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Lehrermangel: Dresdner Schule schickt Kinder heim

Meistgelesen: An der 15. Grundschule in Dresden fehlt so viel Personal, dass die Schüler ins Homeschooling müssen. Wie es dazu kommen konnte.

Von Julia Vollmer
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Eigentlich könnte gerade normaler Unterricht laufen.
Eigentlich könnte gerade normaler Unterricht laufen. © dpa-Zentralbild

Dresden. Es ist eine unfassbare Situation: Trotz Pandemie könnte gerade "normaler" Unterricht für die Dresdner Kinder laufen, da schlägt der Personalmangel zu. Eine Schule in der Neustadt schickt ganze Klassen nach Hause.

"Aufgrund eines außergewöhnlich hohen Personalmangels durch Krankheit, Abordnung, Quarantäne, Studium, Teilzeitbeschäftigung und Freistellung fehlen an unserer Schule diese Woche 8 von 19 Lehrpersonen", schreibt Schulleiter Olaf Böttger an die Eltern.

Deshalb habe er in Absprache mit dem Landesamt für Schule und Bildung eine dritte und eine vierte Klasse seiner 15. Grundschule bis Freitag dieser Woche ins Homeschooling schicken müssen. "Die betroffenen Klassen bekommen Aufgaben durch ihre Klassenleiter, können aber den Hort ab 11.45 Uhr besuchen und auch normal mit ihrem Stammerzieher Mittag essen", so der Schulleiter.

Da durch den vom Dresdner Gesundheitsamt angewiesenen Klassenleiterunterricht weder Aufteilung noch Durchmischung der Kinder stattfinden dürfte,könne er auch keine Notbetreuung anbieten. "Jeder noch verfügbare Lehrer inklusive Schulleitung sind derzeit voll im Unterricht eingesetzt", schreibt Böttger. Das Problem für die Eltern: die Betreuung der acht- und neunjährigen Kinder abzudecken. Sie den ganzen Tag allein daheim zu lassen, ist keine Option. Überstunden und Urlaub haben die meisten während der Schulschließungen im Lockdown aufgebraucht.

Nicht alle Lehrerstellen in Dresden besetzt

"Das Landesamt für Schule und Bildung (Lasub) sowie der Schulelternsprecher Herr Seidel sind über diese unbefriedigende Situation durch mich informiert." Das bestätigt das Landesamt auf SZ-Anfrage. Clemens Arndt, Sprecher des Lasub, betont, ab Montag habe man voraussichtlich zwei Unterrichtsvertretungen. "Das Wichtigste ist, dass die Aufsicht über die Kinder abgedeckt ist, wenn das nicht gewährleistet werden kann, müssen sie nach Hause geschickt werden", so Arndt.

Auch in Dresden seien nicht alle Lehrerstellen besetzt. Wie viele das sind, ließ er offen. Auf die Frage, warum man die Kinder nicht in andere Klassen aufteile, antwortet das Lasub: "Das Gesundheitsamt hat die dringende Empfehlung an die 15. GS gegeben, die Klassen nicht zu mischen. Zudem können alle Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte sich mehr als zweimal die Woche testen lassen" sagt er. Diese Maßnahmen würden der Prävention dienen, um den Präsenzunterricht möglichst lang zu gewährleisten.

"Genau das zeigt, wie wichtig der Feuerwehrlehrkräftepool wäre, den wir vorgeschlagen haben. Den müssen wir aufbauen. Es fehlen einfach die Lehrer", sagt CDU-Stadtrat Matthias Dietze, der selbst Lehrer ist. SPD-Bildungspolitikerin Sabine Friedel sagt: "Ja, das ist ein Problem. Wenn zu den 'normalen' Problemen Lehrermangel und Krankheit auch noch eine Pandemie und Quarantäne hinzukommen, wird das Tischtuch zu knapp."

Linken-Politikerin kritisiert: "Nur ein Beispiel von vielen"

„Die Zustände an der 15. Grundschule sind leider nur ein Beispiel von vielen, die mir seit Schuljahresbeginn zu Ohren gekommen sind. Viele Schulen arbeiten in einer Art Notbetrieb", betont auch Linken-Bildungspolitikerin Anne Holowenko. Leidtragende seien wieder einmal die Kinder, die nun von zu Hause aus lernen müssen, obwohl die coronabedingten Lernrückstände riesig und die Infektionszahlen vergleichsweise niedrig sind. "Jetzt rächt sich die jahrzehntelange verfehlte Einstellungspolitik der CDU-geführten Landesregierungen im Bildungsbereich. Das Lasub muss endlich einen ausreichend großen Pool an Vertretungslehrern vorhalten, auf den in solchen Fällen zugegriffen werden kann", fordert sie.

Grünen-Bildungspolitikerin Agnes Scharnetzky fordert: "Wenn sich das Land selbst nicht in der Lage sieht, ausreichend Personal einzusetzen, muss es umgehend und unbürokratisch eine Prüfung geben, wie das Land in Abstimmung mit der Landeshauptstadt Mittel für mehr Stunden der Erzieher im Eigenbetrieb Hort bereitstellen kann." So könnte zumindest die Betreuung während der Aufgaben gesichert werden.