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"Wir wollen einsame Senioren aus ihren Häusern locken"

Die Dresdnerin Karina Klinner will mit ihrem Verein Winwin Generationen verbinden. Noch ist viel Hilfe nötig, aber die Idee ist jetzt schon ein Siegel wert.

Von Henry Berndt
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Sandkasten und Hochbeete ja, Fernseher und Handy nein: Karina Klinner mit ihrer dreijährigen Tochter Sophia.
Sandkasten und Hochbeete ja, Fernseher und Handy nein: Karina Klinner mit ihrer dreijährigen Tochter Sophia. © René Meinig

Dresden. Man kann es sich schon gut vorstellen, wie die Kinder durch den Garten toben, gemeinsam mit den Senioren im Sandkasten nach Schätzen suchen und ihnen durch die letzten verbliebenen Haare strubbeln. Noch ist der Garten an der Augsburger Straße 31 in Blasewitz eine Baustelle, doch bald soll hier jede Menge Leben einziehen.

Vor fast genau einem Jahr gründete Karina Klinner den Verein Winwin, dessen Name schon darauf hindeutet, dass hier Menschen zueinanderfinden sollen, die sich gegenseitig viel geben können. Ältere sollen hier ihrer Einsamkeit entfliehen können und auf Kinder treffen, die dadurch auf eine ganz neue Art lernen, die Welt zu entdecken.

"Wir wollen die alleinstehenden Senioren aus ihren Häusern locken", sagt Karina Klinner, die als Teenager aus Polen nach Deutschland kam. Die vergangenen fünf Jahre arbeitete die 38-Jährige als Immobilienmaklerin. "In diesem Haifischbecken hat mir auf Dauer aber das Herz gefehlt", sagt sie. Daher habe sie sich auf die Suche nach einer neuen Aufgabe gemacht.

Noch ist der Garten an der Augsburger Straße eine Baustelle. Doch bald soll hier Leben einziehen.
Noch ist der Garten an der Augsburger Straße eine Baustelle. Doch bald soll hier Leben einziehen. © René Meinig

In Polen sei sie ganz selbstverständlich mit Omas und Omas aufgewachsen. "In Deutschland habe ich dann mit der Zeit mitbekommen, wie einsam viele ältere Leute hier sind." Sie würden ins Altersheim gesteckt und einmal in der Woche besucht. Mit ihrem Verein möchte sie dieser gesellschaftlichen Entwicklung etwas entgegensetzen.

Mit derzeit 38 freiwilligen Helfern wurde in den vergangenen Monaten bereits das Grundstück auf Vordermann gebracht. In den Bungalows sollen unter anderem ein Yoga-Übungsraum und eine Bibliothek entstehen. "Die Senioren und Kinder können dann sich gegenseitig vorlesen", sagt Karina Klinner, die selbst drei Töchter im Alter von 18, 15 und 3 Jahren hat. "Das ist ganz wichtig. Hier geht es nicht einfach um Kinderbetreuung, sondern um ein Miteinander. Wir wollen die Generationen wieder miteinander verbinden."

Draußen im Garten wartet neben Hochbeeten auch eine hölzerne Terrasse auf die Fertigstellung, die gleichzeitig als Bühne für Theater- und Tanzvorstellungen genutzt werden kann. Sogar einen hohen Sandkasten gibt es, damit auch die Senioren mal wieder das Gefühl genießen können, mit Eimer und Schaufel zu spielen. Beim Sandburgenbau können sie sicher so manchem Kind noch etwas beibringen. Explizit keinen Platz haben hier dagegen Fernseher, Spielekonsolen und Handys.

Jede helfende Hand wird gebraucht

Ihre gesamten Ersparnisse seien bereits in das Projekt geflossen, sagt Karina Klinner. Die Initiatorin hofft, sich mithilfe von Spenden und der Unterstützung der Stadt bald hauptamtlich um das Projekt kümmern zu können.

"Wir haben schon viele Anfragen", sagt sie. Ganze Gruppen aus Seniorenheimen könnten kommen, Kindergärten und Tagesmütter mit ihren Schützlingen. "Noch haben wir aber nicht geöffnet. Es gibt noch viel zu tun und wir können jede helfende Hand gebrauchen." Nach dem ursprünglichen Zeitplan wollte sie schon weiter sein, aber die Corona-Krise und chronisch überlastete Baufirmen haben das Projekt ein wenig ausgebremst. Nicht aber den Enthusiasmus.

Die meisten der bisherigen Helfer hätten durch die Freiwilligenagentur Ehrensache Jetzt der Bürgerstiftung Dresden gewonnen werden können, betont die Vereinsgründerin. "Da haben wir der Bürgerstiftung viel zu verdanken."

Auf einem Schild am Bauzaun ist zu lesen: "Wir suchen helfende Hände."
Auf einem Schild am Bauzaun ist zu lesen: "Wir suchen helfende Hände." © René Meinig

Umgekehrt ist ihre Idee auch bei der Bürgerstiftung bereits auf viel Aufmerksamkeit gestoßen. Anfang Dezember erhielt der Winwin e.V. eines der erstmals vergebenen Dresdner Ehrenamtssiegel, mit der die Bedeutung von gemeinnützigen Organisationen, Vereinen und Initiativen in der Landeshauptstadt unterstrichen werden soll. Die einfache und klare Botschaft des Siegels: "Hier steckt Ehrenamt drin."

"Das Siegel soll die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren und die Wahrnehmung des ehrenamtlichen Engagements stärken", sagt Ute Meckbach von der Bürgerstiftung. "Gleichzeitig ist es ein Zeichen der Wertschätzung für die vielen ehrenamtlich Aktiven." In der ersten Runde hätten zunächst 100 gemeinnützige Initiativen aus allen Themenbereichen das Siegel erhalten. Fortsetzung folgt.