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Dresdens größtes Wasserwerk wird erneuert

Das Coschützer Wasserwerk in Dresden ist abgeschaltet worden. Bis Ende Januar werden sechs Millionen Euro in die Anlage investiert. Woher die Dresdner ihr Wasser in der Zwischenzeit bekommen.

Von Peter Hilbert
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Aline Dietze zeigt eine der neuen Düsen, die am Ablauf des Sandfilters im Wasserwerk Dresden-Coschütz eingebaut werden.
Aline Dietze zeigt eine der neuen Düsen, die am Ablauf des Sandfilters im Wasserwerk Dresden-Coschütz eingebaut werden. © René Meinig

Dresden. Aline Dietze kniet in einer Kammer, die sonst mit einer 1,80 Meter hohen Sandschicht gefüllt ist. Dabei handelt es sich um einen der insgesamt 20 Filter im Wasserwerk Dresden-Coschütz. In der Hand hält sie eine neue Filterdüse, die hier eingebaut wird. "Allein in diesem Filter sind es 6.200", erklärt die Fachfrau. Die Sanierung dieses Wasserfilters gehört zu den Maßnahmen, die der Versorger Sachsen-Energie bis 2024 in Sachsens größtem Wasserwerk umsetzen will.

"Nur so können wir die Wasserversorgung auch langfristig sichern", erklärt Robert Haas, der verantwortlich für den Betrieb der Dresdner Wasserwerke ist. Deshalb ist Coschütz seit dem 13. September außer Betrieb und liefert kein Wasser mehr ins Netz. Woher bekommen die Dresdner stattdessen ihr Trinkwasser?

Die Versorgung: Knapp vier Monate kein Talsperrenwasser

Wasser wird in Dresden immer gefragter. Deshalb werden die Anlagen schrittweise saniert. Lag der durchschnittliche Tagesverbrauch 2011 bei rund 102.000 Kubikmetern, so ist er bis zum vergangenen Jahr auf etwa 124.00 Kubikmeter gestiegen. Der Trend liegt hauptsächlich an der Mikrochipindustrie im Dresdner Norden.

Bis Ende Januar werden die Dresdner nur aus den Wasserwerken Tolkewitz und Hosterwitz versorgt. Dort wird Uferfiltrat der Elbe und Grundwasser aufbereitet. Hier sind die Pumpen im Tolkewitzer Werk zu sehen, das aufbereitetes Trinkwasser aus dem Reinwasser
Bis Ende Januar werden die Dresdner nur aus den Wasserwerken Tolkewitz und Hosterwitz versorgt. Dort wird Uferfiltrat der Elbe und Grundwasser aufbereitet. Hier sind die Pumpen im Tolkewitzer Werk zu sehen, das aufbereitetes Trinkwasser aus dem Reinwasser © Sachsen-Energie/Oliver Killig

Für die drei Werke ist es kein Problem, genügend Trinkwasser aufzubereiten. Immerhin liegt ihre Kapazität bei knapp 240.000 Kubikmetern täglich. Rund 60 Prozent davon kommen aus Coschütz, ein Viertel aus Hosterwitz und 15 Prozent aus Tolkewitz. "Jetzt übernehmen die Wasserwerke Hosterwitz und Tolkewitz knapp vier Monate lang die Versorgung", sagt Haas. In denen wird Grundwasser und Uferfiltrat der Elbe aufbereitet. Das 1946 übergebene Coschützer Werk erhält sein Wasser hingegen über eine rund 20 Kilometer lange Trasse von Stollen und Leitungen aus der Talsperre Klingenberg.

Das Coschützer Wasser ist mit einem Härtegrad von 5,8 weich, das Hosterwitzer (8,9) etwas härter und das Tolkewitzer mit 13,3 mittelhart. Trotz der Abschaltung in Coschütz gibt es an der Qualität keinerlei Abstriche, versichert Haas. Schließlich wird das Lebensmittel in sämtlichen Stufen der Aufbereitung kontrolliert. So werden täglich Proben an den Abläufen der Filter und des Abflusses ins rund 2.460 Kilometer lange Stadtnetz genommen.

Die Arbeiten: sechs Millionen Euro für 54 Projekte

Bei den umfassenden Wartungs-, Instandhaltungs- und Bauarbeiten werden 54 Projekte umgesetzt, davon elf größere. Gearbeitet wird bis 31. Januar kommenden Jahres sowohl im Wasserwerk als auch an der sogenannte Rohwasserzuführung von der Talsperre Klingenberg, erklärt Projektleiterin Dietze. Dann kann das Coschützer Werk wieder in Betrieb gehen.

Die Anlagen im Wasserwerk Coschütz stehen derzeit still, da umfangreiche Sanierungsarbeiten ausgeführt werden.
Die Anlagen im Wasserwerk Coschütz stehen derzeit still, da umfangreiche Sanierungsarbeiten ausgeführt werden. © René Meinig

Dafür investiert Sachsen-Energie rund sechs Millionen Euro. "Das ist die größte Investition fürs Wasserwerk Coschütz in den vergangenen fünf Jahren", sagt Gruppenleiter Haas.

Die Filtersanierung: Sand aus Becken abgesaugt

2017 hatte die Sanierung des ersten Sandfilters in der Coschützer Filterhalle begonnen. Jetzt kommt der dritte von ihnen an die Reihe. Er ist bereits von großen Bauplanen überdeckt. Der Filtersand, dessen Körner einen bis 1,6 Millimeter stark sind, ist abgesaugt, verweist die Projektleiterin auf den ersten Schritt. Die beiden Kammern werden gereinigt und instandgesetzt.

