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Semperoper in Dresden strahlt nach Corona wieder

Das Publikum kehrt in die Semperoper zurück und ist begeisterter denn je, sagt Intendant Theiler nach einer „fast normalen“ Saison. Doch es gibt auch Schatten.

Von Bernd Klempnow
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Ein Prachtbau, der für Dresden und Sachsen wirbt und Millionen an touristischen Einnahmen generiert: die Semperoper Dresden. Die Unterstützung von Stadt und Land freilich ist derzeit teils dürftig,
Ein Prachtbau, der für Dresden und Sachsen wirbt und Millionen an touristischen Einnahmen generiert: die Semperoper Dresden. Die Unterstützung von Stadt und Land freilich ist derzeit teils dürftig, © Fotostand

Das Dresdner Publikum verliert seinen Ruf als schaumgebremst. Vor Corona applaudierten hiesige Zuschauer freundlich, aber eher verhalten. Seitdem die Corona-Auflagen aufgehoben sind und die Säle allmählich wieder voll werden, ist ein allgemeiner Enthusiasmus beim Schlussbeifall auszumachen. „Es geht sofort in Standing Ovations über, was unsere Künstler und uns sehr glücklich macht“, berichtete am Dienstag Semperopern-Intendant Peter Theiler, als er die Bilanz der nun zu Ende gehenden Spielzeit 2022/23 zog.

Intendant Peter Theiler (l.) und sein Star: der Dirigent Christian Thielemann als Chef der Sächsischen Staatskapelle.
Intendant Peter Theiler (l.) und sein Star: der Dirigent Christian Thielemann als Chef der Sächsischen Staatskapelle. © dpa

Ähnliches ist derzeit auch in anderen Häusern zu erleben. Erklärungsversuche sind „aufgestauter Erlebnishunger“ bis „anderer Zugang nach der Krise zu emotionalen Momenten“. Wer weiß? Unkenrufe, die Oper sei nach der Pandemie am Ende, hätten sich nicht bewahrheitet.

Von Monat zu Monat strömt mehr Publikum in das Theaterflaggschiff des Freistaates, auch wenn die derzeit 88 Prozent Auslastung noch nicht das Vor-Corona-Niveau von über 90 Prozent ist. Vor allem das sogenannte Gruppenpublikum, sprich Bus-Touristen, würden fehlen. Auch diese Erkenntnis teilen andere Häuser wie die Staatsoperette. Ebenso, dass die Entscheidung zum Besuch kurzfristiger kommt. Die Abendkasse ist ein ernstzunehmender Faktor geworden.

Verwerfungen nach Corona

„Wir sind mit der fast normalen Spielzeit zufrieden, weil wir künstlerische eine sehr erfolgreiche hatten.“ Freilich hat Corona zu Verwerfungen geführt. Damit sind nicht unbedingt jene Produktionen gemeint, die in den vergangenen drei Jahren verschoben oder ganz gestrichen werden mussten. Durch die langen Schließzeiten sind viele Inszenierungen über Jahre nicht gespielt worden, sodass jetzt die Wiederaufnahmen fast wie Neuproduktionen behandelt werden müssen. Selbst Dauerbrenner lagen ewig, wie der „Freischütz“ gut vier Jahre. Um allen Beteiligten genügend Sicherheit zu geben, brauchte es mehr Bühnenproben. Entsprechend weniger Vorstellungen waren möglich. Dennoch wird die Semperoper bis Mitte Juli rund 250 Veranstaltungen gegeben haben.

Allerdings: Trotz teils sehr hoher Eintrittspreise, etwa für Vorstellungen unter dem Wagner- und Strauss-Dirigenten Christian Thielemann, ist das Verhältnis von Einnahmen und den explodierenden Kosten „in keiner Weise mehr gegeben“, sagt der auch für die Semperoper zuständige Kaufmännische Geschäftsführer der Sächsischen Staatstheater Wolfgang Rothe. Er sprach von einem enormen betriebswirtschaftlichen Druck. Allein ein Prozent Tarifsteigerung würde bei den gut 1.000 Mitarbeitern von Oper und Staatsschauspiel um die 800.000 Euro ausmachen.

Auf Augenhöhe mit Opernhäuser in Mailand und Paris

Theiler formulierte den Anspruch der Semperoper, auf Augenhöhe mit Häusern wie in Mailand, München, Paris oder London zu spielen. Dabei sei die Sächsische Staatsoper ein „Exzellenzbetrieb“, der an Koproduktionen mit ausländischen Bühnen auch in Zukunft festhalten wolle. Sie seien gut fürs Renommee und würden vielleicht dortige Besucher verführen, das Dresdner Haus mal besuchen zu wollen. Puccinis „Butterfly“ etwa war in Kooperation mit Theatern in Tokio und San Francisco entstanden und wurde zuletzt in der amerikanischen Westküstenmetropole gezeigt.

Doch, es gibt auch Schatten. Das Anfang der 80er-Jahre errichtete Funktionsgebäude hinter der Semperoper muss dringend generalsaniert werden. „In den vergangenen 40 Jahren haben sich die Anforderungen an Haus, Mitarbeiter und Technik deutlich verändert, die Aufgaben potenziert, wir müssen überfällig sanieren, modernisieren und erweitern“, so Rothe. Ebenso ist ein seit zehn Jahren versprochenes Probebühnenzentrum für Oper und Schauspiel nicht annähernd in Sicht. Momentan werden die Vorhaben von Stadt und Land immer weiter hinausgeschoben. Rothes Fazit: „Ein wenig mehr Empathie in der Begleitung unserer Arbeit wäre schön!“