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Wie kann Dresdens Feste-Sterben begegnet werden?

Mehrere Stadtteilfeste sind in diesem Jahr ausgefallen. Die Gründe sind unterschiedlich, haben aber alle etwas mit Auflagen zu tun. Wie der überbordenden Bürokratie entgegengewirkt werden soll.

Von Julia Vollmer & Andreas Weller
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Aus der BRN wurde nach der Absage in diesem Jahr das dreiteilige Fest "Bunter Sommer Neustadt", aus dem großen Elbhangfest ein kleines Elbhangfest. Doch wie macht man es den Veranstaltern leichter?
Aus der BRN wurde nach der Absage in diesem Jahr das dreiteilige Fest "Bunter Sommer Neustadt", aus dem großen Elbhangfest ein kleines Elbhangfest. Doch wie macht man es den Veranstaltern leichter? © Sven Ellger

Dresden. Sicherheitsdienst, Krankenwagen, Emissionsschutzgutachten: Die Auflagen, die Dresdner Festveranstalter erfüllen müssen, sind in vielen Teilen wichtig für die Sicherheit. Sie machen es den Veranstalter in Teilen aber auch sehr schwer.

Immer öfter müssen Feste in Dresden ausfallen. Der kleinteilige "Bunte Sommer Neustadt" statt großer BRN, ein kleineres Hechtfest und ein kleines Elbhangfest gab es 2023. Doch wie macht man es den Veranstaltern leichter? Die wichtigsten Fragen und Antwort im Überblick.

Wie erleben das die Veranstalter in Dresden?

Paul-Noah Brunn organisierte Anfang Juni den ersten Teil vom "Bunten Sommer Neustadt" auf dem Martin-Luther-Platz. Die Besucherinnen und Besucher erlebten ein Straßenfest mit Bands, Kulturprogramm und Ständen. Es kam gut an und zahlreiche Besucher strömten auf den zentralen Platz.

"Ich finde es grundsätzlich gut, dass sich die Stadt so um die Veranstaltungen und um die Sicherheit kümmert, aber durch die vielen Auflagen ist so eine Organisation sehr kompliziert und zeitaufwendig", sagt er. Es sei schwierig, wenn etwa am Aufstellen eines Toiletten-Containers drei verschiedene Stellen und Ämter beteiligt seien. Hier wünscht er sich eine deutliche Vereinfachung.

Welche Auflagen gibt es für Feste in Dresden?

Fragt man die Stadt nach den Auflagen für den "Bunten Sommer Neustadt" heißt es: "Für die Veranstaltungsreihe auf dem Lutherplatz, Sebnitzer Straße und Louisenstraße gab es mit den jeweiligen Veranstaltern und allen betroffenen Fachämtern einen frühzeitigen Austausch und mehrere Beratungen." Bei diesen seien vorher alle Maßnahmen und Forderungen der Stadt an die Veranstalter herangetragen worden.

Mit Blick auf die Wohnbebauung in der Neustadt habe dabei besonderer Fokus auf den Lautstärke- und Anwohnerschutz, Beschilderung sowie Sicherheitsfragen wie Fluchtwege und Sanitätsdienst gelegen.

Auf die Frage, wie die Stadt die Veranstalter unterstützen will, gerade mit Blick auf die ausgefallenen Feste, heißt es: "Selbstverständlich ist die Stadt daran interessiert, die kulturelle Vielfalt von Veranstaltungen im Stadtgebiet zu stärken und zu unterstützen. Dabei wird auch berücksichtigt, dass die Branche durch die Nachwirkungen der Pandemie und gestiegene Kosten stark beeinträchtigt ist."

Es müsse aber auch "Konsens" darüber bestehen, dass keine gesetzlichen Vorgaben und Bestimmungen zur Absicherung einer Veranstaltung außer Acht gelassen werden können, damit die Sicherheit von Besuchern und Dritten jederzeit gewährleistet bleibt, betont die Stadt. Bei einer Klausurtagung habe sich die Stadtspitze darauf verständigt, das Genehmigungsverfahren so zu vereinheitlichen, dass notwendige Auflagen künftig aus einer Hand und gebündelt entschieden werden können. "Außerdem sollen die fachlichen Anforderungen an die Veranstaltungen abgeklopft und - soweit notwendig - in einer Richtlinie geregelt werden", so die Stadt.

