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Dresdner erinnern sich an verstorbenen Schulleiter Frank Haubitz: "Einer von uns fehlt nun"

Nach dem Tod von Frank Haubitz hatten wir unsere Leser um Erinnerungen an den beliebten Lehrer und Schulleiter aus Dresden gebeten. Ehemalige Schüler, Lehrer und Studienfreunde teilen bewegende wie lustige Momente.

Von Dominique Bielmeier
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Frank Haubitz hatte große Reisepläne für den nahen Ruhestand, hat diesen aber nicht mehr erreichen können. Am vergangenen Montag starb der Lehrer und Schulleiter an seiner Krebserkrankung.
Frank Haubitz hatte große Reisepläne für den nahen Ruhestand, hat diesen aber nicht mehr erreichen können. Am vergangenen Montag starb der Lehrer und Schulleiter an seiner Krebserkrankung. ©  Ronald Bonss (Archiv)

Dresden. Die Anteilnahme nach dem Tod von Frank Haubitz ist groß in Dresden. Als wir unseren Lesern anbieten, gemeinsam zu trauern und sich an den beliebten Lehrer und Schulleiter des Gymnasiums in Klotzsche zu erinnern, erreichen uns viele bewegende und sehr persönliche Zuschriften. Wir veröffentlichen hier eine Auswahl: So erinnern sich ehemalige Schüler, Eltern, befreundete Lehrer und Studienkollegen an einen besonderen Menschen.

"Herr Haubitz trug mich ins Krankenzimmer"

Heike Mittag hat ihre gesamte Schulzeit mit Frank Haubitz verbracht, als sie 1983 eingeschult wurde, kam er an die 105. POS. "Wir erlebten zusammen die schwierige Zeit der Wende, vom Mathematiklehrer zum Schuldirektor", schreibt sie. In ihrer Zeit als Handballerin riss ihr das Kreuzband, ein halbes Jahr ging sie mit Unterarmgehstützen zur Schule. "Einmal stürzte ich damit im Eingangsbereich der Schule. Herr Haubitz kam sofort und trug mich in die zweite Etage ins Krankenzimmer, rief meine Eltern an, um mich anschließend die Treppen auch wieder hinunterzutragen."

Auch an ihre mündliche Geografieprüfung bei Frank Haubitz erinnert sie sich gerne zurück. Thema Wolkenentstehung. "Ich hatte keine Ahnung und war zu diesem Thema absolut unvorbereitet." Haubitz verhalf ihr "zu einem annehmbaren Ergebnis", indem er die grundlegenden Antworten mit Kreide an die Tafel schrieb und zeichnete. "An diesem Tag durfte ich sogar mit seiner Erlaubnis auf dem Schulhof parken", schreibt Heike Mittag. Dabei habe er ihr zuvor wegen Radfahrens auf dem Schulhof einige Male "den Reifen gelüftet". "Ich habe nur die besten Erinnerungen an meinen Direktor."

"Sein Umgang mit den Schülern war bemerkenswert"

Sehr betroffen von Haubitz' Tod sind die Leser B. und F. Lorenz, deren zwei Söhne im Klotzscher Gymnasium ihr Abitur abgelegt und immer von ihrem Direktor geschwärmt hätten. "Sein Umgang mit den Schülern war bemerkenswert, Toleranz und Akzeptanz waren ihm wichtig, er hatte immer ein offenes Ohr für die Schüler."

Auch habe er sich für bessere Unterrichtsbedingungen eingesetzt, sowohl für Schüler als auch für Lehrer. Das Paar regt an, dass die Schule zu gegebener Zeit nach Frank Haubitz benannt werden sollte, um die Erinnerung an ihn wachzuhalten. "Unsere Gedanken sind bei seiner Frau und den nächsten Angehörigen."

