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Messe KarriereStart in Dresden: Jobs zum Anfassen

Fleischer, Mechatroniker, Stadtverwaltung – sie alle suchen händeringend nach Nachwuchs. Auf der KarriereStart-Messe in Dresden werden die Aussteller deshalb kreativ.

Von Johannes Frese & Jonas Niesmann
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Dresden, 2024-01-19
Messe KarriereStart 2024, Impressionen Foto:Foto: SZ/Veit Hengst
Dresden, 2024-01-19 Messe KarriereStart 2024, Impressionen Foto:Foto: SZ/Veit Hengst © Foto: SZ/Veit Hengst

Dresden. Ölverschmiert und mit verwegenem Blick steht Luca Heinrich hoch über dem See, hinter ihm geht die Sonne unter, über seiner Schulter liegt ein schweres Stahlseil. „Legenden des Wassers“ ist in Action-Blockbuster-Schrift quer über seine Brust gedruckt.

Gleich daneben, an Stand H1 in Halle 4 der Dresdner Messe, steht Luca Heinrich, ganz ohne Öl und Seil. Das übermannsgroße Plakat und die dazugehörige Kampagne der Landestalsperrenverwaltung Sachsen hat eine Werbeagentur entwickelt, für das Fotoshooting wurden echte Auszubildende gecastet. Luca Heinrich ist im zweiten Jahr seiner Ausbildung zum Wasserbauer. Den Kettensägen-Führerschein hat er schon, der Bootsführerschein kommt noch. Auf der KarriereStart-Messe will er junge Menschen überzeugen, es ihm gleichzutun. „Wir haben uns überlegt: Wie holen wir die Zielgruppe am besten ab?“, sagt der Marketingchef der Talsperrenverwaltung. Die Zielgruppe, das sind Schüler, 14 oder 15 Jahre alt und kurz vor der Wahl ihres Ausbildungsplatzes. „Da war unsere Idee: Gaming. Da stehen Jugendliche ja voll drauf.“ Die Broschüre zur Ausbildung gibt es passend dazu in Form einer PlayStation-Spielhülle. Das Interesse ist geweckt, um den Stand herrscht reges Gedränge. Bei einem Gang über die Messe wird klar: Wer heutzutage neue Auszubildende will, muss sich etwas einfallen lassen.

"Es war nicht unbedingt mein Kindheitstraum, hinten auf einem Müllwagen zu stehen"

An Andrang mangelt es schonmal nicht: Vor den Messehallen sammeln sich am Freitagmorgen hunderte junge Menschen. Da ist eine achte Klasse der Triebischtal-Schule in Meißen, eine Gruppe Freundinnen aus Chemnitz, aber auch ältere Menschen, die hier durch eine Maßnahme des Jobcenters gelandet sind. Amelie Schulze von der Goethe-Oberschule in Pirna hat sich etwas Besonderes überlegt: „Wer das lustigste Werbegeschenk mitbringt, gewinnt einen Preis!“, ruft sie in die Traube ihrer schnatternden Schüler. „Woa, geil!“, kommt zurück, schon schwärmen alle aus.

Doch es braucht doch etwas mehr als Gummibären in Form eines Firmenlogos, um junge Menschen für eine Ausbildung zu begeistern. Selbst der Laubbläser-Parkour der Dresdner Stadtreinigung, bei dem ein Tischtennisball um Miniatur-Mülltonnen herum in ein Loch geblasen werden muss, scheint nicht jeden zu überzeugen. Angela Bomsdorf gibt sich trotzdem sorgenfrei: Die Dresdner Stadtreinigung habe keine Probleme, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen, erklärt die Ausbildungs-Betreuerin. Als Beweis hat sie ihren jungen Kollegen Julien Wiedemann mitgebracht. „Es war nicht unbedingt mein Kindheitstraum, hinten auf einem Müllwagen zu stehen“, sagt der 18-jährige. Er sei aber über ein Schülerpraktikum bei der Stadtreinigung gelandet und heute sehr zufrieden mit der Wahl – immer draußen unterwegs, tarifliche Bezahlung und Anerkennung von den Anwohnern.

