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Neuer Film in Dresden: Wer ist Onkel Lubo?

Ray van Zeschau hat seinem Onkel, dem bulgarischen Künstler Ljuben Stoev, ein filmisches Denkmal gesetzt. Warum die Dreharbeiten in Bulgarien abenteuerlich waren und wie der Nachlass nach Dresden kam.

Von Nora Domschke
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Ray van Zeschau ist Protagonist in einem Film über seinen Onkel Lubo, der in Dresden Malerei und Grafik studiert hat, nach Bulgarien zurückkehrte und seine Kunst immer in Dresden ausstellen wollte.
Ray van Zeschau ist Protagonist in einem Film über seinen Onkel Lubo, der in Dresden Malerei und Grafik studiert hat, nach Bulgarien zurückkehrte und seine Kunst immer in Dresden ausstellen wollte. © Marion Doering

Dresden. Ray van Zeschau wollte seinem Onkel Ljuben Stoev den letzten großen Wunsch erfüllen. Zu dessen Lebzeiten war ihm das nicht gelungen - 2016 starb sein Onkel, den er liebevoll Lubo nannte, in seiner Heimatstadt Sofia in Bulgarien. Er hinterließ ein umfangreiches Werk an Malerei- und Grafikkunst, das sein Neffe, der Dresdner Musiker und Fotograf Ray van Zeschau, vor dem Vergessen bewahren wollte.

Schnell war der Plan geboren, die Kunstwerke nach Dresden zu holen. "Ich war selbst völlig überrascht, als die Städtische Galerie Dresden Interesse an einer Ausstellung zeigte", erinnert sich van Zeschau. Kunsthändler, denen er den Nachlass anbot, hatte er nicht überzeugen können. Umso größer die Freude, dass Lubo - wenn auch nur posthum - in seiner künstlerischen Heimat mit einer Ausstellung im Stadtmuseum geehrt werden sollte.

Lubos großer Traum: Seine Bilder in Dresden zeigen

Es sei immer Lubos großer Traum gewesen, seine Bilder in Dresden zu zeigen. In den 1960er-Jahren hatte Ljuben Stoev an der Hochschule für Bildende Künste Malerei und Grafik studiert und war seitdem eng mit der Stadt verbunden, erzählt sein Neffe. Nach seinem Studium ging er zurück nach Sofia und kehrte nur für ein paar Besuche nach Dresden zurück.

Seine Kunstwerke wurden vor allem in Westdeutschland gezeigt. Nach der politischen Wende reiste Ray van Zeschau 2007 zum ersten Mal nach Sofia. Bis heute verbringt er regelmäßig Zeit in der Heimatstadt seines Vaters, seines Onkels - und seiner eigenen. 1964 kam er in der bulgarischen Hauptstadt zur Welt, "als Unfall", wie er es selbst nennt. Mit seiner Mutter kehrte er kurz nach seiner Geburt zurück nach Dresden. Die Verbindung nach Bulgarien riss aber nie komplett ab.

In Sofia traf Ray van Zeschau (l.) regelmäßig seinen Onkel Ljuben Stoev, den er Lubo nannte.
In Sofia traf Ray van Zeschau (l.) regelmäßig seinen Onkel Ljuben Stoev, den er Lubo nannte. © privat

"Mindestens einmal im Jahr besuchten wir Lubo", erinnert sich Ray van Zeschau. "Wir haben gequatscht, getrunken und Filme geschaut." Richtig kennengelernt habe er Lubo aber erst nach dessen Tod. Sein Onkel hatte ihm seine Atelierwohnung vererbt, Ray van Zeschau flog nach Bulgarien, um sie zu beräumen und zu verkaufen.

Zurück zu den eigenen Wurzeln

In der Auseinandersetzung mit seiner Kunst und dem Leben in Sofia habe er einen neuen, tieferen Zugang zu ihm gefunden. "Ich wusste gar nicht, wie wichtig ihm soziale Themen waren." So hatte Lubo offenbar regelmäßig in einer Armenküche ausgeholfen.

In gewisser Weise reiste Ray van Zeschau auch zurück zu seinen eigenen familiären Wurzeln. Die Zeit in Sofia habe ihm die Augen geöffnet über eines der ärmsten Länder in der EU, das "feststeckt im Postsozialismus und in dem die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft."

Bevor er die Wohnung verkauft, feiert er dort zum letzten Mal den Geburtstag seines Onkels mit dessen alten Freunden. Zu diesem Zeitpunkt - es war 2019 - befand sich bereits ein Filmteam an der Seite des Dresdners. Ein Dokumentarfilm sollte entstehen, der Einblicke in Lubos Leben gibt und Ray van Zeschau dabei begleitet, wie er dessen Kunst zurück an den Ort bringt, wo Lubos künstlerische Arbeit einst begonnen hatte.

"In Bulgarien einen Film zu drehen, war eine Erfahrung"

Der 58-Jährige muss lachen, wenn er heute an jene Tage im Oktober 2020 zurückdenkt. "Am 15. Oktober sollte die Ausstellung im Dresdner Stadtmuseum eröffnet werden." Die Bilder standen in der Atelierwohnung bereit, der Lkw war geordert, alles musste verladen werden.

"Plötzlich hatte niemand mehr Zeit und die Abreise verschob sich Tag um Tag." Schließlich gelang es doch, den vollgepackten Laster von Sofia in Richtung Dresden zu starten, doch eine Panne durchkreuzte den Zeitplan erneut. Letztlich schaffte es das Filmteam knapp, aber noch rechtzeitig zur Ausstellung, die noch pünktlich eröffnet werden konnte.

"Einen Film in Bulgarien zu drehen, war eine ganz spezielle Erfahrung für mich", sagt Ray van Zeschau. Alles sei sehr unstrukturiert gewesen, das Team habe keinen richtigen Plan gehabt, man geriet häufig aneinander. "Ich wurde mit dem Projekt ins kalte Wasser geschmissen."

Ursprünglich sollte er nur sich selbst spielen - am Ende sei er für die Texte, die Regie und für den Filmschnitt zuständig gewesen. Am kommenden Freitag feiert Ray van Zeschau mit seinem Dokumentarfilm Premiere in Dresden.

Deutschlandpremiere: "Mein Onkel Lubo" - ein Film über den Künstler Ljuben Stoev

6. Januar 2023, 20 Uhr, Schauburg Dresden, Königsbrücker Straße 55