"Herr Haubitz nahm uns Eltern die Ängste"

Familie Richter aus Weixdorf durfte Frank Haubitz 2016 kennenlernen, als ihr Kind auf das Gymnasium in Klotzsche wechselte, und war schon von der Begrüßungsrede am ersten Schultag sehr begeistert. "Herr Haubitz nahm uns Eltern mit seiner offenen und ehrlichen Art die Ängste." Während der ganzen Zeit hatte die Familie das Gefühl, ihr Kind sei an seinem Gymnasium gut aufgehoben. "Egal, was war, er und sein Lehrerteam waren für die Kinder und uns Eltern immer da."

Die Nachricht von seiner Erkrankung habe die Familie traurig gestimmt. Umso dankbarer sei sie deshalb gewesen, auf dem Abiball am 1. Juli noch einmal einen Auftritt von Frank Haubitz miterleben zu dürfen. "Trotz seiner Erkrankung hielt er eine seiner bekannten starken Reden. Sie war geprägt von weisen Worten zur aktuellen politischen Lage, aber auch wohlgemeinten Worten für die Zukunft seiner Schüler."

Leider dürfe Herr Haubitz seinen verdienten Ruhestand nun nicht genießen. "In Gedanken sind wir bei seiner Familie. Wir werden uns immer an ihn erinnern."

"Erst Hitzefrei, wenn Herr Haubitz kurze Hosen anhat"

Juliane Prautzsch, von 2011 bis 2019 Schülerin am Gymnasium Klotzsche, wusste wie alle anderen Schüler ganz genau: "Im Sommer gibt es nur Hitzefrei, wenn Herr Haubitz kurze Hosen anhat." Entsprechend selten sei das vorgekommen. "Aber wenn es vorkam, sprach sich das wie ein Lauffeuer in den Schulgebäuden herum. Und natürlich gab es dann auch immer Hitzefrei."

Auch Haubitz' Ansprachen zum Schuljahresbeginn behält sie in schöner Erinnerung. Er habe immer den Satz gesagt: "Willkommen zurück in den heiligen Hallen des Lernens" - oder so ähnlich. "Zugegebenermaßen haben wir uns über die Phrase auch lustig gemacht, aber im Nachhinein gesehen hat sie echt Gewicht."

Haubitz sei streng gewesen, aber gleichzeitig habe man sich bei ihm immer aufgehoben gefühlt. "Ich habe zu Schulzeiten nie verstanden, wie ich einen Lehrer gleichzeitig einschüchternd und nett finden kann", schreibt Juliane Prautzsch. "Aber so war Herr Haubitz. Ich hätte mir keinen besseren Schulleiter als ihn wünschen können." Er habe einem immer das Gefühl gegeben, schon als junger Schüler ernst genommen und respektiert zu werden.

"Als Herr Haubitz zum Kultusminister berufen wurde, waren wir alle freudig aufgeregt. Als er kurz darauf wieder abberufen wurde, waren wir Schüler empört. Es fühlte sich an, als würde 'unser' Schulleiter 'da oben' im Landtag nicht geschätzt und respektiert. Das war nicht in Ordnung, denn er war ja einer von uns." Die Schülerin habe sich aber auch ein bisschen gefreut. "Mein Abitur war nicht mehr weit weg und ich war froh, dass Herr Haubitz es mir überreichen würde."

Nach seiner Rückkehr an die Schule sei Haubitz verändert gewesen. "Er war wortkarger und wirkte desillusioniert", schreibt Juliane Prautzsch. "Ich denke oft daran, wenn ich an Politik denke und an die Menschen, die sie machen." Sie werde immer dankbar sein für das, was Frank Haubitz für das Gymnasium Klotzsche getan habe - wer er für das Gymnasium Klotzsche war. "Meine Schulzeit unter ihm hätte nicht schöner sein können."

"Herr Haubitz hat jeden Schüler einzeln begrüßt"

An die Sache mit den kurzen Hosen erinnert sich auch Felix Schrader. Im Sommer habe man immer gehofft, dass es dem Schulleiter zu warm wäre, "doch häufig mussten es schon mehr als 30 Grad sein, damit er eine kurze Hose trug".

