Warum die Dresdner Zwingerhofsanierung teurer wird und länger dauert
Dresden. Bis zu drei Millionen Menschen bewundern jährlich die weltberühmten Barockbauten des Dresdner Zwingers. Bereits seit März 2021 prägen dort Bauzäune das Bild. Der Staatsbetrieb Sächsisches Bau- und Immobilienmanagement (SIB) lässt den Hof erstmals seit der großen Sanierung unter Zwingerbaumeister Hubert Ermisch von 1924 bis 1936 umfassend instandsetzen. Der Aufwand ist jedoch größer als ursprünglich geplant.
Das spiegelt sich nicht nur in der längeren Bauzeit, sondern auch bei den höheren Kosten wider. Der einst geplante Abschluss Ende dieses Jahres ist nicht zu halten. Das war schon lange klar. Wie weit die Sanierung ist und welche Überraschungen es bisher gab, erläutern Zwingerbaumeister Kai-Uwe Beger und Sachgebietsleiter Joachim Thäle vom SIB.
Die Kosten: Sanierung um ein Drittel teurer
Nach der ursprünglichen Berechnung von 2018 waren rund 9,8 Millionen Euro für die Zwingerhofsanierung geplant. Jetzt werden dafür zirka 14,85 Millionen Euro veranschlagt, erklärt Thäle. Allerdings sei der Baupreisindex, der die durchschnittlichen Baupreise widerspiegelt, seitdem um 50 Prozent gestiegen, führt er den ersten Grund an.
Der 2. Grund: Mehr Aufwand unterm Kronentor
Anderthalb Jahre musste der Zwingerzugang unter dem Kronentor bis Anfang dieses Jahres gesperrt bleiben. Er führte über die Betondecke eines darunterliegenden alten Leitungskanals. Da die Stahlträger schon angerostet waren, musste die Betondecke erneuert werden. Dabei gab es eine Überraschung.
In dem Zuge wurden im Untergrund auch gut erhaltene Reste der alten Festungsmauer aus der Mitte des 16. Jahrhundert freigelegt, auf denen das Kronentor teilweise steht. Allerdings gab es daneben auch über 300 Jahre alte Fundamente, die abgerutscht waren. Sie mussten aufwendig erneuert werden. "Das war ein enormer Zusatzaufwand", erklärt Thäle. "Damit ist jedoch die Standsicherheit des Kronentors für die nächsten Jahrhunderte gesichert", ergänzt der Zwingerbaumeister.
Der 3. Grund: Archäologen entdecken wertvolle Funde
Geplant war, dass schrittweise jeweils ein Viertel des Zwingerhofs im Uhrzeigersinn saniert wird. Damit haben die Bauleute nach den archäologischen Grabungen im Frühjahr 2022 vor der Bogengalerie der Porzellansammlung begonnen. Doch auf der kleinen, freibleibenden Fläche vor der Sempergalerie hätten sich die vielen Besucher zu sehr gedrängt, erklärt Sachgebietsleiter Thäle.
"Außerdem hatten die Archäologen viele Funde, sodass der ursprüngliche Ablaufplan nicht funktioniert hat", sagt er. So stießen sie auf Teile von bis zu 800 Jahre alten Stadtmauern, auf Reste der alten Zwingergrotte sowie zuletzt auf Fundamente des zweiten Reithauses. "Deshalb hatten wir uns entschieden, den Hof ab Anfang dieses Jahres weitgehend zu sperren."
Wegen der vielen Funde dauern die archäologischen Grabungen ein halbes Jahr länger bis zum Herbst dieses Jahres. Die Kosten, die das SIB dafür trägt, beziffert Thäle auf rund eine halbe Million Euro.
Der 4. Grund: Zusätzliche Belüftung für Porzellansammlung
Zusätzlich geschützt wurde die Porzellansammlung vor dem Baustaub. "Dafür haben wir eine provisorische Belüftungsanlage installiert", erläutert Thäle. Die schlägt mit über 300.000 Euro zu Buche.
Der 5. Grund: Neuer Zwingerzugang mit Rampe
Im Zuge des Baus wird ein dritter behindertengerechter Zugang zum Zwinger geschaffen, der ursprünglich nicht geplant war. Dabei handelt es sich um eine behindertengerechte Rampe vom Hauptdurchgang an der Gemäldegalerie in Richtung Französischer Pavillon. Dafür mussten die Böschung beseitigt und eine Stützmauer abgebrochen werden. Zusatzkosten: rund 440.000 Euro.
Der 6. Grund: Marode Brunnen müssen erneuert werden
Viel teurer wird auch die Sanierung der großen Hofbrunnen. Denn die beiden Anlagen in Richtung Sempergalerie sind so marode, dass sie abgebaut und erneuert werden müssen. Zusatzkosten: 1,15 Millionen Euro. Der Brunnen vor dem Französischen Pavillon wird derzeit von der Tolkewitzer Steinmetzwerkstatt Paul Hempel abgebrochen.
Der 7. Grund: Hoher Aufwand für Sicherheit
Das SIB unternimmt zudem viel, um die Baustelle mitten in dem sensiblen Bauwerk mit seinen wertvollen Museen zu schützen. "Die Baustelle wir rund um die Uhr bewacht", sagt Thäle. Außerdem haben wir Videotechnik zur Überwachung installiert. Dafür gibt das SIB rund 250.000 Euro aus.
Der Bau: Bereits viele Leitungen und Rohre verlegt
Im Zwingerhof sind schon 60 Prozent der neuen Leitungen verlegt. Dabei handelt es sich um Entwässerungsleitungen und Leerrohre für Daten- und Elektrokabel, erklärt Thäle. Außerdem sind drei von vier Terrassen vor den Bogengalerien, sogenannte Perrons, bereits saniert.
Alle Bauleistungen hat das SIB an sächsische Firmen vergeben, so den Tiefbau an Hoch+Tiefbau Dresden. "Die beauftragten Firmen arbeiten bisher engagiert und reagieren flexibel auf neue Anforderungen", schätzt der Sachgebietsleiter ein.
Die Perspektive: Ende 2024 soll alles geschafft sein
Die Erhöhung des Baupreises sieht Thäle gelassen. Schließlich seien die Baupreise enorm gestiegen. Trotz aller Überraschungen und der zusätzlichen oder geänderten Leistungen an dem traditionsreichen Bauwerk würden sich die Kosten noch im Rahmen halten. Das werde allein an der 50-prozentigen Erhöhung der allgemeinen Baupreise deutlich.
"Die größten Überraschungen haben wir überstanden, so am Kronentor", resümiert Zwingerbaumeister Beger. "Wir gehen davon aus, dass es jetzt planmäßig weitergeht." Ende 2024 soll die Hofsanierung abgeschlossen werden.