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Eine Wirtschaft in Männerhand

Das Wilsdruffer Gasthaus „Zum Amtshof“ wird seit 50 Jahren von Familie Paix geführt. Die hat jetzt etwas Neues vor.

Von Maik Brückner
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Alexander, Robert, Matthias und Thomas Paix (v.l.) feierten vor wenigen Tagen ein besonderes Jubiläum. Vor 50 Jahren übernahm die Familie die Geschicke im Wilsdruffer Amtshof.
Alexander, Robert, Matthias und Thomas Paix (v.l.) feierten vor wenigen Tagen ein besonderes Jubiläum. Vor 50 Jahren übernahm die Familie die Geschicke im Wilsdruffer Amtshof. © Andreas Weihs

Matthias Paix kennt die großen und kleinen Sorgen der Wilsdruffer. Er steht seit 36 Jahren hinter dem Tresen des Gasthofs Zum Amtshof. Dieser ist das älteste noch in Betrieb befindliche Restaurant in der Stadt Wilsdruff. Das Haus an der Nossener Straße wurde 1667 erbaut. Es wurde mehrfach um- und ausgebaut und diente über Jahrhunderte als Ausspanne für Postkutschen. In den letzten 50 Jahren führte es die Familie Paix. Dieses Jubiläum wurde vor wenigen Tagen gefeiert. Dazu luden die Paix’ Geschäftspartner und Freunde ein.

Matthias Paix kann sich noch gut an die Anfangsjahre erinnert. 1968 übernahmen seine Eltern, Helmut und Margot Paix, damals noch unter dem Dach der Konsumgenossenschaft Freital die Geschicke im Haus. Die Eltern waren rührig, organisierten auch mal Radeberger Bier oder Rinderlende – Dinge, die es zu DDR-Zeiten nicht so ohne Weiteres gab. 1982 dann der erste Rückschlag. „Mein Vater war plötzlich gestorben“, erinnert sich Matthias Paix. Seine Mutter brauchte Hilfe. Und die wollte ihr der Sohn nicht verweigern, obwohl er sich als Jugendlicher bewusst gegen die Gastronomie entschieden hat. Die Arbeitszeiten hatten ihn abgeschreckt. „Deshalb habe ich Maler gelernt“, sagt der 57-Jährige.

So sah es Mitte der 1980er-Jahre in der Wilsdruffer Gaststätte „Zum Amtshof“ aus.
So sah es Mitte der 1980er-Jahre in der Wilsdruffer Gaststätte „Zum Amtshof“ aus. © privat

Als die Familie ihn brauchte, war er gerade auf Montage. Er arbeitete in den Fernsehstudios von Berlin-Adlershof. Nicht als Bühnenmaler, sondern in einem Neubau. „Es war damals nicht so einfach, zu wechseln“, erinnert er sich. Es gelang. Wenige Wochen später stieg er als Servicekraft im Amtshof ein. „Ich bin wohl der Einzige in der Familie, der nicht kochen kann“, sagt er und schmunzelt.

Wechsel nach der Wende

1990 ergaben sich neue Möglichkeiten. Matthias und sein Bruder Andreas Paix kauften den Amtshof. 1993 bauten sie den Gastraum um. Beide hörten nicht auf die Ratgeber, die aus dem Westen einflogen. Andere schon. „Die schafften sich Samtgardinen und große Tresen an“, sagt Matthias Paix. Viele Gasthäuser verloren ihren Charme. Die Wilsdruffer folgten dem Trend nicht, realisierten ihre eigenen Vorstellungen. Es blieb rustikal.

In den letzten zwei Jahren musste die Familie mit dem Tod von Margot und dem frühzeitigen Ableben von Andreas Paix weitere Rückschläge wegstecken. Es war sehr schwer, Ersatz zu finden. Es gibt kaum jemanden, der in der Gastronomie arbeiten will, sagt Matthias Paix. Eineinhalb Jahre habe er versucht, über einen Aushang Mitarbeiter zu finden. Ohne Erfolg.

