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"Ich musste Mobbing erfahren": Zweite Chance für Abschluss an der Straßenschule

Am Albertplatz in der Dresdner Neustadt können junge Menschen, die mitunter einen steinigen Weg hinter sich haben, ihren Real- oder Hauptschulabschluss nachholen. Paula hat es geschafft.

Von Julia Vollmer
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Paula (von hinten zu sehen) hat ihren Realschulabschluss in der Straßenschule am Albertplatz nachgeholt. Ihre Englischdozentin Katharina hat dabei geholfen.
Paula (von hinten zu sehen) hat ihren Realschulabschluss in der Straßenschule am Albertplatz nachgeholt. Ihre Englischdozentin Katharina hat dabei geholfen. © Sven Ellger

Dresden. Paula hat es geschafft. Nach langen Kämpfen mit der Schule, mit sich und mit dem Mobbing, das sie erleben musste, hielt sie in diesem Sommer ihr Zeugnis in den Händen. Realschulabschluss. Endlich konnte sie es allen beweisen: Ich schaffe das. Die 19-Jährige ist eine von zwölf Absolventinnen und Absolventen, die in diesem Sommer ihren Schulabschluss an der Straßenschule nachholen konnten.

Die Straßenschule des Trägers Treberhilfe e. V. am Albertplatz ist ein Projekt, das Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Chance bietet, ihren Hauptschul- oder Realschulabschluss nachzuholen. Seit 2014 gibt es das Projekt, etwa zehn bis zwölf Schüler holen jedes Jahr hier ihren Abschluss nach. Nun beginnt bald das neue Schuljahr für die Schülerinnen und Schüler.

Schullaufbahn mit Problemen: "Großer Druck durch Lehrer"

In Sommer 2023 machte Paula ihren Abschluss. Sie heißt eigentlich anders, möchte aber ihre Privatsphäre schützen. "Ich habe nicht immer gute Erfahrungen in meiner Schullaufbahn gemacht. Ich musste Mobbing erfahren und großen Druck durch Lehrerinnen und Lehrer", erzählt sie.

Sie ging teilweise unregelmäßig in die Schule, sagt sie. Irgendwann brach sie die Regelschule ab und fand den Weg zur Straßenschule. "Ich habe von Bekannten von dem Projekt erfahren und habe hier auch schon meinen Hauptschulabschluss nachgeholt", so die Dresdnerin. "Ein super schönes Gefühl, jetzt den Abschluss in der Tasche zu haben", sagt sie. In ihrer Klasse habe sie sich immer verstanden und aufgehoben gefühlt.

Unterricht in der Straßenschule, Prüfungen an Regelschule

Der Unterricht beginnt montags bis freitags um 9 Uhr, endet 15.30 Uhr und umfasst die Prüfungsfächer, die für den Schulabschluss relevant sind: Deutsch, Mathematik, Geografie und Co. "Denn am Ende des Schuljahres steht für die Teilnehmenden der Straßenschule die Schulfremdenprüfung", erklärt Beate Rohde, Sozialpädagogin an der Straßenschule. Das heißt, sie legen die schriftlichen und mündlichen Prüfungen an einer Regelschule ab.

Neun Prüfungen, vier schriftliche und fünf mündliche, sind es. Die absolvieren die Schüler Lehrern, die sie nie zuvor gesehen haben. Keine leichte Aufgabe. Vorbereitet werden die aktuell 19 Schüler von ehrenamtlichen Lernbegleitern und Honorardozenten, meist Studenten oder pensionierte Lehrer.

Gesucht werden immer weitere Dozenten. "Wir setzen auf eine gute Beziehung zu den Schülern und auf Wertschätzung", sagt Beate Rhode. Es seien immer wieder tolle Momente, wenn ein Schüler eine Eins in einer Prüfung schreibt und seinen Schulabschluss schafft. Selbstverständlich ist das nicht, denn viele der Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben schon einen steinigen Weg hinter sich.

Sucht, Geldsorgen, Psyche: Gründe für Straßenschule sind vielfältig

Manche der Teilnehmende haben keinen Wohnsitz, Suchterkrankungen spielen bei manchen eine große Rolle oder auch Geldsorgen und psychische Probleme. Damit die Schülerinnen und Schüler möglichst angst- und sorgenfrei lernen können, kümmert sich die beiden Sozialarbeiter Beate Rhode und Markus Bernhardt um Themen rund um die Wohnung, Ämtergänge und vermittelt sie bei Bedarf an Suchtberatungsstellen.

Einige Jugendliche waren jahrelang nicht in der Schule und müssen sich erst wieder an eine Tagesstruktur gewöhnen. Am Nachmittag nach dem Unterricht bietet das Team dann Workshops in Musik, Fotografie oder Kunst an. Aber manchmal reicht es auch, zusammen Spaß haben und miteinander zu reden.