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WG-Zimmer gegen Sex? Gericht verurteilt Kellner in Dresden

Überraschendes Urteil im Prozess gegen einen 41-Jährigen in Dresden. Nur der Richter ist überzeugt, dass der Angeklagte eine Studentin sexuell angegriffen hat.

Von Alexander Schneider
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Aussage gegen Aussage am Amtsgericht Dresden: Wer hat sexuelle Dienstleistungen zur Begleichung der WG-Miete in Aussicht gestellt? Die Richter fällen ein überraschendes Urteil.
Aussage gegen Aussage am Amtsgericht Dresden: Wer hat sexuelle Dienstleistungen zur Begleichung der WG-Miete in Aussicht gestellt? Die Richter fällen ein überraschendes Urteil. © Symbolfoto: Norbert Millauer

Dresden. Es ist ein aggresives Verfahren, mit dem sich das Amtsgericht am Mittwoch befassen musste. Ein 41-jähriger Kellner soll in seiner Wohnung eine Studentin begrapscht und eingesperrt haben. Außerdem habe der Marokkaner ihren Kopf bei einem Gerangel gegen die Wand geschlagen.

Laut Anklage habe sich die Geschädigte, eine 30-jährige Bolivianerin, mehrere Stunden in der Wohnung des Angeklagten in der Friedrichstadt aufgehalten. Dort habe der Mann mit der Studentin zunächst Alkohol getrunken, gegessen und getanzt – dann aber sexuelle Gefälligkeiten gefordert und sie schließlich eingesperrt. Dies sei eine sexuelle Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung und Freiheitsberaubung.

Verwirrend wird das Ganze in dem Kontext des angeblichen Tatgeschehens. Die Studentin hatte sich an dem Abend bei dem Angeklagten vorgestellt, weil er ihr über eine Internetplattform ein WG-Zimmer in seiner Dreiraumwohnung angeboten hatte. Nach der Auseinandersetzung folgte die Studentin dem Kellner zu einem Bankautomaten am Bahnhof Mitte, wo er 50 Euro abhob und ihr gab. Das haben beide auch so eingeräumt. Doch das war es auch schon mit den Gemeinsamkeiten.

Der Angeklagte sagte in seiner Einlassung, die Studentin habe Interesse gehabt, bei ihm einzuziehen. Weil sie jedoch kein Geld habe, hätte sie ihn gefragt, ob sie die Miete in Form sexueller Dienstleistungen abstottern könne. Das habe er entschieden abgelehnt. Die Frau habe im Verlauf des Abends sich seine Geldbörse in den Ausschnitt gesteckt, weshalb er die Tür abgeschlossen habe, damit sie nicht mit seinem Portemonnaie verschwindet. Er habe auch die Polizei rufen wollen.

"Ich stand unter Schock"

Die Studentin indes schilderte, sie sei geschockt gewesen, als er sie begrapschte. Er habe sich auch seine Hose ausgezogen. Sie habe seine Kreditkarte eingesteckt, um seine Identität beweisen zu können. Bei einem Gerangel habe sie sich befreien können – sei aber dennoch mit dem Mann zum Geldautomaten gegangen: "Ich stand unter Schock."

Am Tag nach der Tat habe sie eine Prüfung geschrieben, sei dann sofort für vier Wochen nach Bolivien geflogen. Angezeigt hatte sie die Tat erst im Oktober – mehr als sieben Monate später. All das auch - seltsam. Die Zeugin legte die Kreditkarte und 50 Euro auf den Tisch vor sich, der Angeklagte nahm seine Sachen jedoch nicht an.

Weil die Frau sich in Widersprüche verwickelte, auch den Ablauf in ihrer fast eineinhalbstündigen Vernehmung im Gerichtssaal nicht konsistent schildern konnte, plädierten sowohl der Staatsanwalt als auch Verteidiger Gerhard Rahn auf einen Freispruch. Doch Richter Thomas Hassel kam zu einem anderen Ergebnis. Er verurteilte den Angeklagten wegen eines sexuellen Übergriffs überraschend zu einer Geldstrafe in Höhe von 6.000 Euro. Was das Kerngeschehen anginge, so der Vorsitzende des Schöffengerichts, sei die Zeugin glaubhaft.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.