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Streik im Nahverkehr Dresden hat begonnen - Fahrgäste zwischen Ärger und Verständnis

Die Dresdner Verkehrsbetriebe werden seit 3 Uhr bestreikt. Bahnen und Busfahrten fallen aus. Taxis sind stellenweise nur schwer zu bekommen. Anzeigetafeln zeigen nicht alle Ausfälle aus.

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Freitag ist Streiktag: Busse und Bahnen in Dresden fallen seit 3 Uhr morgen aus.
Freitag ist Streiktag: Busse und Bahnen in Dresden fallen seit 3 Uhr morgen aus. © Jonas Niesmann

Dresden. Der 24-stündige Warnstreik im Dresdner Nahverkehr hat begonnen. Busse, Straßenbahnen und Fähren der DVB seien an diesem Freitag nicht im Einsatz, teilten die Verkehrsbetriebe am Morgen mit. Betroffen seien auch Fahrten, die von den Unternehmen DVS und RVSOE durchgeführt werden.

Viele Haltestellen sind am Morgen verwaist. Zumindest scheinen die Fahrgäste zu wissen, dass heute nichts oder kaum etwas rollen wird.

Die Haltestelle am Wiener Platz - ein Geisterhalt. Keine Menschen warten dort am Freitagmorgen - eine Zeit, zu der normalerweise viel los ist am Hauptbahnhof.
Die Haltestelle am Wiener Platz - ein Geisterhalt. Keine Menschen warten dort am Freitagmorgen - eine Zeit, zu der normalerweise viel los ist am Hauptbahnhof. © Jonas Niesmann

Die Versuche, auf andere Verkehrsmittel auszuweichen, klappen nicht immer auf Anhieb. Ein Mann, der am Freitagmorgen Bahnhof Neustadt angekommen ist, sagt: "Ich komme gerade von einer Dienstreise und müsste eigentlich direkt in die Arbeit. Das wird jetzt wohl nichts, ich bekomme auch im Moment kein Taxi."

"Wer soll das höhere Gehalt bezahlen? Die Fahrgäste"

Das Verständnis für den Streik hält sich bei Passanten in Grenzen, die am Morgen am Neustädter Bahnhof unterwegs sind. "Ich fahre normalerweise mit meinem Fahrrad ein Stück Straßenbahn und dann weiter zur Arbeit", erzählt einer. "Jetzt muss ich auf die S-Bahn ausweichen, das ist für mich umständlicher und dauert länger." Die S1 ist gegen 7.30 Uhr zwar gut gefüllt, aber nicht übervoll. Für den Streik habe der Fahrgast kein Verständnis. "Die kriegen den Rachen nicht voll genug, haben doch eben erst eine großzügige Erhöhung bekommen." Der Streik gehe zu Lasten derer, die sich anderen Verkehr nicht leisten könnten oder wollten, weil sie umweltbewusst unterwegs seien. "Das halte ich für falsch."

Luis würde jetzt normalerweise in eine Straßenbahn steigen. Er hofft, dass doch noch ein Bus kommt, sonst wäre er mindestens eine Stunde zu Fuß unterwegs. Auch er habe für den Streik kein Verständnis: "Es nervt, und wer soll das höhere Gehalt am Ende bezahlen? Die Fahrgäste."

Anzeigetafeln und Internetauskunft funktionieren nicht

Auf Buslinien, die von den DVB selbst betrieben werden, sollte man am Freitag besser nicht warten. Darüber hinaus werden auch die Linien ausfallen, die von der DVS betrieben werden - das sind die Linien 61, 66, 68, 72, 73, 77, 79, 85 und 88. Chancen könnten Fahrgäste auf den Linien 65, 74. 78, 84 und 90 haben, die von Täter-Tours betrieben werden. Das Unternehmen wird nicht bestreikt. Aber ob diese pünktlich fahren können oder von Streikenden anderer Betriebe daran gehindert werden, vom Betriebshof zu kommen, war am Morgen unklar.

Nicht alle Fahrgäste sind an diesem Morgen verärgert. Karin Tümpel zum Beispiel. "Ich fahre sonst mit dem 61er- oder 63er-Bus, heute habe ich stattdessen das Fahrrad genommen", erzählt sie. Das habe gar nicht viel länger gedauert. "Für den Streik habe ich Verständnis, Tarifverhandlungen sind wichtig und wenn die Unternehmen junge Leute finden wollen, müssen auch die Arbeitsbedingungen stimmen."

