Dresden. Anfang vergangenen Jahres wurde die Freigabe der sanierten Augustusbrücke gefeiert. Die Bauleute von Hentschke Bau hatten aber nur den Großteil ihrer Arbeit geschafft. Denn eine Aufgabe gibt es noch. Deshalb sind jetzt wieder Gerüste am zweiten Bogen von Dresdens traditionsreichster Brücke zu sehen. Saniert werden müssen dort noch die Fassaden aus Sandstein und die Unterseite aus Beton des Bogens direkt neben dem Terrassenufer.
Während die beiden Schifffahrtsöffnungen vom Schiff aus saniert werden konnten, mussten in den beiden Bögen im Uferbereich Gerüste in der Elbe errichtet werden. Da dies mit strengen Auflagen verbunden und stark wasserstandsabhängig ist, konnte im Jahr 2022 nur der Bogen am Neustädter Ufer instandgesetzt werden. Um diese Abhängigkeit zu vermeiden, sind am Altstädter Pendant im April hängende Gerüste montiert worden, was jedoch mit Einschränkungen auf den Gehwegen verbunden ist.
Das Material: Sandstein aus Lohmener Steinbruch
Nicht nur die Augustusbrücke hat eine lange Tradition, sondern auch das einheimische Material, aus dem sie errichtet wurde – der Sandstein. Viele Steine konnten erhalten werden, auch wenn sie ausgebessert werden mussten. Andere Sandsteine sind hingegen so kaputt, dass sie ersetzt werden mussten.
"Für die Arbeiten an der Brücke wurden bisher insgesamt zirka 1.750 Tonnen Sandstein benötigt", erklärt Straßenbauamtschefin Simone Prüfer. Vor allem wurden sie an Konsolsteinen, Pfeilern, Brüstungen und Bögen eingebaut.
Herausgebrochen und -gesprengt wurden die Blöcke an der Lohmener Mühlleite, einem der sechs Steinbrüche der Sächsischen Sandsteinwerke Pirna rund um Kreisstadt. Für den zweiten Bogen werden noch rund fünf bis sechs Tonnen des traditionsreichen einheimischen Materials benötigt, so die Straßenbauamtschefin. Die sind für die Restaurierung der Sandsteinflächen des Bogens nötig.
Die Bearbeitung: Hier kommt es auf den Millimeter an
Seit 2017 hatten die Pirnaer Sandsteinwerker die Steine für die Augustusbrücke gefertigt, Mitte 2018 wurden die ersten davon geliefert. Als Produktionsleiter des Unternehmens kümmert sich Uwe Jahr darum, dass das traditionelle sächsische Material zur Augustusbrücke kommt.
Zuerst bringen Steinsägemaschinen die Blöcke in die richtige Form. Steinmetze leisten in dem Pirnaer Werk dann die Feinarbeit. Mit Knüpfel und Scharriereisen haben sie beispielsweise die bis zu knapp zwei Tonnen schweren Brüstungssteine so bearbeitet, dass sie dem historischen Vorbild entsprechen. "Da kommt es auf den Millimeter an", sagt der Produktionsleiter.
Jetzt geht es noch um die Herstellung von sogenannten Vierungen. Damit werden in der Bausprache Steine bezeichnet, mit denen an Brücken oder anderen Bauwerken schadhafte oder ausgebrochene Stellen wieder geschlossen werden.
Die Qualität: Pirnaer für handwerkliches Geschick bekannt
In den Sächsischen Sandsteinwerken arbeiten 50 Beschäftigte. Sie haben unter anderem schon Sandsteine für den Zwinger, die Eisenbahn-Marienbrücke, die Albertbrücke und auch für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses hergestellt und eingebaut. Das Pirnaer Unternehmen hat erfahrene Mitarbeiter, die über handwerkliches Geschick verfügen – vom Bildhauer bis hin zum Steinmetzlehrling. Auch die Ausbildung kann sich offenbar sehen lassen. 2018 sind die Sandsteinwerke von der Handwerkskammer Dresden 2018 als vorbildlicher Ausbildungsbetrieb ausgezeichnet worden.
Allerdings hat das Unternehmen ein Problem: Es musste im Januar die Insolvenz anmelden. Allerdings sind Produktionsleiter Jahr und die anderen Beschäftigten optimistisch. Derzeit läuft ein Sanierungsverfahren, dass die Verwalter im Sommer 2023 wieder abschließen wollen. Danach soll der Geschäftsbetrieb wie auch bisher ganz regulär weiterlaufen, ein Großteil der Arbeitsplätze sowie die Lehrstellen bleiben erhalten.
Die Brückenarbeiten: Gerüst soll im August verschwinden
Nachdem das Gerüst hing, hatten Experten der Sächsischen Sandsteinwerke die Sandsteinflächen am zweiten Bogen inspiziert. Seit April sind fünf Sandsteinwerker nun dabei, schadhafte Stellen auszumeißeln und mit passgerechten Sandsteinstücken wieder zu verschließen. Außerdem entfernen die Arbeiter mit dem Heißdampfreiniger schonend den Schmutz von der Oberfläche.
Geprüft wurden auch alle Fugen, die in großen Bereichen ausgebrochen sind. Sie werden mit Spezialmörtel wieder verschlossen, der weicher als der Sandstein ist. Schließlich soll bei Spannungen in der Brücke die Fuge nachgeben und nicht der Stein. Die Bauleute haben jetzt viel Arbeit. Denn allein an diesem Bogen müssen sie mit ihren Fugenkellen Hunderte Meter Fugen erneuern. Das Hängegerüst soll im Juni auf die andere Bogenseite umgesetzt werden. Geplant ist, die Arbeiten bis August abzuschließen, kündigt Straßenbauamtschefin Simone Prüfer an. Dann sei die gesamte Augustusbrücke komplett instandgesetzt.