Was fordern Politiker in Dresden?

Die beiden SPD-Stadtbezirksbeiräte Christian Demuth und Felix Göhler hatten zuletzt eine Anfrage an OB Hilbert im Stadtbezirksbeirat eingebracht, die die Auflagen thematisierte. "Ohne finanzielle Unterstützung sind die Stadtteilfeste angesichts der Auflagen gar nicht mehr zu stemmen. Wollen wir die Stadtteilfeste aber wirklich retten, dann muss sich die Verwaltung ändern: Die Stadt muss zum Ermöglicher werden", fordert Christian Demuth.

Es brauche ein vereinfachtes Antragsverfahren, bei der einzelne Verwaltungseinheiten das untereinander erklären: "Es kann nicht sein, dass hier die Bürgerinnen und Bürger gefühlt zehn Ämtern gegenüberstehen, die alle ihre - vielleicht auch wichtigen und legitimen - eigene Interessen und Einsprüche haben."

Auch die Linke setzt sich für den Erhalt der Feste ein. Fraktionsvorsitzender André Schollbach sagt: "Viele Menschen sind traurig über das Sterben der beliebten Stadtteilfeste. Wir wollen erreichen, dass die Rahmenbedingungen und das Handeln der Stadtverwaltung so verbessert werden, dass die Stadtteilfeste ab dem kommenden Jahr wieder stattfinden können."

Er verweist darauf, dass die BRN drei Jahrzehnte unter der Verantwortung von CDU-Bürgermeistern stattfinden konnte. Jetzt seien die entscheidenden Ämter unter der Kontrolle von grünen Bürgermeistern. "Liebe Grüne, wollt ihr die Totengräber der BRN sein?"

Wegen der Auflagen hätten viele Schausteller und Gastronomen bereits ausgegeben, so FDP-Fraktionschef Holger Zastrow. "Es gibt auch ein verändertes Kaufverhalten, viele warten bis kurz vor der Veranstaltung. Es gibt weniger private Sponsoren und es sind immer weniger Leute bereit, etwas auf die Beine zu stellen. Das hat was mit Bürokratie zu tun und das haben wir auch in der Hand." Es sei übertrieben, für jeden Feuerkorb nun auch noch eine polizeirechtliche Genehmigung vorlegen zu müssen.

Was sagt OB Dirk Hilbert zum Feste-Sterben in Dresden?

Auch Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sieht die Probleme. "Es gibt zwei wesentliche Gründe, die das Veranstalten schwieriger machen - egal ob im ehrenamtlichen oder kommerziellen Bereich." Dafür benennt er die steigenden Kosten für Energie, Personal, zur Erfüllung der Sicherheitsanforderungen und bei Gebühren.

"Es gibt aber auch eine Regelungsdichte und Bürokratisierung", so Hilbert. "Das ist nicht ausschließlich den Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung zuzuschieben." Er verweist auf Katastrophen wie bei der Loveparade in Duisburg und den Anschlag auf den Berliner Weihnachtmarkt. "Das hat die Sicherheitsanforderungen erhöht und dafür trägt die Verwaltung Verantwortung." Dazu kommen Beschwerden von Anwohnern, die nicht ignoriert werden dürfen.

Die Verwaltung sei aber mit der Industrie- und Handelskammer Dresden und den Veranstaltern in Gesprächen. Ziel sei es, Wege zu finden, wie Veranstalter bestmöglich unterstützt werden können. "Wenn jemand einmal im Jahr eine Veranstaltung durchführt und es regnet da stark, dann kommt er natürlich nicht auf seine Kostenstruktur", so der OB. Dafür sei eine Art Ausfallbudget für extreme Ausnahmen geplant.

Die Sicherheitsanforderungen müssten aber sehr ernst genommen werden. Die Stadt habe bereits Technik wie etwa für den Striezelmarkt angeschafft und überlege nun, Schilder und Absperrtechnik kleinen Veranstaltern zur Verfügung zu stellen. "Und es gibt Auflagen, die sich fachlich widersprechen", räumt Hilbert ein. "Da muss abgewogen werden, um es den Veranstalter zu erleichtern - unter Wahrung von Recht und Gesetz." Es soll klare Ansprechpartner und Unterstützungsangebote geben. "Ich glaube, dass wir so zu deutlichen Verbesserungen kommen", kündigt Hilbert an.