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Schulleiterlegende und Ex-Kultusminister aus Dresden: Schüler und Freunde erinnern an Frank Haubitz

"Er ließ sich in kein Korsett zwängen": Im Gymnasium Dresden-Klotzsche gedenken Weggefährten, Schüler und Politiker des engagierten Schulleiters Frank Haubitz, der im Juli gestorben ist.

Von Kay Haufe
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Ein Teil des Schulchores trug zum emotionalen Gedenken an Frank Haubitz bei.
Ein Teil des Schulchores trug zum emotionalen Gedenken an Frank Haubitz bei. © René Meinig

Dresden. Er war beliebt bei seinen Schülern wie kaum ein anderer Dresdner Schulleiter. Geradezu legendär waren die kurzen Hosen, die Frank Haubitz an besonders heißen Tagen trug und die das Signal dafür waren, dass es hitzefrei geben würde.

Erinnerungen wie diese wurden am Dienstagnachmittag bei der Gedenkfeier für den früheren Schulleiter ausgetauscht. Haubitz war am 24. Juli dieses Jahres an den Folgen einer Krebserkrankung mit 65 Jahren gestorben. Das Gymnasium Klotzsche hatte zum Gedenken in die Aula der Schule eingeladen, und gekommen waren nicht nur Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU), sondern auch viele ehemalige Weggefährten und Schüler des charismatischen Lehrers.

"Hartnäckigkeit und Ungeduld beim Erreichen seiner Ziele"

Er habe Haubitz als junger Abgeordneter im sächsischen Landtag erlebt und war erstaunt, mit welchem Engagement der Schulleiter dort schon zu Beginn der 1990er-Jahre den Leistungsgedanken für die Gymnasien eingefordert habe, erinnerte sich Kultusminister Christian Piwarz (CDU) in seiner Rede bei der Gedenkfeier. Haubitz sei ein besonderer Lehrer und Schulleiter gewesen. "Er ließ sich nie in ein Korsett zwängen." Und hatte Ideen, "mit denen er manches Mal auch die Schulaufsicht überraschte." Schüler wie Lehrer seien Haubitz wichtig gewesen.

Seine Hartnäckigkeit und Ungeduld beim Erreichen seiner Ziele hätten im politischen Raum polarisiert, sagte Piwarz weiter und spielte damit indirekt darauf an, dass Haubitz 2017 für lediglich 52 Tage sächsischer Kultusminister war. Danach folgte Piwarz auf diesem Posten. "Die Gespräche mit Frank Haubitz haben mir sehr geholfen und auch dem Ministerpräsidenten Michael Kretschmer stand er zur Seite."

Schon der Vorschlag, die Schule nach Frank Haubitz zu benennen, sage viel über ihn aus.

Frank Haubitz war sein Vorgänger: Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) erinnerte an den Schulleiter, der ihm selbst auch im Amt geholfen habe.
Frank Haubitz war sein Vorgänger: Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) erinnerte an den Schulleiter, der ihm selbst auch im Amt geholfen habe. © René Meinig

"Verfechter entwaffnender Direktheit"

Haubitz sei ein Verfechter entwaffnender Direktheit gewesen, charakterisierte der Deutsch- und Geschichtslehrer Viktor Hoffmann seinen ehemaligen Schulleiter. "Er war ein Tongeber, der sich mit jedem Gegenüber auf eine Tonlage einschwingen konnte."

Viele der rund 150 Gäste kämpften mit den Tränen, als Hoffmann aus den zwei Kondolenzbüchern vorlas, in die sich Schüler, Lehrer, aber auch Klotzscher Anwohner und Gewerbetreibende eingetragen hatten. "Er hat uns gesagt, dass nicht nur die Leistung zählt, sondern auch der Wille und das Engagement, die dahinterstecken", hat eine Schülerin oder ein Schüler geschrieben. Seine Meinung, auch eine Drei ist eine gute Note, habe vielen sehr weitergeholfen.

Manche erinnerten sich an seine Vorliebe für Ritter Sport mit ganzen Haselnüssen sowie für Gummibärchen, andere aber auch daran, wie er im Unterricht darüber abstimmen ließ, welcher Schüler auf Toilette gehen durfte.

"Stark zu sein und doch Mensch zu sein, dafür habe Haubitz gestanden, schrieben Eltern und Weggefährten ins Kondolenzbuch und erinnerten sich, dass er die Schüler vom Schulbus abgeholt habe in der Zeit, als das Gymnasium Klotzsche nach Pieschen ausgelagert war. Die Pandemie und ihre Folgen für die Schüler hätten Frank Haubitz emotional sehr mitgenommen. Mit feuchten Augen und gebrochener Stimme habe er den Elternvertretern gegenübergesessen und gesagt, wie sehr ihm diese Situation für "seine Schüler" leid täte.

