Dresden
Merken

Prozess: Messerattacke auf Dresdner Fahrscheinkontrolleur

Ein erwischter Schwarzfahrer hat sich betrogen gefühlt. Dann eskaliert die Lage. Der 24-Jährige muss sich jetzt wegen versuchten Totschlags verantworten.

Von Alexander Schneider
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Prozessauftakt am Landgericht Dresden. Aldeen J. (l., hier mit seinem Verteidiger Ulf Israel) soll einen Fahrscheinkontrolleur niedergestochen haben, nachdem er beim Schwarzfahren erwischt wurde.
Prozessauftakt am Landgericht Dresden. Aldeen J. (l., hier mit seinem Verteidiger Ulf Israel) soll einen Fahrscheinkontrolleur niedergestochen haben, nachdem er beim Schwarzfahren erwischt wurde. © Foto: Alexander Schneider

Dresden. Fahrscheinkontrolleur René S. ist es gewohnt, regelmäßig beleidigt zu werden. Nicht nur im Dienst, es sei auch schon in der Schule so gewesen, sagt er. Wenn er jedes Mal eine Anzeige erstatten würde, säße er nur noch bei der Polizei herum. Das ist schon schlimm genug für den Mann. Doch was er im Herbst vergangenen Jahres erlebte, stellt das alles in den Schatten. Der 35-Jährige wurde bei einem Gerangel mit einem renitenten Fahrgast niedergestochen.

Der Fahrgast ist Aldeen J. Der 24-jährige Syrer wurde kurz nach der Tat am 30. Oktober verhaftet. Am Freitag hat sein Prozess vor dem Landgericht Dresden begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem versuchten Totschlag vor.

Laut Anklage ist J. am 30. Oktober mit der Linie 66 vom Strehlener Platz Richtung Nickern unterwegs gewesen – allerdings ohne Fahrschein für sich und sein Rad. 5,60 Euro hätte er für sich und sein Fahrrad lösen müssen. An der Endhaltestelle „Alter Postweg“, Joseph-Keilberth-Straße, sei ihm ein „erhöhtes Beförderungsentgelt“ von 120 Euro angekündigt worden, die üblichen 60 Euro für ihn, und weitere 60 Euro für sein Rad.

Aldeen J. soll dann mit einem Butterfly-Messer in den vorderen linken Busreifen gestochen haben. Als der Fahrscheinkontrolleur daraufhin ihm nacheilte, seien beide bei einem Gerangel zu Boden gefallen. Beim Aufsteigen habe J. dem 35-Jährigen zwei Stiche in die linke Hüfte und den linken Unterbauch zugefügt. J. habe in Tötungsabsicht gehandelt, so der Staatsanwalt. Weitere Vorwürfe gegen J. sind etwa Sachbeschädigung und Führens einer verbotenen Waffe, dem Butterfly-Messer.

Auf dem Weg zur Freundin

Der Angeklagte räumte die Tat ein und betonte, er habe den Kontrolleur nicht töten wollen. Er sei auf dem Weg zu seiner Freundin gewesen, habe die Fahrkarte vergessen. Er habe sich „betrogen“ gefühlt, weil er 120 Euro habe zahlen sollen. J. hatte damals zwei Jobs in einer Druckerei und als Reinigungskraft. Nach der Nachtschicht habe er wenig geschlagen. Er sei auch erregt gewesen, weil ihm am Tag zuvor sein teures Handy abhandengekommen sei.

Glücklicherweise drang die Klinge nicht in die Bachhöhle des Kontrolleurs ein, die Verletzungen waren nicht lebensbedrohlich. Die Stiche wurden genäht, nur eine Nacht war der 35-Jährige in der Klinik. Doch der Geschädigte habe auch psychisch unter den Folgen zu leiden.

Er berichtete, dass J. sich zunächst auf der Fahrt nach Nickern gegenüber seiner Kollegin nicht ausweisen wollte. Sie hätten daher schon die Polizei gerufen, damit die Beamten eine Anzeige wegen Schwarzfahrens verfolgen und in dem Zusammenhang die Personalien des Unbekannten klären können. Routine. Schließlich habe der Angeklagte ihm, seinen Ausweis gezeigt. Man habe die Beamten abbestellen können.

Nachdem der Radler den Reifen platt gestochen habe, sei er ihm hinterhergelaufen, sagt René S. Aus Courage. An das Gerangel, gar dass beide Männer dabei umfielen, erinnerte er sich nicht. Auch die Messerstiche habe er zunächst nicht bemerkt, dachte es seien Schläge gewesen.

Das Schwurgericht hat zunächst zwei weitere Verhandlungstage geplant.