Schon bei der Einschulung habe Haubitz aber auf ihn Eindruck gemacht. Er habe seine Begrüßungsrede für die neuen Schüler mit der Aussage beendet, dass es sich lohne, sich mit dem Schulleiter gut zu stellen, und dann erklärt: "Also ich mag Gummibärchen!" Die Gummibärchen, die ihm am Tag danach geschenkt worden seien, habe er im Sekretariat in ein Glas gefüllt, aus dem sich Schüler und Lehrer bei einem Besuch hin und wieder hätten bedienen dürfen. "Dort ist mir schon früh aufgefallen, dass er ein humorvoller aber vor allem schülernaher Mensch war."

Auch an Haubitz' typische Begrüßung erinnert Felix Schrader sich. "Vor allem in der Zeit, als die Schule nach Pieschen ausgelagert war, stand Herr Haubitz früh vor der Schule, oft mit einer Zigarette in der Hand, und hat jeden Schüler einzeln begrüßt." Mit dem Rauchen sei er vielleicht nicht das beste Vorbild gewesen, "doch mit seiner Hintergrundgeschichte und seiner persönlichen Art sowie der Nähe zur Schule und den Schülern war er mehr als nur beachtenswert, sondern auch eine Inspiration und ein Antrieb, um immer weiterzumachen und wieder aufzustehen, wenn man hinfällt".

"Selbst die 'Aktion Rosenbeet' verübelten wir ihm nicht"

"Die kurze Hose, die Frank trug, wenn es Hitzefrei gab, war bei uns noch eine abgeschnittene Jeans immer in Kombination mit den damals üblichen 'Jesuslatschen'", schreibt Solveig Hengst, die Frank Haubitz ab 1983 vier Jahre lang, von der 7. bis zur 10. Klasse, als Klassenlehrer hatte. Es war Haubitz' erste Klasse, er war nur zwölf Jahre älter als seine Schüler. Hengst erinnert sich an viele Begebenheiten mit dem jungen Lehrer.

In einem Schullandheim hätten sie dank Haubitz in einem Steinbruch angeln dürfen. "Zwei angelfreudige Klassenkameraden hatten diese Idee." Der Lehrer habe es organisiert, dass die Schüler das nötige Equipment einkaufen und später die geangelten Fische zubereiten und gemeinsam die selbstgemachte Fischsuppe essen konnten.

"Selbst die 'Aktion Rosenbeet' verübelten wir ihm nicht", schreibt Solveig Hengst. Die sei immer dann zum Zug gekommen, wenn der ein oder andere pubertäre "Fehltritt" mit ein bisschen Unkrautjäten nach der Schule verlängert wurde. "Das Rosenbeet auf dem Schulhof wurde wahrscheinlich ausschließlich so gepflegt." Weil bei diesen Aktionen aber niemals nur ein Schüler beteiligt war, wurde selbst bei der Strafarbeit gelacht. "Manchmal sogar mit Frank."

"Am 2. September haben wir unser Klassentreffen zu seinem 40. Jubiläum geplant, mit einer persönlichen Führung in der neuen Schule. Wir sind zutiefst traurig, dass wir ihn nicht in unserer Mitte haben werden", schreibt Solveig Hengst. In Vorbereitung auf das Wiedersehen habe er zu ihr noch gesagt: "Das wird schon wieder und ab September geht's nur noch ins Warme." "Es tut uns so leid, dass dies nun nicht mehr für ihn in Erfüllung geht."

Ihr Lehrer werde sehr fehlen, er habe den ein oder anderen Schüler für seine Zukunft geprägt. "Uns verband nicht nur ein Lehrer-Schüler-Verhältnis, sondern vielmehr ein freundschaftliches. Unser tiefes Mitgefühl gilt nun seiner Familie."

"Er war immer für jeden intelligenten Spaß zu haben"

Tief getroffen vom Tod Frank Haubitz' ist Michael Ebert. Er ist nur wenige Jahre jünger als der verstorbene Schulleiter und unterrichtet Physik und Mathematik. "Mit ihm habe ich in der schwierigen Zeit im Juli 1989 vierzehn Tage gemeinsam verbracht", erzählt er. Mit einigen Schülern der 9. und 10. Klassen ihrer jeweiligen Schulen seien sie zusammen in einem Schülerlager in Polen gewesen. "Dort habe ich ihn als sehr pragmatischen, unorthodoxen, fairen und vor allem extrem humorvollen Kollegen kennengelernt", schreibt Ebert. "Er war immer für jeden intelligenten Spaß zu haben."

