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Königsufer Dresden: Wie aus einer mehrspurigen Straße ein Boulevard werden soll

Königsufer und Neustädter Markt werden in Dresden von einer vierspurigen, viel befahrenen Straße getrennt. Das soll sich Stück für Stück verändern.

Von Kay Haufe
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Heute rollen auf der vierspurigen Köpcke- und Großen Meißner Straße rund 23.000 Fahrzeuge. Das soll sich ändern.
Heute rollen auf der vierspurigen Köpcke- und Großen Meißner Straße rund 23.000 Fahrzeuge. Das soll sich ändern. © Matthias Rietschel

Dresden. Zu Fuß von der Altstadt in die Neustadt - ein schöner Spaziergang vorbei an Altmarkt, Schloss, der Kathedrale, über die Augustusbrücke zur Hauptstraße - wäre da nicht die breite Verkehrsschneise Große Meißner/Köpckestraße, die zu überqueren ist. 23.000 Fahrzeuge sind täglich auf der vierspurigen Tangente unterwegs, darunter drei Prozent Schwerlastanteil. Die Folge: Der Neustädter Markt ist abgeschnitten von der Fußgängermeile, der Lärmpegel enorm.

Schon 2020 hatte der Dresdner Stadtrat deshalb mit Beschluss zum Wettbewerbsergebnis "Königsufer/Neustädter Markt" Prüfaufträge beschlossen. Unter anderem, ob ein Tunnel die Lösung des Verkehrsproblems sein könnte oder aber die Umgestaltung der Straßen zum Boulevard oder zur Promenade. Jetzt hat die Stadtverwaltung ihre Vorzugsvariante vorgelegt. "Weg vom Verkehrs - hin zum Stadtplatz" ist das Motto. Der Entwurf für den Straßenzug wurde auf Basis der Wettbewerbsergebnisse von Bernd Albers Gesellschaft von Architekten mbH/Berlin mit Vogt Landschaft/Berlin sowie dem Verkehrsplanungsbüro SHP Ingenieure aus Hannover gestaltet.

Weshalb ein Boulevard bevorzugt wird

Weniger Verkehr, weniger Lärm und Abgase, dafür mehr Bäume und Aufenthaltsqualität: So stellt sich Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) künftig die Große Meißner und die Köpckestraße vor. Zwischen Carola- und Palaisplatz soll ein Boulevard entstehen. Konkret heißt das, die Straßenbahn fährt weiter in der Mitte, rechts und links daneben gibt es nur noch eine Fahrspur je Richtung, dafür Radwege und breite Fußwege. Die Straßenbäume auf beiden Seiten bleiben erhalten und neue sollen gepflanzt werden. Die denkmalgeschützten Hochbeete sollen besser gestaltet werden und zusätzliche Öffnungen zum Queren der Straßen bieten.

Dass dies möglich ist, habe man modelliert, so der Baubürgermeister. Danach würde sich der Verkehr nur geringfügig in die umliegenden Hauptstraßen verlagern. Noch deutlicher würde sich der KFZ-Verkehr reduzieren, wenn die Bundesstraße 170 verlegt wird, die bisher über beide Straßen verläuft. Mit einem Lückenschluss am Emerich-Ambros-Ufer soll die Bundesstraße künftig südwestlich am Stadtzentrum vorbeiführen. Allerdings wird dies nicht vor 2030 passieren, so Kühn. Die Verwaltung geht aber davon aus, dass die Verkehrsmenge schon vorher am Neustädter Markt um ein Viertel geringer wird.

Abbiegespuren soll es nur noch an den Kreuzungen von Carolaplatz, Neustädter Markt und Palaisplatz geben. Weil die Augustusbrücke autofrei ist, dürfen dann nur noch Busse der Stadtrundfahrt sowie Rettungs- und Versorgungsfahrzeuge rechts oder links auf die Brücke abbiegen.