Bei der Stadtreinigung kann man mit einem Laubbläser minigolfen. Foto: Jonas Niesmann
Bei der Stadtreinigung kann man mit einem Laubbläser minigolfen. Foto: Jonas Niesmann © Jonas Niesmann

Ein paar Stände weiter präsentiert sich die Bundespolizei in Uniform. Hubschrauber fliegen oder schießen darf man hier nicht, dafür erklärt ein Beamter zwei Schülerinnen, dass Mädchen gerne zur Hunde- oder Reiterstaffel gingen. „Dafür muss man aber erstmal die Grundausbildung machen, und die ist ganz schön anstrengend!“ Die jungen Frauen gehen weiter. Mehr Begeisterung herrscht bei den Köchen, wo eine hochmotivierte Auszubildende ein offenes Pfannkuchenbacken moderiert und dabei jedem Fernsehstar die Show stiehlt. „Wow, du hast ein geborenes Kochmützengesicht!“, ruft sie, als ein Mädchen die billige Papiermütze überzieht. Sie schleudert ihren Pfannkuchen in die Luft, der eine elegante Drehung beschreibt und halb flüssig auf dem Rucksack einer Zuschauerin landet.

Vor dem Eingang zu Halle 2 findet indes der 3. Schülercup der Sächsischen Fleischer-Innung statt. An fünf Tischen mit knallroten Wachstischdecken bereiten sich Schülergruppen auf den Wettbewerb vor. Allerdings zerlegen sie keine Rinderhälften im Akkord, sondern füllen Wraps mit Salat und groben Würstchen. „Wir versuchen, die Schüler mit einem niedrigschwelligen Angebot an den Beruf heranzuführen“, erklärt Landesinnungsmeisterin Nora Seitz. „Unser Handwerk hat ein Schmuddel-Image. Der Fleischer, der den ganzen Tag in blutiger Schürze rumläuft.“ Das mache es schwierig, Nachwuchs zu finden. Tatsächlich kann sich an den roten Tischen kaum eine der Schülerinnen vorstellen, später einmal hinter der Fleischtheke zu stehen. Lucas Baumann, einer der Juroren des Wettbewerbs, hat 2020 den Meister gemacht und arbeitet in der elterlichen Metzgerei. Er blickt dennoch positiv auf die Zukunft seines Berufs: „Die Menschen konsumieren Fleisch heute bewusster. Ich denke, die Zukunft gehört den kleinen, familiären Betrieben.“

Unterhaltung ist nicht alles

Stimmungsbild, draußen vor der Halle. Vanessa ist ein wenig enttäuscht. Die 15-jährige will eine Ausbildung in der Krankenpflege machen. „Insgesamt gab es viel Technik zum angucken, aber der Pflegebereich wurde nicht so ausführlich erklärt“, findet sie. Für Theo hingegen war die Messe ein Erfolg: Er hätte davor keine genaue Vorstellung davon gehabt, was er nach dem Hauptschulabschluss machen möchte, sagt der Neuntklässler. „Aber die Brauerei fand ich erstaunlich interessant." Auch sein Mitschüler Serafino, der eigentlich zur Polizei wollte, kann sich nun eher vorstellen, über Gärprozesse anstatt über seine Mitbürger zu wachen . Mohammad und Laith wiederum wollen sehr gerne zur Polizei, aber es fehlt ihnen der dafür erforderliche Hauptschulabschluss und der deutsche Pass. „Ich werde nach der Schule wahrscheinlich im Friseursalon meines Vaters arbeiten“, sagt Laith.

An der Straßenbahn-Haltestelle trifft man auch wieder auf das Mädchen mit der Kochmütze, sie trägt sie noch immer. Ob sie jetzt Köchin werden wolle? „Nein“, sagt sie und lacht, „operationstechnische Assistentin.“

Hier finden sie mehr Infortmationen zur KarriereStart.

Die KarriereStart Messe läuft noch bis Sonntag, 17 Uhr. Zusätzlich zu den Ständen gibt es über 100 Vorträgen und Workshops, das Programm ist unter www.messe-karrierestart.de/ abrufbar.

Transparenzhinweis: Der Messeveranstalter Ortec ist Teil der DDV Mediengruppe, in der auch Sächsische.de und die Sächsische Zeitung erscheinen.