Dresden. "Manche nennen das hier den Mercedes unter den Spielplätzen", sagt Sabine Fichte, Sachbearbeiterin im Amt für Stadterneuerung. Sie steht im Neustädter Hechtviertel vor einem sehr großen Spielplatz mit Grünflächen, Klettergerüsten und einer Rutsche für Kinder. Seit das Hechtviertel 1993 zum Sanierungsfall ausgerufen wurde, hat sich hier viel getan. Etwa 23 Millionen Euro flossen in die Sanierung des ehemaligen Arbeiterviertels.
"Seit Beginn der Sanierungsarbeiten hat sich die Einwohnerzahl fast verdoppelt. Heute ist das Hechtviertel beliebter, als es je war", so sieht es der Leiter des Amtes für Stadtplanung, Stefan Szuggat. Knapp 5.000 Menschen leben nun in dem etwa 27 Hektar großen Gebiet. 60 Prozent der Einwohner seien unter 45, besonders bei jungen Familien sei die Gegend beliebt.
Stadterneuerung als Motor für die Dresdner Wirtschaft
Dabei war die Ausgangslage desaströs. "Wenn ich meinen Kollegen erzählt habe, dass ich für die Erneuerung des Hechtviertels zuständig bin, bekam ich viel Beileid", erzählt Sabine Fichte mit einem Lachen. Eine Bestandsaufnahme 1990 zeichnete folgendes Bild: 34 Prozent der Wohngebäude waren schwer beschädigt. Die Grünflächen waren in einem schlechten Zustand, Freizeitflächen fehlten. Rund 20 Prozent aller Wohnungen standen leer.
Heute gebe es fast keinen Leerstand mehr, berichten die Stadtplaner. Außerdem hebt Szuggat hervor: "Die Gesamtkosten aller geförderten, städtisch und privat finanzierten Maßnahmen schätzen wir auf mindestens das Fünffache des Fördervolumens für das Gebiet, also auf rund 116 Millionen Euro. Stadterneuerung ist also auch wirtschaftlich ein Motor."
Eine besondere Erfolgsgeschichte im Rahmen der Maßnahmen ist die Sanierung der St.-Pauli-Kirche. Im Jahr 1993 war die Kirche nur noch eine Ruine, zerstört wurde sie im Zweiten Weltkrieg. Heute bildet sie den Mittelpunkt des kulturellen Lebens im Hechtviertel.
Insgesamt flossen 2,6 Millionen Euro Fördergeld in die Instandsetzung. Unter anderem wurde die Ruine mit Glas überdacht. Regelmäßig werden von Laien mit viel Leidenschaft Theatervorstellungen dargeboten. Da es aber immer noch keine Heizung gibt, handelt es sich nur um eine Sommerspielstätte.
Auf den Spuren von Erich Kästner
Um möglichst viele Freiräume für die Einwohner zu schaffen, wurden fast alle Innenhöfe zu autofreien Zonen erklärt. Blumenkästen an Kreuzungen sorgen dafür, dass diese nicht zugeparkt werden können. Viel Geld floss auch in die Spielplätze und Grünanlagen im Viertel. Doch auch das Straßennetz wurde mit etwa sechs Millionen Euro gefördert.
Dass das Hechtviertel mit seinen vielen Gebäuden, die noch aus der Gründerzeit stammen, einige spannende Geschichten zu erzählen hat, weiß besonders Katrin Weigang. Die Eigentümerin, die das grüne Gebäude in der Hechtstraße 30 vermietet, verbindet viele Erinnerungen mit dem Viertel. Ihr Großvater kaufte das Gebäude 1937 von der Witwe Augustins, einem Onkel von Erich Kästner. In seinem Buch "Als ich ein kleiner Junge war" beschrieb der Schriftsteller den Hof seines Onkels, der jetzt Katrin Weigang gehört. Das Haus wurde im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen auf Vordermann gebracht, immerhin hatten die Wohnungen in der Mitte der 1990er-Jahre noch Außentoiletten. Etwas mehr als 700.000 Euro Fördermittel erhielt sie dafür.
Neben Löbtau, Pieschen, der Friedrichstadt und der Äußeren Neustadt ist das Hechtviertel eines der letzten abgeschlossenen Sanierungsgebiete Dresdens.
Eine neue Broschüre dokumentiert die Stadterneuerung des Hechtviertels. Sie ist kostenfrei erhältlich im World Trade Center, Freiberger Straße 39, 3. Etage, Zimmer 3342, sowie im Bürgerbüro Neustadt, Hoyerswerdaer Straße 3, und online unter www.dresden.de/stadtplanung-publikationen.