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Erdrutsch in Dresden-Plauen: Es gibt nur Geld für marode Stützmauer

Nach acht Jahren endete nun der Prozess um einen maximal gescheiterten Haus-Abbruch in Dresden, bei dem ein Hang samt Autos und Parkplatz in die Tiefe stürzte.

Von Alexander Schneider
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Im Mai 2015 stürzte ein Hang samt Parkplatz  und Fahrzeugen des darüberliegenden Mehrfamilienhauses in Dresden-Plauen in die Tiefe. Acht Jahre später endete nun der Schadensersatzprozess mit einer ungewöhnlichen Entscheidung.
Im Mai 2015 stürzte ein Hang samt Parkplatz und Fahrzeugen des darüberliegenden Mehrfamilienhauses in Dresden-Plauen in die Tiefe. Acht Jahre später endete nun der Schadensersatzprozess mit einer ungewöhnlichen Entscheidung. © Archivfoto: Roland Halkasch

Dresden. Alle haben es gewusst, und dann haben es auch alle kommen sehen. Am 11. Mai 2015 krachte im Stadtteil Plauen eine poröse Stützmauer in sich zusammen und der Hang, der das letzte bisschen Halt verloren hatte, rutschte in die Tiefe. In der Staubwolke verschwanden an jenem schwarzen Montagnachmittag vor laufender Kamera auch der Parkplatz des darüber liegenden Grundstücks samt dreier Autos. Verletzt wurde glücklicherweise niemand.

Der spektakuläre "Fall" wurde von Mitarbeitern des Dresdner Bauamts aufgezeichnet. So ist, immerhin, das kuriose Geschehen gut dokumentiert worden. Die Aufnahmen flimmerten Jahre später, im März 2021, über Flachbildschirme in einem Zivilprozess des Landgerichts Dresden. Dort endete nun, acht Jahre und zwei Monate nach der Havarie, der Schadenersatzprozess mit einem nicht minder ungewöhnlichen Urteil.

Auslöser für den späteren Erdrutsch war der Abriss eines Gebäudes in der Gitterseestraße, acht Meter unterhalb des Parkplatzes und des Mehrfamilienhauses auf der Coschützer Straße 7. Die Steilwand wurde von einer nicht wirklich standfesten Stützmauer gehalten. Im Wissen darum hatte die Dresdner Bauaufsicht den Abriss-Unternehmern penible Auflagen vorgegeben, wie sie das Gebäude zu beseitigen hatten.

"Gegen alle Regeln der Baukunst verstoßen"

Doch dabei wurde, so formuliert es der Vorsitzende Richter Dieter Münch nun am vorläufigen Ende des siebenjährigen Rechtsstreits, "gegen alle Regeln der Baukunst verstoßen". Die Beklagten, die Immobilieneigentümer als Bauherr der Abrissarbeiten und das Abbruchunternehmen, wurden am Mittwoch gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 72.000 Euro an die Klägerin verurteilt, zuzüglich der Zinsen.

Bei der Summe handelt es sich, auch das ist kurios, um die von einem Sachverständigen errechneten Kosten für eine Stützmauer, die wieder genauso marode ist wie die ursprüngliche. Bei der Klägerin handelt es sich um die Eigentümergemeinschaft des Mehrfamilienhauses in der Coschützer Straße. Die Feststellung des Schadens sei anders nicht möglich gewesen, so das Gericht.

Die Klägerin hatte in der Klage im Jahr 2016 von den Beklagten zunächst die Wiedererrichtung von Parkplatz und Stützmauer gefordert, später dann einen Schadenersatz in Höhe von mindestens 200.000 Euro. Ein erstes Aufeinandertreffen der Parteien im Gerichtssaal fand im September 2017 statt.

Keine Einigung in Sicht

Nach einer Einigung hatte es in diesem Rechtsstreit nie ausgesehen. Die Anwälte der Beklagten, darunter neben Bauherr und Abbruchfirma als sogenannte Streithelfer auch der Architekt, der Statiker, der Generalunternehmer und eine Versicherung, sprachen von einem "nicht standfesten Bauwerk", das eingestürzt sei, also nichts Besonderem. Sie hatten mal 20.000 Euro angeboten, um ihre Ruhe zu haben, später auch bis zu 40.000, selbstverständlich ohne Anerkennung irgendeines Anspruchs.

Der Bausachverständige, ein renommierter Experte, hatte betont, der Zustand der maroden Mauer sei allen Beteiligten bekannt gewesen. "Jederzeit" hätte sie in sich zusammenfallen können. Die Kosten der Sanierung schwankten zwischen 150.000 bis zu 500.000 Euro.

Das Gericht musste bei der Entscheidung über die Höhe des Schadens auch berücksichtigen, dass die Eigentümergemeinschaft, die mehr oder weniger für den Zustand der Mauer verantwortlich war, durch eine neue Mauer bessergestellt werden könnte.

Kläger und Beklagte haben nun einen Monat Zeit, das Urteil zu akzeptieren. Niemand rechnet ernsthaft damit. Der Rechtsstreit wird wohl in der nächsten Instanz vor dem Oberlandesgericht Dresden fortgesetzt werden.