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Kommt jetzt doch das Verstärkerverbot für Dresdner Straßenmusiker?

Der Dresdner Stadtrat hatte eine Lautstärkegrenze für Straßenmusiker festgelegt. Die Aufsichtsbehörde hat diesen Beschluss nun kassiert. Was das für Straßenmusiker bedeutet und wie es weitergehen soll.

Von Julia Vollmer
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Ein Straßenmusiker spielt an der Schloßstraße in Dresden.
Ein Straßenmusiker spielt an der Schloßstraße in Dresden. © Sven Ellger (Archiv)

Dresden. Zu laut, zu lange, immer das gleiche Lied: Immer wieder beschweren sich Anwohnende über Straßenmusik. Vor allem in der Dresdner Altstadt.

Obwohl die Musik zu einer bunten, lebendigen Stadt gehört, musste der Stadtrat eine Regelung finden, wie er mit den Beschwerden und der Forderung nach einem Verstärkerverbot umgeht. Die Stadträte beschlossen schließlich, dass Verstärker erlaubt bleiben, es aber nicht lauter als 80 Dezibel werden darf. Doch diesen Beschluss hat die Landesdirektion Sachsen als Aufsichtsbehörde nun kassiert und fordert die Stadt zum Handeln auf.

Warum hebt die Landesdirektion den Beschluss auf?

Die Stadt war mit der Bitte an die Landesdirektion (LDS) herangetreten, den Beschluss zur Straßenmusik zu prüfen. "Gegenstand der Prüfung war insbesondere die neue Regelung zur Begrenzung der Lautstärke auf 80 dB(A)", sagt LDS-Sprecherin Linda Simon.

Außerdem war Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) in der geänderten Satzung beauftragt worden, die Durchsetzung der Lautstärke-Regelung durch das Ordnungsamt sicherzustellen. "Die Landesdirektion ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Lautstärkebegrenzung auf 80 dB(A) in der Satzung Straßenkunst gegen das Bestimmtheitsgebot verstößt", sagt Simon.

Das heißt, der Begriff "Lautstärke" wird in der Satzung nicht ausreichend definiert. Es werde nicht geregelt, wo genau der Wert der Lautstärke einzuhalten ist - zum Beispiel an der Quelle, in einem Meter Abstand oder direkt bei den von Lärm Betroffenen, so Simon weiter. Außerdem sei unklar, wie genau der Wert gemessen werden soll.

Die Konsequenz ist, dass die Regeln vom Ordnungsamt schwer durchzusetzen seien. "Für das Verwaltungspersonal ist nicht erkennbar, was genau wo genau einzuhalten ist. Darüber hinaus ist fraglich, ob das Verwaltungspersonal die Einhaltung vor Ort überhaupt überprüfen kann."

Die Landesdirektion hat die Stadt nun aufgefordert, den Beschluss des Stadtrates zur Straßenmusik aufgrund der Rechtswidrigkeit aufzuheben und über den weiteren Verlauf und das Ergebnis zu informieren.

Was sind nun die Pläne der Stadt?

Fragt man im Rathaus nach, was der Beschluss der Landesdirektion bedeutet, heißt es: "Die vom Stadtrat beschlossene Änderung der Satzung Straßenkunst ist rechtswidrig. Rechtswidrige Regelungen einer Satzung können nicht vollzogen werden." Der Beschluss und damit die Änderung der Satzung Straßenkunst müssten aufgehoben werden. Es brauche nun einen neuen, rechtskonformen Beschlusses vom Stadtrat.

Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) will dazu ein Gespräch mit Vertretern der Fraktionen führen. "Danach will die Verwaltung dem Stadtrat eine Vorlage zur Aufhebung des Stadtratsbeschlusses und eine neue Satzung Straßenkunst vorlegen", so die Stadt. Die Landesdirektion sei darüber informiert worden.

Wie viele Beschwerden über Musik gibt es?

In den ersten drei Monaten des Jahres 2023 wurden durch den Gemeindlichen Vollzugsdienst gerade einmal 14 Verstöße gegen die Regeln im Zusammenhang mit der Straßenmusik festgestellt. Allerdings beginnt die Saison erst jetzt so richtig.

Laut Stadt könne "ordnungswidriges Handeln nach der Satzung Straßenkunst mit einer Geldbuße von bis zu 500 Euro geahndet werden". Beschwerden kommen hauptsächlich von der Prager Straße, dem Neumarkt, der Hauptstraße sowie der Schloßstraße.

Welche Ideen hat die Politik?

Kreative neue Ideen abseits vom Verstärkerverbot und den ohnehin geltenden Regeln gab es bisher eher wenige. Bislang müssen sich die Musiker vorher anmelden und regelmäßig den Spielort wechseln.

SPD-Stadtbezirksbeirat für die Altstadt Lutz Hoffmann schlägt einen Runden Tisch zwischen dem Stadtbezirksbeirat und den Anwohnern vor. "Ein Szenario wäre es auch, einen Auftrag an die Ordnungsbehörden bis Ende 2024 zu geben, eine Datengrundlage zu schaffen, die erstmal die Problemstellen aufzeigt", so Hoffmann.

Grünen-Stadträtin Andrea Mühle geht "immer noch davon aus, dass eine umsetzbare und vollziehbare Regelung mit Lautstärkebegrenzung wie beispielsweise in Frankfurt möglich ist." Das gelte es nun gemeinsam mit der Verwaltung auszuloten. "Bei jeder neuen Regelung müssen sowohl die aktuelle Lage der Musiker, gezielte Maßnahmen zur Belebung der Innenstadt als auch die Beschwerdelage einbezogen werden", betont sie.

CDU-Stadtrat Mario Schmidt geht davon aus, dass das Rathaus zügig eine neue Vorlage zur Entscheidung übergeben wird, die wieder ein Verstärkerverbot enthält. Aus seiner Sicht löse man damit die die Probleme von Anwohnern und Händlern.

Linke-Stadtrat Magnus Hecht sagt: "Ich verstehe, dass sich Menschen durch die ständigen Wiederholungen, durch manche mangelnde Qualität der Darbietung und von großer Lautstärke gestört fühlen." Er schlägt vor, dass das regelmäßige Wechseln von Standorten der Straßenmusiker besser organisiert und überwacht wird.

Holger Zastrow, FDP-Fraktionschef, betont: "Als lebendige Kunst- und Kulturstadt muss Dresden anspruchsvoller Straßenmusik einen praktikablen und förderlichen Rahmen bieten. Alles andere wäre ein Armutszeugnis." Es sei Aufgabe der Stadtverwaltung, dieses Ziel jetzt in Einklang mit den berechtigten Anliegen der Anwohner zu bringen.