Besonders erinnert er sich an einen gemeinsamen Besuch der Schneekoppe. Damit die Schüler ihre Ausweise nicht verlören, hätten die Lehrer sie im Quartier aufbewahrt und nur ihre eigenen mitgenommen. "Als wir auf dem sogenannten 'Weg der Freundschaft' zur Schneekoppe wanderten, sprang ein Grenzsoldat aus dem Gebüsch und fragte nach den Ausweisen", schreibt Ebert, der nur seinen eigenen vorzeigen konnte.

Der polnische Beamte habe ihm diesen abgenommen und ihn verhaften wollen. "Frank kam vorbei, hat ihm meinen Ausweis aus den Händen genommen und ist einfach weitergegangen. Der Grenzsoldat wusste sich keinen Rat mehr, verschwand im Gebüsch und die Situation war entschärft", erzählt Ebert. "Wir haben anschließend sehr gelacht."

"Im Herzen bleibt er immer einer von uns"

Auch die ehemaligen Kommilitonen von Frank Haubitz sind von seinem viel zu frühen Tod tief betroffen und möchten andere Menschen an ihren Erinnerungen und ihrer Trauer teilhaben lassen. Als Seminargruppe 13/9 nahmen sie im Herbst 1979 an der Pädagogischen Hochschule Dresden ihr Studium auf, um Diplomlehrer für Mathematik und Geografie zu werden. Eine tolle Gruppe seien sie gewesen, "und vorn an Frank Haubitz".

Stets gut gelaunt habe er seinen Studientag mit einer Tasse Kaffee aus der Mensa begonnen und das Studium an sich so gut im Griff gehabt, dass für ihn genug Zeit blieb, auch das Studentenleben zu genießen. "Probleme hielt er generell flach, da er schon damals für vieles eine pragmatische Lösung fand", schreiben seine ehemaligen Studienkollegen. Auf unzähligen gemeinsamen Ausflügen, Exkursionen und anderen Unternehmungen habe er stets Optimismus und frohe Stimmung verbreitet.

"Auf diesem Bergfestgruppenfoto hält Frank die Fahne hoch, aber er hielt sie nicht wirklich in den damaligen politischen Wind", schreiben seine früheren Studienfreunde.
"Auf diesem Bergfestgruppenfoto hält Frank die Fahne hoch, aber er hielt sie nicht wirklich in den damaligen politischen Wind", schreiben seine früheren Studienfreunde. © privat

Auch nach dem Ende der Studienzeit 1983 blieben die Freunde in Kontakt, treffen sich heute noch regelmäßig für ein Seminargruppen-Wochenende. Sie waren stolz, als sie hörten, "dass unser Frank zum Kultusminister von Sachsen berufen wurde". Auch die vielen Artikel in der Zeitung über sein erfolgreiches Wirken als Schuldirektor in Klotzsche lasen sie mit viel Interesse und Hochachtung.

Dann wurde es vor einem Jahr plötzlich still um Frank Haubitz. "Umso mehr freuten wir uns, dass er sich im Februar voller Optimismus wieder meldete. Wir erfuhren von der Krankheit, die er überwunden glaubte. Und nach der Veröffentlichung eines Zeitungsartikels mit seinen Plänen für den Ruhestand gönnten wir ihm seine tollen geplanten Reisen von ganzem Herzen und schrieben ihm das auch." Keiner habe geahnt, dass er diese Reisen nie antreten und das Ende seines Arbeitslebens nicht mehr erleben würde.

Im September treffen die Studienfreunde von einst sich wieder. "Es ist für uns nur schwer zu ertragen, dass unser Studienkamerad Frank Haubitz nicht mehr dabei sein wird. Einer von uns fehlt nun. Aber im Herzen bleibt er immer einer von uns."