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Welche Zukunft hat das Dresdner Marienbad?

Der idyllische Weißiger Badeteich ist endlich wieder gut gefüllt. Inzwischen sind Parasiten im Wasser. Das Kinderbecken ist schon lange nicht nutzbar.

Von Kay Haufe
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Trotz sommerlicher Temperaturen sind kaum Gäste im Marienbad Weißig.
Trotz sommerlicher Temperaturen sind kaum Gäste im Marienbad Weißig. © Sven Ellger

Dresden. Es könnte so schön sein. Direkt an der Dresdner Heide gelegen, gibt es im Weißiger Marienbad eine große Baum-umsäumte Liegewiese mit Spielplatz. Der Teich des Naturbades mit der kleinen Insel in der Mitte ist voller Wasser. Nicht nur eine Pfütze, wie in den vergangenen zwei Sommern, als kaum Wasser nachlief. Und doch waren selbst bei fast 30 Grad am vergangenen Sonnabend kaum Gäste an der offenen Badestelle, die kostenlos nutzbar ist. Hauptgrund dafür dürfte sein, dass sie von einem großen Zettel abgeschreckt worden sind, der am Eingang hängt. Darauf wird auf Bade-Dermatitis hingewiesen, die man bekommen kann, wenn man im Naturteich badet.

Schuld an diesen Hautausschlag sind Zerkarien. Das sind winzig kleine Larven verschiedener Saugwürmer. Ihre Wurmeier gelangen über die Exkremente von Wasservögeln ins Becken. Im Wasser dienen Schnecken als Zwischenwirte. Endprodukt der Metamorphose sind die Zerkarien, die anschließend wieder versuchen, in Wasservögel zu gelangen. Über kleine Saugnäpfe an Bauch und Kopf docken sie fälschlicherweise aber auch an der menschlichen Haut an. Dort sterben sie ab, hinterlassen aber oft einen juckenden, roten Ausschlag.

Am Eingang wird auf die Gefahr durch Zerkarien hingewiesen.
Am Eingang wird auf die Gefahr durch Zerkarien hingewiesen. © Sven Ellger

Dass die Zerkarien jetzt auch im Marienbad angelangt sind, liegt an den Enten und seltener auch Gänsen, die den Naturteich für sich entdeckt haben. "Früher schwammen die Vögel auf dem ehemaligen Gondelteich, gleich nebenan. Aber seitdem der fast von Schilf zugewachsen ist, weichen sie auf den Badeteich aus", sagt Uwe Danusch. Er erlebt dies Entwicklung fast hautnah mit, seit er 2006 ein kleines Grundstück im Bad gepachtet hat. Mit den anderen Siedlern beobachtet er mit Sorge, wie sich der Zustand der offenen Badestelle aus seiner Sicht verschlechtert.

Steigende Pacht, wenig Service

Er und die anderen 53 Siedlerfamilien ärgern sich, dass das Kinderbecken nicht mehr nutzbar ist. "Wir haben uns diesbezüglich an die Bäder GmbH gewandt, die für das Marienbad zuständig ist. Aber sie will nichts unternehmen", sagt Danusch verärgert. Gerade jetzt, wo ein Generationswechsel unter den Siedlern im Gange ist, sei ein Kinderbecken wichtig. Danusch würde sogar das Wasser sponsern, aber auch das hat nichts genützt.

Ganz zu schweigen von den sanitären Anlagen, an denen seit Jahrzehnten wohl maximal Schönheitsreparaturen vorgenommen wurden. Seit dem vorigen Jahr sehen die Siedler all diese Unzulänglichkeiten noch in einem ganz anderen Licht. Denn die Bäder GmbH hat 2020 die Pacht bei neuen Verträgen drastisch erhöht. Sie wird fällig, wenn ein Siedler seinen Bungalow abgeben und den Pachtvertrag kündigen will. Statt bisher 350 Euro jährlich sollten die neuen Pächter dann rund 1.300 Euro zahlen. Als Berechnungsgrundlage wurde die erhöhte Pacht auf dem Campingplatz Wostra zugrunde gelegt. "Doch auf Campingplätzen gibt es nicht nur ordentliche Sanitäranlagen, sondern oft auch Waschmaschinen und sogar WLAN. Davon haben wir hier nichts und sind deshalb auch unserer Sicht auch nicht damit vergleichbar", sagt Danusch.

