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Das sind die Dresdner Sportler des Jahres

Im Mittelpunkt der unter Coronabedingungen eingedampften Ehrung steht ein Mann, der gar nicht so gern im Mittelpunkt steht.

Von Alexander Hiller
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Die Footballer der Monarchs posieren mit Kanu-Olympiasieger Tom Liebscher und Wasserspringerin Tina Punzel.
Die Footballer der Monarchs posieren mit Kanu-Olympiasieger Tom Liebscher und Wasserspringerin Tina Punzel. © ronaldbonss.com

Dresden. Der unscheinbare kleine Mann kämpft mit den Tränen. Boris Rozenberg, Bundesstützpunkt-Trainer der Wasserspringer in Dresden, sorgt am Samstagabend für die emotionalsten Momente bei der Ehrung für die „Dresdner Sportler des Jahres 2021“ im Internationalen Congress Centre.

Der Dresdner Trainer des Jahres

Die Auszeichnung trifft einen, der in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle spielt. Das liegt zum einen an Boris Rozenberg selbst. Der Bundesstützpunkt-Trainer in Dresden steht hinter den Erfolgen seiner Aushängeschilder Tina Punzel und Martin Wolfram. Aber über seine Arbeit spricht er gar nicht so gern. Das liegt einerseits daran, dass er von Natur aus zurückhaltend ist. Und daran, dass der er gebrochen Deutsch spricht, man muss sich konzentrieren, um seinen Sätzen zu folgen. Rozenberg ist das bewusst. Aber nun steht er unfreiwillig, aber völlig zu recht im Mittelpunkt. Mit 19 Prozent der abgegeben Stimmen wird der leise Mann Dresdner Trainer des Jahres. Die knappste aller vier Entscheidungen. Jens Kühn (Kanu), Ulrich Däuber (Football/Monarchs) und Alexander Waibl (DSC-Volleyball) folgen mit minimalem Rückstand im Promillebereich.

In Dresden geehrt – mit den Gedanken in seiner ukrainischen Heimat: Wassersprung-Bundesstützpunkttrainer Boris Rozenberg.
In Dresden geehrt – mit den Gedanken in seiner ukrainischen Heimat: Wassersprung-Bundesstützpunkttrainer Boris Rozenberg. © ronaldbonss.com

Dass Tina Punzel in Tokio mit ihrer Synchronpartnerin Lena Hentschel mit Bronze die erste deutsche Olympiamedaille holt, ist auch Rozenbergs Verdienst. Doch den bewegen mittlerweile ganz andere Gedanken. Der 62-Jährige stammt aus der Ukraine, seit 2003 arbeitet er in Deutschland. „Ich habe Boris Rozenberg als jemanden wahrgenommen, als einer von den vielen, die hier nach Dresden kommen und unsere Stadt reicher, glücklicher und vielfältiger machen. Ich habe gar nicht darüber nachgedacht, von woher er zu uns gekommen ist“, sagt Dresdens Sportbürgermeister Peter Lames in seiner Laudatio.

Rozenberg hat in Vorbereitung auf die Spiele in Tokio den Entschluss gefasst, seine beiden Schützlinge Tina Punzel und Martin Wolfram in Dresden nachts trainieren zu lassen, um den beiden bei Sieben Stunden Zeitunterschied die Folgen des Jetlags zu minimieren. Der Plan ist aufgegangen. Punzel wurde Olympia-Dritte, Wolfram nach einer endlosen Verletzungshistorie sensationell Siebenter.

„Das Thema ist sehr schwierig, sehr traurig. Ich hoffe, dass zum Ende das Licht und das Gute gewinnt“, sagt Rozenberg über den Krieg in seiner Heimat. Die Verwandten seiner Frau und viele seiner Kollegen leben in Mariupol. „Natürlich wollen wir maximal helfen, was wir machen können.“ Zur Gala hat er eine ukrainische Trainerkollegin mitgebracht, in dieser Woche werden die ersten Sportler aus dem Kriegsgebiet auch bei den DSC-Wasserspringern erwartet. Ein Teil der Sportler und Trainer aus der Ukraine ist bereits an andere Bundesstützpunkte verteilt.

Seine Prämie als Trainer des Jahres in Höhe von 1.000 Euro wird Rozenberg spenden, Tina Punzel ebenfalls. „Boris treibt uns immer voran, selbst wenn wir mal den Antrieb verlieren. Er spielt die entscheidende Rolle für unsere Erfolge“, sagt Martin Wolfram. Mit seinen Athleten spricht Rozenberg auch über seine innere Zerissenheit. Hier der Job, die Heimat jedoch im Herzen und die Gedanken bei den Angehörigen. „Er lässt uns an dem Prozess ein bisschen teilhaben, ist da aber auch in sich gekehrt. Man merkt, dass es ihn sehr belastet“, unterstreicht Wolfram. „Das Training ist für ihn eine willkommene Abwechslung. Das ist auch ganz wichtig. Da ist viel Feingefühl gefragt“, ergänzt Punzel.