Baubürgermeister Stephan Kühn (links) und der Leiter des Stadtplanungsamtes, Matthias Lerm, zeigen einen Plan, wie das neue Areal aussehen soll.
Baubürgermeister Stephan Kühn (links) und der Leiter des Stadtplanungsamtes, Matthias Lerm, zeigen einen Plan, wie das neue Areal aussehen soll. © Matthias Rietschel

Warum keine Promenade kommen soll

Um eine Promenade zu gestalten, hätte man die Straßenbahngleise aufwendig von der Mitte auf eine der Straßenseiten verlegen müssen, sagt Kühn. Dafür wäre möglicherweise ein Planfeststellungsverfahren nötig gewesen, was viele Jahre dauert. Zudem sei dieser Umbau wesentlich umfangreicher und teurer als die Umgestaltung weitgehend im Bestand.

Warum die Tunnelidee nicht weiter verfolgt wird

Es gebe viele Gründe, die gegen einen Tunnel sprechen, sagt der Baubürgermeister. Unter anderem sei das die Lage der Tunnelmündungen, für die nahe dem Carola- und Palaisplatz zu wenig Platz da sei, erklärt André Zschoge, Sachgebietsleiter im Stadtplanungsamt. Nicht nur auf die Breite der Straße gesehen, sondern auch in Bezug auf die notwendige Aufstellflächen für alle Verkehrsteilnehmer vor Kreuzungen. Außerdem seien Tunnelrampen im Bereich von Palais- und Carolaplatz denkmalpflegerisch nicht vertretbar.

Dazu kämen unzählige Verlegungen von einem Abwassersammler und Versorgungsleitungen, die nötig wären. "Auch ein verfüllter Fußgängertunnel ist zu beachten", sagt Kühn sowie die Gefährdung bei Hochwasser. Die Barrierewirkung an den Tunnelrampen würde sich für Fußgänger sogar erhöhen. Und um anliegende Grundstücke zu versorgen, müsste parallel zum Tunnel eine oberirdische Straße bestehen bleiben. Für die breitere Trasse müssten Straßenbäume gefällt werden.

Für den Baubürgermeister ist ein Tunnel finanziell ein Fass ohne Boden. "Wir brauchen keinen zweiten Wiener Platz, wo jetzt 13 Millionen Euro für die Tunnelsanierung investiert werden müssen. Das ist eine Lösung der 80er-Jahre, die jetzt völlig überholt ist."

Man wolle zudem nicht einen hohen sechsstelligen Betrag für eine Tunneluntersuchung ausgeben, von der man bereits wisse, dass sie keine Probleme löst, sagt Zschoge.

Wie die Plätze von der Straßenumgestaltung profitieren

Der Neustädter Markt habe viele Jahre immer im Schatten der Altstädter Seite gestanden, dabei sei er der Auftakt nach der Elbquerung für die Neustadt. "Mit dieser neuen Straßengestaltung bekommt der Neustädter Markt endlich die Funktion, die er verdient hat: ein schöner Platz zum Verweilen", sagt der Leiter des Stadtplanungsamtes Matthias Lerm. Seine künftige Gestaltung soll nicht mehr von der Straße dominiert sein, sondern "fahrbahnüberspannend". Ob mit Pflaster, könnte die nachfolgende Planung ergeben.

Der benachbarte Palaisplatz sei ein vergessener Platz, von allen Seiten umschlossen vom Verkehr, sagt Lerm. Dabei ist der denkmalgeschützte Platz schön gepflastert, hat einen Springbrunnen und eine Parkanlage. Das Barockviertel grenzt unmittelbar an. Künftig soll auch der Palaisplatz vom neuen Boulevard profitieren.

Die Vorzugsvariante der Stadtverwaltung geht jetzt in den Stadtrat, der darüber berät. Findet sie Zustimmung, wird genauer geplant.

Wie die Politik reagiert

"Wichtig ist uns, dass die Umgestaltung bald beginnt und nicht durch aufwendige Planungen ins Irgendwann verschoben wird", sagt Thomas Löser, der baupolitische Sprecher der Grünen-Stadtratsfraktion. „Die Umgestaltung der Großen Meißner Straße in einen Boulevard würde die ganze Umgebung des Neustädter Marktes und des Palaisplatzes aufwerten und deutlich attraktiver machen. Auch der Erhalt der großen Straßenbäume ist ein großes Plus."

Die von der CDU favorisierte Tunnellösung sei nichts weiter als eine Nebelkerze im Wahlkampf. "Wir sollten lieber gemeinsam überlegen, wie wir Schritt für Schritt den Bereich aufwerten und in einen attraktiven Stadtraum verwandeln können.“