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Wegen Corona: Dresdens Sport schrumpft

Der Stadtsportbund meldet rund 2.000 Mitglieder weniger. Besonders trifft es den Kinder- und Jugendbereich. Investitionen in Sportstätten sollen das ändern.

Von Alexander Hiller
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Leere Hallen, kaum Sportangebote. Der Sport in Dresden verliert während der Corona-Krise zunehmend Mitglieder.
Leere Hallen, kaum Sportangebote. Der Sport in Dresden verliert während der Corona-Krise zunehmend Mitglieder. © kairospress

Dresden. Die Zahlen sind nicht alarmierend, aber schon jetzt besorgniserregend. Der Stadtsportbund Dresden (SSB) hat am Dienstag die aktuellen Mitgliederzahlen seiner Vereine veröffentlicht. Erstmals seit vielen Jahren sank die Mitgliederzahl - um 1.947 auf nunmehr 109.076 Mitglieder (Stand 31. Januar 2021). Jeder fünfte Dresdner ist damit im Sport der Stadt organisiert. Doch auch Dresden liegt im allgemeinen und Corona-bedingten Abwärtstrend. Der Landessportbund Sachsen beklagte vor wenigen Tagen den Schwund um knapp 20.000 Mitglieder. Dynamo Dresden bleibt mit 23.399 zum Stichtag der Datenerhebung der größte Verein - auch sachsenweit.

"Die Entwicklung ist nicht so schwierig, wie man das aufgrund der allgemeinen Lage erwarten könnte. Da gibt es schon eine Treue der Klubmitglieder zu ihren Vereinen", schätzt SSB-Chef Lars-Detlef Kluger ein. Die Zahl der Vereine ist im Vergleich zum Vorjahr sogar gewachsen: von 385 auf 399. "Wir kommen in der Gesamtstatistik für Dresden noch ganz gut weg", erklärt auch SSB-Geschäftsführer Robert Baumgarten.

Die Vereine in der Stadt kämpfen jedoch ebenfalls mit den erheblichen Ein- und Beschränkungen. Im Grunde liegt der Amateursport seit März 2020 still, und das mit kleineren Ab- und Aufweichungen bis heute. Das macht sich bei den im SSB organisierten Vereinen vor allem im Kinder- und Jugendbereich bemerkbar. Der Verein Sport&Jugend, der sich auf das Kindergartenalter spezialisiert und über 1.000 Mitglieder hat, beklagt mit 121 Austritten den größten absoluten Schwund. Auch Dynamo Dresden hat laut SSB-Statistik im Altersbereich bis 18 Jahre insgesamt 107 Mitglieder weniger als im Vorjahr.

Forderung nach Öffnung der Sportstätten

"Ein Großteil des Schwundes passiert in der Altersklasse von null bis 14 Jahren", erklärt Baumgarten. In dieser Alterspanne fiel die Mitgliederzahl von 36.681 auf 34.515. Im Altersbereich ab 50 Jahren sind indes kleine Zuwächse zu verzeichnen. "Fluktuation gibt es regelmäßig. Wir haben immer Verluste und Gewinne, was in der Regel bislang stets zu einem Wachstum geführt hat. Aber für das Jahr 2021 fehlen komplett die Neuaufnahmen", erklärt der Geschäftsführer. Dass aufgrund persönlicher Schicksale zum Beispiel Beiträge nicht mehr gezahlt werden können, trägt nach Ansicht des SSB nicht zu den sinkenden Zahlen bei.

SSB-Präsident Kluger führt das auf die fehlenden Angebote der Vereine in den verschiedenen Lockdown-Szenarien zurück. "Wir glauben, die Mitglieder bleiben ihrem Verein treu, auch wenn sie derzeit nicht trainieren können - trotz Corona. Die Vereine konnten potenziellen neuen Interessenten aber keine Sportangebote unterbreiten. Natürlich muss im Rahmen der Allgemeindiskussion auch die Öffnung von Sportstätten und Wiederbelebung des Breitensports bedacht werden", sagt Kluger, der hauptberuflich als Schulleiter arbeitet.

"Wir können uns nicht nur durch Chemie vor der Infektion schützen, sondern müssen auch natürliche Maßnahmen zur Gesunderhaltung des körperlichen Systems nutzen. Das ist nun mal der Sport - Sport ist ein Beitrag, das Immunsystem zu stärken. Wir glauben, dass das derzeit zu wenig bedacht wird", betont er und nennt drei Ansätze, um die Verluste zu stoppen.

Robert Baumgarten arbeitet hauptamtlich als Geschäftsführer des Stadtsportbundes Dresden.
Robert Baumgarten arbeitet hauptamtlich als Geschäftsführer des Stadtsportbundes Dresden. © Christian Juppe

"Der erste Ansatz ist, dass Vereine, sofern das möglich ist, ihre Angebote sportstättenunabhängig unterbreiten. Das geht beim Wanderverein am besten, beim Schwimmverein ist das natürlich schwieriger", sagt er. Eine weitere Möglichkeit sieht Kluger im öffentlichen Druck, die Sportstätten und den Amateur- und Breitensport wieder schrittweise zu öffnen. "Dafür sollten nicht nur Inzidenzzahlen ausschlaggebend sein. Die politische und auch wissenschaftliche Entwicklung geht in diese Richtung, dass wir andere Schlussfolgerungen ziehen."

Den dritten Ansatz sieht Kluger darin, die Investitionen in den Dresdner Sport in die Breite zu bringen - also fernab der Millionenprojekte wie Steyer-Stadion, Margon-Arena oder das Nachwuchsleistungszentrum von Dynamo Dresden. "Schon vor der Corona-Pandemie ist es den Vereinen zunehmend schwergefallen, neue Mitglieder aufzunehmen", sagt Kluger, der das vor allem an der schlechten Infrastruktur festmacht. "Wir sind da jetzt an einer Kapazitätsgrenze."

Im Dezember 2019 stellte der Dresdner Stadtrat in seinem Beschluss zur Sanierungs- und Entwicklungskonzeption für Sportstätten (Saneko) fest, dass der Bedarf für die Aufrechterhaltung und Erweiterung der Dresdner Sportinfrastruktur zu diesem Zeitpunkt bei 307 Millionen Euro lag. "Unsere Angst ist, dass ein Großprojekt nach dem anderen in den Fokus kommt, aber die vielen kleinen Sportstätten zu sanieren oder zu entwickeln, nicht so sehr berücksichtigt werden, wie das nötig wäre", sagt der SSB-Präsident.