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Im alten Chevrolet zur großen Liebe

Daniela und Guido Krug wollten nur gemeinsam an einem Oldtimer schrauben. Dass die US-Car-Fans nun ein Paar sind, verdanken sie heillosem Rost.

Von Nadja Laske
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Danielas große Lieben: Ihr Mann Guido und der El Camino, den sie gemeinsam restauriert haben.
Danielas große Lieben: Ihr Mann Guido und der El Camino, den sie gemeinsam restauriert haben. © Marion Doering

Dresden. Es war ein Wahnsinnsprojekt. Daniela wusste das. Aber sie konnte nicht anders. "Ich musste dieses Auto haben. Unbedingt!", sagt sie. Locker zehn Jahre hatte sie darauf gespart. Viel übrig ließ ihr Gehalt als Friseurin ja nicht. Da brauchte sie Geduld und langen Atem. Und als der Chevrolet El Camino endlich vor ihrer Tür stand, war es damit noch lange nicht vorbei.

"Ich hatte mir vorgenommen, ihn so weit wie möglich selbst zu restaurieren." Der US-Car-Klassiker, Baujahr 1974, sah auf den ersten Blick recht gut aus. "Als ich aber das mit Leder bezogene Dach freigelegt habe, war da nur noch Rost." Bis dahin hatte Daniela überhaupt keine Ahnung davon, wie man Oldtimer wieder auf Hochglanz bringt. "Ich dachte, ich lerne das eben beim Tun." Der Weg ist das Ziel - nicht umsonst bedeutet El Camino zu Deutsch "der Weg".

Doch angesichts riesiger Rostlöcher im Dach wurde der heute 36-Jährigen klar: Hier muss ein Profi ran. Eins der ersten Fotos ihres geliebten US-Cars zeigt ihn vor verschneiter Landschaft. Es war Januar 2018, und Daniela sendete einen Hilferuf in den US-Car-Chat, dem sie schon länger angehörte.

Daniela Krug hat sich beruflich neu erfunden. Die Friseurin fertigt nun Gürtel und Taschen an.
Daniela Krug hat sich beruflich neu erfunden. Die Friseurin fertigt nun Gürtel und Taschen an. © Marion Doering

Darauf meldete sich Guido bei ihr. Guido Krug. Dresdner mit eigener Werkstatt und spezialisiert auf das Restaurieren solcher Lieblinge. "Ich bin eigentlich von Beruf Autosattler", sagt er. Früher hat er für Melkus Lederbezüge von Hand angefertigt, später machte er sich selbstständig und gehört nun einer Zunft an, um die jeder bangen muss, der ihre Dienste braucht. "Es kommen kaum noch Jüngere nach", weiß Guido. Das sichert ihm seine Aufträge, stimmt ihn aber auch sorgenvoll.

"Guido sagte zu mir: Bring das Auto vorbei, und das habe ich gemacht. Ab dann bin ich jedes Wochenende bei ihm gewesen, und wir haben unter Hochdruck gearbeitet", erinnert sich Daniela. Deadline: die nächste US-Car-Convention im Sommer. Bis dahin musste der Chevrolet fertig sein. Er heißt übrigens Roger und ist tatsächlich auf dem Festival in sein zweites Leben gestartet.

Dass Guido sich so ins Zeug legte, hatte nicht allein mit seiner Profession zu tun. "Mich hat beeindruckt, dass sich eine junge Frau einen solchen Traum erfüllen will", sagt er. Zwar war das Vorhaben etwas blauäugig, aber nicht hoffnungslos.

Die gemeinsame Schrauberei hatte Erfolg: Der Rost verschwand, das Chrom begann zu glänzen und in Danielas und Guidos Augen zog ein Leuchten ein, das nicht nur allein mit dem Erstrahlen des Schmuckstücks zu erklären war.

Seitdem hat sich viel im Leben der beiden verändert. Sie verliebten sich, wurden ein Paar und haben geheiratet - am 9. 9. 2019. "Wie meine Eltern. Das ist ein gutes Omen", sagt Daniela. Vor zwei Jahren kam Töchterchen Ruby an, sie ist die große Hoffnung ihres Vaters: "Ich wünsche mir eine kleine Schrauberbraut." Am besten mit Affinität zur Arbeit mit Leder. Damit wäre dann auch die Nachfolge geklärt.

Die Liebe zum Leder hat Daniela unter Guidos Fittichen schon längst entdeckt und neben der zum Blech befördert: "Als Mama wusste ich nicht, wie ich weiterhin in meinem Beruf als Friseurin arbeiten soll. Die Arbeitszeiten sind einfach zu schwierig." Aber kreativ war sie schon immer, was ihr nun ganz neue berufliche Wege eröffnet.

Unter eigenem Label fertigt sie Ledergürtel, Taschen, Hundehalsbänder und auf Wunsch auch Bikerkutten an - alles Marke German Belstuff. "Mein Onlinehandel ist in Arbeit." Hier und da verkauft sie auch auf Veranstaltungen. Nur nicht zur nächsten US-Car-Convention. Da sind Daniela, Guido und Ruby zwar auf jeden Fall dabei, aber ganz in Familie und in der großen, feiernden US-Car-Gemeinde.

Guido Krug möbelt alte US Cars wieder auf. Der gelernte Autosattler kann auch gut mit Karossen.
Guido Krug möbelt alte US Cars wieder auf. Der gelernte Autosattler kann auch gut mit Karossen. © Marion Doering

Die trifft sich an diesem Wochenende im Ostragehege, Messe Dresden. Die Veranstalter erwarten rund 1.500 Autos und 50.000 Besucher auf dem Festgelände. Dort gibt es nicht nur Karossen zu bestaunen, sondern auch ein Bühnenprogramm mit Kür der schönsten Wagen. Es wird amerikanisch gegessen, getrunken und entsprechende Musik gehört.

Am Freitagabend geben Boppin'B ein Konzert, am Sonnabend sind The Cashbacks zu Gast und am Sonntag klingt das Festival mit Suffy Sand Rocats aus. Highligt ebenfalls am Sonntag: die große Ausfahrt vom Ostragehege durch die Innenstadt.

Roger muss mit. Er ist nämlich kein Museumsexponat. Dani kutschiert mit ihm zur Arbeit oder auch mal zum Eisessen, und brauchte anfangs dafür viel Mut. "Vorher bin ich einen Fiat Punto gefahren." Das ist Jahre her und EL Camino längst am Ziel.

US-Car-Convention: 8. bis 10. Juli, Freitag ab 15 Uhr, Samstag und Sonntag ab 10 Uhr. Der Vorverkauf wurde aufgrund hoher Nachfrage gestoppt. Tickets gibt es jedoch an der Tageskasse. Mehr Informationen gibt es im Internet hier: www.us-car-convention.de.