Laut DVB-Verbindungsauskunft findet der Streik am Freitag nicht statt. Am Morgen wurden alle Fahrten als planmäßig angezeigt, zum Beispiel für die Haltestellen am Hauptbahnhof.
Laut DVB-Verbindungsauskunft findet der Streik am Freitag nicht statt. Am Morgen wurden alle Fahrten als planmäßig angezeigt, zum Beispiel für die Haltestellen am Hauptbahnhof. © DVB.de/Screenshot: Sächsische.de

Schwierig für Fahrgäste: DVB und VVO haben zwar angekündigt, dass Fahrten in der digitalen Verbindungsauskunft auftauchen, die nicht stattfinden. Allerdings baten sie Fahrgäste, kurz vor Fahrtantritt noch einmal in das System zu schauen, ob die Fahrten mit "Ausfall" gekennzeichnet sind. Laut Verbindungsauskunft müssten jedoch alle Fahrten am Freitagmorgen stattfinden - die Auskunft funktioniert nicht.

Das gilt auch für die Anzeigetafeln an den Haltestellen. Carola Wähner sagt, sie stehe jetzt - kurz vor 7 Uhr - seit einer halben Stunde an der Haltestelle vorm Hauptbahnhof, weil laut Anzeige die "66" kommen sollte, sie kommt aber einfach nicht. Sie hat im Grunde Verständnis für den Streik, findet aber, dann müssten wenigstens die Anzeigen funktionieren, damit man wisse, woran man sei. "Das ist dann schon ärgerlich."

Die DVB verweisen darauf, dass bei Streiks die Mobilitätsgarantie der Verkehrsbetriebe nicht wirksam ist und es deshalb keinen Ersatzanspruch gibt. Neben S-Bahnen und Regionalzügen könnten aber Leihfahrrädern und Leihautos der DVB genutzt werden. Auch auf die Mobi-Shuttles, die Kleinbusse sind in den nördlichen Stadtgebieten Klotzsche, Weixdorf, Pieschen und Neustadt auf Abruf im Einsatz, könnten gebucht werden.

DVB-Mitarbeiter fordern mehr Urlaubstage und Zuschläge

Pünktlich um 3 Uhr in der Nacht hatte der Streik begonnen. Am Betriebshof Trachenberge versammelten sich Mitarbeiter von DVB und DVS zum Protest. "Gute Arbeitsbedingungen = guter Nahverkehr", war auf einem Transparent zu lesen.

Für die DVB-Mitarbeiter gehe es nicht um eine generelle Lohnerhöhung, sondern um eine Erhöhung des Urlaubsanspruchs auf 33 Arbeitstage, mehr Regenerationstage und höhere Zuschläge für die Arbeit in der Nacht und an den Wochenenden, heißt es von der Gewerkschaft Verdi. Eine Lohnsteigerung wurde vorab ausgehandelt, die im ersten Quartal erfolgen soll.

Ein Mitarbeiter von DVB bzw. DVS bringt am Freitagmorgen Streikplakate an den Straßenbahnen im Betriebshof Trachenberge an.
Ein Mitarbeiter von DVB bzw. DVS bringt am Freitagmorgen Streikplakate an den Straßenbahnen im Betriebshof Trachenberge an. © Roland Halkasch

Für DVS-Beschäftigte kämpft Verdi um 22 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 750 Euro pro Monat mehr ab Januar 2024. Auszubildende und Praktikanten sollen 200 Euro mehr pro Monat erhalten. Das solle für ein Jahr festgeschrieben werden.

Die Arbeitgeber haben fünf Prozent mehr Lohn ab Oktober geboten und weitere jeweils drei Prozent Aufschlag ab Januar und September 2025, zudem einen Inflationsausgleich von 2.000 Euro. Dies solle bis 2028 gelten und wurde von der Gewerkschaft abgelehnt.

Für die Forderungen, die Ver.di gegenüber den DVB aufmachen, ist der Kommunale Arbeitgeberverband Sachsen (KAV) der Verhandlungspartner. Der Vorsitzende des Fachausschusses Verkehrsbetriebe beim KAV und Vorstand der Chemnitzer Verkehrs-AG Jens Meiwald reagiert mit "Unverständnis". Es sei erstmals am 24. Januar verhandelt worden und das, nachdem es zum 1. Januar 2024 Lohnerhöhungen um 300 Euro gegeben habe und ab März weitere 200 Euro dazukommen und danach nochmals 5,5 Prozent mehr gezahlt werden soll.

Die Forderungen von Ver.di würden zu einem Mehrbedarf an Personal von zusätzlich 200 Mitarbeitern führen, die nicht am Arbeitsmarkt verfügbar seien. Das würde die betroffenen Nahverkehrsunternehmen rund 24,5 Millionen Euro zusätzlich kosten.

Mehr Urlaubstage führen laut Meiwald zu "Produktivitätsverlusten" und einem signifikanten Mehrbedarf an Personal. "Angesichts des Fachkräftemangels und der aktuellen Arbeitsmarktsituation sind diese Forderungen kontraproduktiv. Sie würden die Situation weiter verschärfen."