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Nach "Heibo"-Räumung: Polizei weiter mit Wald-Einsatz befasst

Die Waldbesetzer im Heidebogen bei Dresden sind verschwunden, die Debatte bleibt. Am Tag nach der Räumung des Protestcamps, richtet sich der Blick von Naturschützern bereits nach vorn.

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Viele Klimaaktivisten im Waldstück Heidebogen harrten bis zuletzt aus. Doch gegen Technik und das entschlossene Eingreifen von Polizisten waren sie am Ende machtlos. Mit ihrem Protest haben sie die Öffentlichkeit dennoch für das Thema sensibilisiert.
Viele Klimaaktivisten im Waldstück Heidebogen harrten bis zuletzt aus. Doch gegen Technik und das entschlossene Eingreifen von Polizisten waren sie am Ende machtlos. Mit ihrem Protest haben sie die Öffentlichkeit dennoch für das Thema sensibilisiert. © SZ/Veit Hengst

Dresden/Ottendorf-Okrilla. Die Polizei bleibt mit den Folgen des Einsatzes gegen Klimaaktivisten im Waldstück Heidebogen nördlich von Dresden beschäftigt. Die Nacht zum dritten Einsatztag sei aus polizeilicher Sicht ruhig verlaufen, teilte die Polizeidirektion Görlitz am Freitag mit.

Am Vortag seien zwei Männer und eine Frau wegen des Widerstands gegen Beamte dem Haftrichter vorgeführt worden. Sie hätten sich zudem geweigert, ihre Identität preiszugeben. Nachdem sie mehrere hundert Euro als Sicherheitsleistung hinterlegt hätten, seien sie aus dem Gewahrsam entlassen worden, hieß es.

"Zwei an den Händen zusammengeklebte Personen befinden sich aktuell noch im Polizeigewahrsam", erklärte die Polizei weiter. Es handle sich um ein Mann und eine Frau, deren Identität noch ungeklärt sei. Die beiden lehnten seit Donnerstag strikt jegliche medizinische Hilfe ab. Die Beamten bemühten sich darum, das Paar davon zu überzeugen, sich zu trennen und behandeln zu lassen. Da seit Donnerstag alle Baumhäuser und Plattformen beseitigt sind, müssten nun noch die am Boden befindlichen Überreste entsorgt werden.

© SZ/Veit Hengst
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Unklar war zunächst, ob die Aktivisten für die Räumung zur Kasse gebeten werden. Das hätte zwar nicht den eigentlichen Polizeieinsatz betroffen, eventuell aber den Mehraufwand, den Polizei und der Staatsbetrieb Sachsenforst als Eigentümer der Fläche durch Anmietung von Technik hatten. Sachsenforst winkte am Freitag aber ab. "Notwendige behördliche beziehungsweise polizeiliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Waldbesetzung bei Würschnitz sind aus dem durch den Doppelhaushalt 2023/2024 zugewiesenen Budget von Sachsenforst zu tragen", teilte das Unternehmen mit.

Der Protest der Aktivisten richtete sich gegen den Kiesabbau in der Region. Umweltschützer befürchten eine Austrocknung nahe liegender Moore, die vor allem zur Speicherung von Wasser und Kohlendioxid gebraucht werden. Das Kiesunternehmen KBO besitzt für den Abbau im Gebiet "Würschnitz 1" eine Genehmigung. Der Widerstand der Klimaaktivisten wandte sich deshalb auch gegen eine Ausweitung des Kiesabbaus für die Fläche "Würschnitz-West", für die derzeit das Planfeststellungsverfahren läuft.

BUND und Besetzer kritisieren Ausweitung der Rodungsfläche

Inzwischen zog auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Sachsen ein Fazit zu dem Geschehen und überschrieb es mit dem Satz: "Das Waldbesetzungscamp schwindet – der Widerstand bleibt". Es gehe um den anhaltenden Konflikt Wald gegen Kies, um Klima- und Artenschutz gegen Wohnungs- und Straßenbau". Der Heidebogen sei ein wertvolles und sensibles Ökosystem mit Mooren, Natur- und Vogelschutzgebieten. Die Kiesvorkommen würden das hydrologische Gesamtgefüge der Gegend regulieren.

"Der Fall "Würschnitz 1" lässt viele voller Unverständnis zurück", hieß es vom BUND. Das Verfahren sei zwar genehmigt, es handle sich aber um eine stumpfe Umsetzung von Verträgen aus den 90er Jahren, die aus heutiger Sicht untragbar für Umwelt- und Naturschutz seien. So dürfe und könne man im Heidebogen wie auch in anderen Orten Deutschlands nicht weitermachen. "Auch ist es höchste Zeit, dass wir in Anbetracht der rasend schnell fortschreitenden Biodiversitäts- und Klimakrise den Bausektor generell radikal überdenken", erklärte der Dresdner BUND-Chef Martin Ahlfeld.

Der BUND und die Aktivisten kritisierten die diesjährige Ausweitung der Rodungsfläche um 2,5 Hektar. Tatsächlich hatten die Behörden die Fläche zunächst mit fünf Hektar angegeben, inzwischen wurde sie mit 7,5 Hektar veranschlagt. Mit Blick auf den von KBO gewünschten Abbau von Kies auf dem Areal "Würschnitz-West" forderte der BUND eine Prüfung von Alternativen. "In Zeiten der Klimakrise mit Dürren und Starkregen müssen Moore und puffernde Ökosysteme, wie sie im Heidebogen vorliegen, einen ganz anderen Stellenwert für uns haben." (dpa)