Dresden
Merken

Menschen gedenken der Opfer des Attentats am Dresdner Kulturpalast

Vor drei Jahren attackierte ein islamistischer Attentäter in Dresden ein homosexuelles Paar mit einem Messer, ein Mann starb. Etwa 40 Menschen kamen am Mittwoch zum Gedenken - ein Gedenkort fehlt weiter.

Von Karin Schlottmann & Connor Endt
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
In Dresden haben am Mittwochabend etwa 40 Menschen der beiden Opfer des islamistischen Attentats vor drei Jahren am Kulturpalast gedacht.
In Dresden haben am Mittwochabend etwa 40 Menschen der beiden Opfer des islamistischen Attentats vor drei Jahren am Kulturpalast gedacht. © René Meinig

Dresden. Als die beiden Violinistinnen anfangen zu spielen, ist Dresden für einen Moment ganz still. Etwa 40 Menschen sind am späten Mittwochnachmittag in die Altstadt gekommen, um der Opfer eines extremistischen Anschlags zu gedenken, der vor drei Jahren die Stadt erschütterte.

Am 4. Oktober 2020 stach ein islamistischer Angreifer an der Ecke Schloßstraße/Rosmaringasse mit einem Küchenmesser auf zwei homosexuelle Touristen aus Nordrhein-Westfalen ein. Der 55-jährige Thomas L. starb kurze Zeit später im Krankenhaus, sein Partner Oliver L. überlebte mit schweren Verletzungen. Für seinen Anschlag verurteilte das Oberlandesgericht Dresden den damals 21-jährigen Syrer zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Wenn diese verbüßt ist, wird der Täter unter Vorbehalt in der Sicherheitsverwahrung untergebracht.

Gedenkveranstaltung dauert eine halbe Stunde

"Solche Taten verbreiten Angst und Schrecken, weil sie jeden treffen könnten", sagte Pascal Kober, Beauftragter der Bundesregierung für die Anliegen von Betroffenen von terroristischen und extremistischen Anschlägen im Inland, am Mittwoch. Man müsse die Betroffenen in den Mittelpunkt rücken und an die Taten erinnern. Intoleranz und Hass hätten keinen Platz in Deutschland.

Auch Dresdens Bildungsbürgermeister Jan Donhauser (CDU) verurteilte die Tat. "Heute Abend sind wir bei den Angehörigen des Opfers. Die Tat ist nicht rückgängig zu machen." Jetzt müsse man besprechen, wie man an den Anschlag erinnern könne.

Im Anschluss an die Reden wurden mehrere Kränze niedergelegt. Nach einer halben Stunde war die Gedenkveranstaltung beendet.

Suche nach würdigem Gedenkort auf 2024 verschoben

Bereits wenige Wochen nach dem Anschlag war klar: Dresden will mit einem Gedenkort an die Tat erinnern. Doch auch drei Jahre später gibt es keine Bewegung in dem Vorhaben.

Drei Künstler wurden damals beauftragt, Vorschläge für einen Gedenkort einzureichen. Alle Entwürfe wurden als ungeeignet zurückgewiesen. Auch die Eigentümer der Immobilie Schlosseck, das Amt für Stadtplanung und das Amt für Denkmalschutz reagierten sensibel: Gedenktafeln am Baywobau-Gebäude oder am Kulturpalast, im Amtsdeutsch "Eingriffe in die Fassaden", wurden nicht genehmigt.

"Angesichts der stark konträren Standpunkte verschiedener Gruppen wurde das Verfahren zur Realisierung des Gedenkortes am 29. November 2022 vorübergehend ausgesetzt", heißt es vonseiten der Stadt. Stattdessen solle ein Beirat für Erinnerungskulturen geschaffen werden. Bis der anfängt zu arbeiten werden allerdings noch mehrere Monate vergehen. "Der Beirat wird sich im Januar 2024 konstituieren", so die Stadt.

Oliver L., der die Messerattacke schwer verletzt überlebt hatte, sprach sich für ein Mahnmal gegen Terror und radikalen Islamismus aus.

"Ganz entschieden zur Wehr setze ich mich – ebenfalls im Sinne von Thomas – gegen ein Mahnmal, was einen homophoben Zusammenhang herstellen will", schrieb er vor einem Jahr in einer Stellungnahme. Sein Freund und er hätten ihr "Schwulsein" nie als Makel erlebt und auch nicht als Kennzeichen gesehen. "Auch haben wir nicht das Gefühl gehabt, einer Randgruppe zuzugehören."