesenreinigung ist nicht die einzige Putzaktion, bei der sich die Dresdner engagieren. Über das Jahr verteilt beteiligen sich unter anderem Kita-Kinder und Schüler an der Reinigung öffentlicher Grünflächen. "Wir sind froh, dass die Zahl der jungen Teilnehmer, die sich um die Umwelt kümmern, steigt", sagt Thomas Kügler. In diesem Jahr habe es bislang schon 650 Aktionen gegeben. Wer ebenfalls Interesse hat, kann sich jederzeit bei der Stadt melden.