Matthias Paix ist froh, dass sein Bruder Thomas nun wieder als Koch in der Küche arbeitet. In den letzten 15 Jahren hatte dieser im Gasthaus am Waldstadion, ebenfalls in Wilsdruff, gearbeitet. Eher als geplant kam außerdem Matthias’ Sohn Robert in die Heimat zurück. Robert ließ sich im oberbayrischen Schloss Elmau von einem Sternekoch ausbilden, arbeitete danach in der Schweiz. Als die Familie ihn rief, sagte er nicht Nein. Vierter im Familienbunde ist Matthias‘ jüngerer Sohn, Alexander, der sich zur Servicekraft ausbilden lässt.

Mitte der 1980er-Jahre stand Matthias Paix mit seiner Mutter Margot hinter dem Tresen des Amtshofs. 
Mitte der 1980er-Jahre stand Matthias Paix mit seiner Mutter Margot hinter dem Tresen des Amtshofs.  © privat

Seit Oktober ist das die Stammbesetzung im Amtshof. Matthias Paix ist zuversichtlich, dass man auch in den nächsten Jahren als Familienunternehmen erfolgreich ist und sich auf neue Entwicklungen rasch einstellt. Denn die Gastronomie ist im Wandel. Früher gab es im Amtshof Stammtischrunden, erinnert er sich. Es war üblich, dass man sich nach der Arbeit auf ein Bier in der Gastwirtschaft traf. Das ist seit der Wende Geschichte. Auch sonst hat sich einiges geändert. Die Gastwirte sind inzwischen auch als Caterer gefragt. Sie beliefern Firmen- und Familienfeiern, aber auch den Neujahrsempfang der Stadt.

Gäste aus Leipzig und Chemnitz

Und heute ist es auch nichts Ungewöhnliches mehr, dass Leute von außerhalb nach Wilsdruff kommen, um im Amtshof einzukehren. Spontan fallen Paix Familien aus Leipzig und Chemnitz ein. „Die einen haben uns zufällig entdeckt, die anderen folgten einer Empfehlung“, sagt Matthias Paix. Dass es ihnen hier geschmeckt hat, habe Gründe, sagt Koch Thomas Paix: „Bei uns heißt es noch hausgemacht statt aufgemacht.“ In der Küche verzichtet man auf Geschmacksverstärker und Gemüse aus der Dose. Und auf der Speisekarte stehen nicht nur die Klassiker der gut-bürgerlichen Küche, wie Schnitzel und Wildgerichte. Es gibt immer etwas Neues wie zum Beispiel Thai-Gerichte und Speisen aus der modernen europäischen Küche.

Die Ideen stammen meist von Robert Paix. Im Juni setzte das Team auf die regionale Karte. Es bot eine Woche lang Speisen an, deren Zutaten fast ausschließlich von regionalen Erzeugern geliefert wurden. Die Forellen kamen aus Tharandt, das Rindfleisch aus Blankenstein und der Spargel aus Nieschütz. Bei Facebook gab es viel Zustimmung, erinnert sich Paix. Doch die Nachfrage im Gasthaus war nicht wie erwartet. Paix hatte mit mehr Zuspruch gerechnet. „Die, die kamen, waren begeistert“, sagt er. Vielleicht, so mutmaßt er, war der Termin ungünstig. 2019 werde man diese Themenwoche deshalb zu einem anderen Zeitpunkt wiederholen.

Der Gasthof plant auch etwas Neues. Hinter dem denkmalgeschützten Gebäude soll ein Biergarten entstehen. Mit der Stadtverwaltung habe er bereits erste Details besprochen, um die Genehmigung dafür zu bekommen. Noch in diesem Jahr, so der Plan, soll auch hier ausgeschenkt werden. Matthias Paix ist zuversichtlich, dass seine Familie auch in den nächsten Jahren die Wilsdruffer und ihre Gäste bewirten wird.