Holger Zastrow (l.) sieht sich mit Siedler Uwe Danusch (r.) und Steffen Nitzsche, dem Vater einer Siedlerin, das kaputte Kinderbecken an.
Holger Zastrow (l.) sieht sich mit Siedler Uwe Danusch (r.) und Steffen Nitzsche, dem Vater einer Siedlerin, das kaputte Kinderbecken an. © Sven Ellger

Die Dresdner Bäder GmbH reagiert auf die Vorwürfe der Siedler mit Unverständnis. So sei das Kinderplanschbecken aufgrund einer behördlichen Anordnung gesperrt worden, was die Siedler lange wüssten. "Wir dürfen es nicht betreiben, daran würde auch eine Reparatur nichts ändern", heißt es in der Antwort an die SZ.

Auch in diesem Jahr sei das Becken des Badeteiches rund zwei Wochen lang im März gründlich gereinigt worden. Eher sei das witterungsbedingt kaum möglich. "Da es sich bei der Badestelle Weißig um ein reines Naturbad handelt, kommen natürlich auch Vögel, die für die Zerkarien sorgen. Dies ist in anderen Naturbädern nicht anders", heißt es von der Bäder GmbH. Die Bade-Dermatitis werde vom Gesundheitsamt als unbedenklich eingestuft. Ihr Auftreten bedeute nicht, dass die Wasserqualität schlecht ist.

Um auf die Situation im Marienbad hinzuweisen, haben die Siedler alle Stadtratsfraktionen angeschrieben. Nur die FDP hat reagiert. Ihr Faktionsvorsitzender Holger Zastrow hat sich am Mittwoch mit Vertretern der Siedler an der Badestelle getroffen, um sich ein Bild vor Ort zu machen. Dabei sieht er auch den Platzwart, der große Löcher im Rasen mit Erde verfüllt, die Wildschweine aufgewühlt haben. "Das Loch im Zaun haben wir der Bäder GmbH gemeldet, passiert ist nichts. Wir haben es dann selbst geflickt", sagt Danusch. Doch auch das klingt bei der Bäder GmbH anders. "Nachdem bekannt wurde, dass Wildschweine in die Badestelle eingedrungen waren und Schäden verursacht hatten, haben unsere Mitarbeiter vor Ort nach dem entsprechenden Loch im Zaun gesucht. Es konnte keines gefunden werden. Auch von den Siedlern gab es keine entsprechende Meldung. Die verursachten Schäden auf der Wiese sind behoben worden."

Runder Tisch für Verbesserungen im Bad

Für Holger Zastrow ist das Marienbad ein idyllischer Ort, der gerade in Zeiten des Klimawandels an Bedeutung gewinnt. "Hier ist Grün, hier ist Wasser. Junge Leute wollen hier eine kleine Hütte, die Dresdner wollen sich am Wasser erholen. Die Bäder GmbH muss mehr Wert auf die Erhaltung des Naturbades legen", sagt der Stadtrat. Es sei klar, dass Bäder nicht wirtschaftlich zu betreiben sind. Schon gar nicht könne man den Siedlern jetzt um mehrere hundert Prozent erhöhte Pachten aufbrummen. "Die können doch die Verluste der GmbH nicht ausgleichen."

Zastrow will mit seiner Fraktion nach der Sommerpause zu einem runden Tisch zum Marienbad einladen. "Seit die Bäder GmbH ausgegliedert ist, ist sie dem Stadtrat nicht mehr rechenschaftspflichtig. Ich hoffe, wir können so einen Weg finden, um über eine gute Zukunft für die Bäder zu reden. Die sehe ich im Moment im Marienbad nicht gegeben", sagt Zastrow.

Die Siedler selbst sind bereit, sich auch finanziell zu beteiligen. Früher haben sie 75 Euro für die Benutzung des Bades gezahlt, diese Summe würden sie auch jetzt zur Verfügung stellen. "Damit das Bad wieder attraktiv wird", sagt Uwe Danusch.