Ein Blick in die Coschützer Filterhalle, in der jetzt einer der 20 großen Sandfilter saniert wird.
Ein Blick in die Coschützer Filterhalle, in der jetzt einer der 20 großen Sandfilter saniert wird. © René Meinig

Außerdem werden die insgesamt 6.200 Filterdüsen durch neue ersetzt. Durch sie fließt das gefilterte Wasser durch Leitungen in den Reinwasser-Sammelkanal, der tief unter der Filterhalle liegt. "In den kommenden Jahren werden wir schrittweise weitere Filter sanieren", erklärt Projektleiterin Dietze.

Der Sammelkanal: frischer Spezialmörtel für alte Wände

Eine Etage tiefer ist der Reinwasser-Sammelkanal abgelassen, der eine Million Liter Wasser fasst. Jetzt liegt der knapp sechs Meter hohe und rund 100 Meter lange hallenartige Bau komplett frei, sodass die Bauleute loslegen können. "Einen ersten, 30 Meter langen Abschnitt haben wir bereits 2020 saniert", erläutert Haas.

Robert Haas inspiziert die Wände im Reinwasser-Sammelkanal tief unter der Filterhalle. Das Wasser ist abgelassen. Jetzt kann ein weiterer Abschnitt saniert werden.
Robert Haas inspiziert die Wände im Reinwasser-Sammelkanal tief unter der Filterhalle. Das Wasser ist abgelassen. Jetzt kann ein weiterer Abschnitt saniert werden. © René Meinig

Jetzt kommt das nächste, knapp 40 Meter lange Stück an die Reihe. Dabei werden die Bauleute die fast 80 Jahre alten Betonschichten der Wände mit dem Presslufthammer abpickern. Die Betonsanierer werden dann eine 2,5 Zentimeter starke Schicht Spezialmörtel aufspritzen. Verwendet wird dabei ein Mineralgemisch, in das keine Mikroorganismen eindringen können, die letztlich im Trinkwasser landen würden.

Das Leitungssystem: viel Arbeit für Bergleute in Stollen

Gebaut wird jedoch auch an der Zuführung von der Klingenberg-Talsperre. Von dort fließt das Rohwasser durch ein rund 20 Kilometer langes Leitungssystem zum 150 Meter tiefer liegenden Coschützer Werk.

Im Stollen 3 unterhalb von Dorfhain wurden schon mehrere Abschnitte saniert. Hier montiert Eisenflechter André Lisson 2018 tief unterm Tharandter Wald die Stahlbewehrung für die neue Stahlbetonschale.
Im Stollen 3 unterhalb von Dorfhain wurden schon mehrere Abschnitte saniert. Hier montiert Eisenflechter André Lisson 2018 tief unterm Tharandter Wald die Stahlbewehrung für die neue Stahlbetonschale. © Sven Ellger

Auf etwa der Hälfte dieser Strecke fließt das Talsperrenwasser durch vier bergmännisch gebaute Stollen, von denen seit 2012 mehrere Abschnitte im Tharandter Wald saniert wurden. Der erste Stollen beginnt hinter der Talsperre Klingenberg, der letzte führt vom Wasserkraftwerk Tharandt bis zum Wasserschloss Coßmannsdorf oberhalb des Hanges zum Weißeritztal.

Jetzt werden die Arbeiten am Stollen 3 im Seerental unweit von Dorfhain fortgesetzt, erklärt Projektleiterin Dietze. Dort erneuern Bergleute der Bergsicherung Schneeberg und Freital ein großes, sechs Meter tiefes Einstiegsbauwerk und knapp 30 Meter des anschließenden Wasserstollens.

Ein Stück weiter in Richtung Tharandt wird ein weiteres Großprojekt im Tiefen Grund umgesetzt. Dort wird ein über 100 Jahre alter Stollen auf einer Länge von 50 Metern komplett erneuert, der direkt unter der Oberfläche liegt, so die Projektleiterin. Geplant ist zudem, den alten Einstiegsschacht abzureißen und einen neuen auf der anderen Bachseite direkt am Weg zu errichten.

Sachsen-Energie-Gruppenleiter Robert Haas im Wasserschloss in Freital-Coßmannsdorf, wo Druckschwankungen ausgeglichen werden können. Das Bauwerk ist oberhalb des Hangs zum Weißeritztal tief in den Untergrund gebaut. Jetzt wird das Wasserschloss inspiziert
Sachsen-Energie-Gruppenleiter Robert Haas im Wasserschloss in Freital-Coßmannsdorf, wo Druckschwankungen ausgeglichen werden können. Das Bauwerk ist oberhalb des Hangs zum Weißeritztal tief in den Untergrund gebaut. Jetzt wird das Wasserschloss inspiziert © René Meinig

Inspiziert werden soll in dem Zuge auch das Wasserschloss Coßmannsdorf. Es ist wie ein 18 Meter hoher Turm, der im Untergrund versenkt ist. Dort können Druckschwankungen ausgeglichen werden. Am Wasserschloss beginnt eine 70 Meter lange Hangleitung ins Weißeritztal, die 2020 erneuert wurde. Geplant ist, das Bauwerk ab 2025 zu sanieren.