Mitgestalten hat er vom Elternrat eingefordert

Die Perspektive eines Elternsprechers brachte Michael Weiß ein, der von 2014 bis 2019 dieses Amt innehatte. "Ihr müsst mitgestalten, hat Frank von uns eingefordert. Ihr müsst Kontakte zur Landeshauptstadt aufnehmen, denn diese schwierigen Lernbedingungen sind nicht einfach hinzunehmen", erinnerte Weiß an die Zustände im Gymnasium mit Außenstellen bis 2022. "Damals hat das Improvisieren gezählt." Auch das habe Frank Haubitz gekonnt, aber nicht gewollt. Deshalb seien Schüler des Gymnasiums Klotzsche zu vielen Stadtratssitzungen gegangen und hätten Stadträte immer wieder aufgefordert, einen Neubau für die Schule zu fordern und die finanziellen Rahmenbedingungen dafür zu abzusichern. "Was gibt es Besseres gegen Politikverdrossenheit für die jungen Leute?"

Legendär seien die letzten Worte von Frank Haubitz für seine "Großen" auf jedem Abiball gewesen, immer anders, weil der Jahrgang anders war. "Aber immer aufbauend", so Weiß.

Mosaik von ihm aus 2.000 Klassenfotos

Über das wöchentliche Corona-Update von Frank Haubitz seinen Schülern und Eltern gegenüber hätten viele andere Schulen sie beneidet, sagte Maja, Schefzcyk, die aktuelle Elternsprecherin des Gymnasiums. Sie weiß noch genau, wie die Schulschließungen am Freitag, dem 13. März 2020 verkündet wurden und drei Stunden später alles organisatorisch Wichtige auf der Homepage der Schule zu finden war. "Wer sich mit Schule auskennt, weiß, dass Freitagnachmittag eigentlich nie jemand erreichbar ist."

Das neue Haus ohne Frank Haubitz zu beziehen, sei schwer gewesen. Aber er habe trotz seiner Krankheit vorbeigeschaut und ergreifende Worte an seinen letzten Abiturjahrgang gerichtet. Für seinen Abschied in den Ruhestand hatte die Schule ein Bild von ihm und für ihn vorbereitet - ein Mosaik aus rund 2.000 Klassenfotos, das Frank Haubitz bei der Grundsteinlegung für das neue Schulhaus zeigt und von der Foto AG gestaltet wurde. Es findet jetzt seinen Platz gegenüber der Aula. "Wir hätten es ihm gern selbst überreicht."

Die stellvertretende Schulleiterin Nadine Hofmann und der beauftragte Schulleiter Jens Rieth nahmen das Mosaik aus 2.000 Klassenfotos entgegen, das seinen Platz gegenüber der Aula finden sein.
Die stellvertretende Schulleiterin Nadine Hofmann und der beauftragte Schulleiter Jens Rieth nahmen das Mosaik aus 2.000 Klassenfotos entgegen, das seinen Platz gegenüber der Aula finden sein. © René Meinig

Der Werdegang von Frank Haubitz

33 Jahre lang war Frank Haubitz Schulleiter in Dresden-Klotzsche, erst in der Polytechnischen Oberschule (POS) an der Karl-Marx-Straße, dann im Gymnasium, das daraus hervorgegangen war. Zwischen 1998 und 2017 war Haubitz zudem Landesvorsitzender des Philologenverbandes Sachsen e. V., dem Berufsverband für Gymnasiallehrer in Sachsen. Er studierte Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Dresden und war anschließend seit 1983 als Mathematik- und Geografielehrer tätig.

Am 23. Oktober 2017 wurde Haubitz von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) zum Kultusminister ernannt. "Ich dachte, jetzt gehe ich in die Politik und bringe was zum Laufen. All das, was wichtig für die Bildung in Sachsen ist, kann ich anschieben." Doch diese Hoffnung war schnell vorbei. Seine Amtszeit endete am 18. Dezember 2017. Sie war mit 52 Tagen die kürzeste eines sächsischen Ministers seit 1992. "Aus heutiger Sicht musste der Ausflug in die Politik schiefgehen", hatte er im Juni in einem SZ-Interview gesagt. Er kehrte an seine Schule zurück, ohne nachzutreten.

Im Gespräch ist aktuell, die Schule nach Frank Haubitz zu benennen. "Wir sind uns als Schulgemeinschaft einig, dass wir dafür Zeit benötigen, um zu sehen, ob das auch angemessen ist angesichts der Namen, die Dresdner Schulen tragen", hatte der beauftragte Schulleiter Jens Rieth gegenüber der SZ gesagt. Dies müsse ein mehrjähriger Prozess sein.