Dresdens Sportlerin des Jahres

„Das war für mich wirklich ein überragendes Jahr und ich freue mich, dass das hier noch einmal gewürdigt wird“, sagte Tina Punzel, die überragende deutsche Wasserspringerin der letzten Jahre. Mit 28,5 Prozent gewann sie vor Shorttrackerin Anna Seidel und Gehörlosen-Schachweltmeisterin Annegret von Erichsen.

Die 26-Jährige vom Dresdner SC will nach einer kleinen gedanklichen und sportlichen Auszeit weitermachen, hat sich neu sortiert. „Das eine oder andere Ziel habe ich schon noch gefunden. Bei einer WM habe ich noch keine Medaille in einer olympischen Disziplin. Das wäre doch noch was. Ich schaue von Jahr zu Jahr, wie es mir Spaß macht“, erklärte sie.

Wasserspringerin Tina Punzel ist nach ihrem erfolgreichsten Karrierejahr Dresdner Sportlerin des Jahres 2021. Ihre Prämie in Höhe von 1.000 Euro will sie spenden.
Wasserspringerin Tina Punzel ist nach ihrem erfolgreichsten Karrierejahr Dresdner Sportlerin des Jahres 2021. Ihre Prämie in Höhe von 1.000 Euro will sie spenden. © ronaldbonss.com

Dresdens Sportler des Jahres

Das wird langsam zur Gewohnheit. Weltklasse-Kanute Tom Liebscher vom KC Dresden wurde zum sechsten Mal in Folge zum „Dresdner Sportler des Jahres“ gewählt. Der Doppel-Olympiasieger, der mit dem Vierer den Gold-Triumph von Rio wiederholte, setzte sich mit großem Vorsprung vor Wasserspringer Martin Wolfram durch – und Tobias Hammer – vielleicht Liebschers Thronerbe unter Dresdner Kanuten.

Der 28-jährige Liebscher verfolgt in diesem Jahr vor allem einschneidende private Pläne. Seit dem 1. April ist er mit seiner ungarischen Lebensgefährtin Dora Lucz (27), die bereits in Dresden lebt, verlobt. Die Hochzeit des soll noch in diesem Jahr stattfinden. Perspektivisch gesehen will Liebscher offenbar bis Olympia 2024 weitermachen. „Mein Trainer hat noch drei Jahre bis zur Rente, deswegen kann ich die auch noch weitertrainieren“, sagt er augenzwinkernd und erntet von den 300 geladenen Gästen Applaus und einige Lacher.

Weltkasse-Kanute Tom Liebscher will im Sommer seine ungarische Verlobte Dora Lucz heiraten. Das Kanu-Traumpaar wohnt bereits zusammen in Dresden.
Weltkasse-Kanute Tom Liebscher will im Sommer seine ungarische Verlobte Dora Lucz heiraten. Das Kanu-Traumpaar wohnt bereits zusammen in Dresden. © ronaldbonss.com

Dresdner Mannschaft des Jahres

Für die Premiere gab es den verdienten Lohn. Mit 34,9 Prozent wurden die Footballer der Dresden Monarchs vor den DSC-Volleyballerinnen (20,7) und Dynamo Dresden (9,9) zum Dresdner Team des Jahres gewählt. Die beiden erstgenannten Teams hatten den deutschen Meistertitel an die Elbe geholt, die Monarchs allerdings zum ersten Mal in ihrer mittlerweile 30-jährigen Vereinsgeschichte. Am 9. Oktober hatten die Sachsen im Endspiel um den German Bowl die Schwäbisch Hall Unicorns mit 28:19 besiegt.

Dass die Amateur-Sportler an den beliebten wie erfolgreichen DSC-Volleyballerinnen vorbeiziehen würden, ist dennoch eine kleine Überraschung. „Mir fehlen die Worte. Das hat uns sehr gefreut und auch etwas überrascht“, sagte Cheftrainer Ulrich Däuber auf der kleinen Bühne. „Unser Motto ist: Do it again“, erklärte er. „Wir wollen den Pott wieder nach Dresden holen.“

Ulrich Däuber (3. v.r. mit Mikrofon) erklärt noch einmal den großen sportlichen Erfolg der Dresden Monarchs. Und der Cheftrainer des deutschen Footballmeisters gibt vor einem Bruchteil seiner Spieler gleich ein neues Motto aus: „Do ist again“ – frei übers
Ulrich Däuber (3. v.r. mit Mikrofon) erklärt noch einmal den großen sportlichen Erfolg der Dresden Monarchs. Und der Cheftrainer des deutschen Footballmeisters gibt vor einem Bruchteil seiner Spieler gleich ein neues Motto aus: „Do ist again“ – frei übers © ronaldbonss.com