München. Erstmals ist in Deutschland eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus bestätigt worden. Bei einem 33-jährigen Mann aus dem Landkreis Starnberg in Bayern ist der Erreger nachgewiesen worden. Zudem hätten sich drei weitere Menschen aus seinem Umfeld infiziert.
Der Mann hatte sich am vergangenen Dienstag bei einem chinesischen Gast seiner Firma angesteckt. Die Frau aus Shanghai sei zu einer Fortbildung bei der Firma Webasto im Landkreis Starnberg in Oberbayern gewesen, hieß es am Dienstag von den bayrischen Behörden.
Weil sich die Chinesin auf dem Heimflug krank fühlte, habe sie sich untersuchen lassen und war positiv auf das Coronavirus getestet worden. Darüber wurde auch die Deutsche Firma informiert. Auch der 33-Jährige hatte über Symptome geklagt, war aber am Montag zur Arbeit erschienen.
Aufgrund der Erkrankung der Chinesin wurde auch er untersucht und der Virus daraufhin festgestellt. Derzeit befindet er sich in Isolation im Münchner Klinikum Schwabing. Es gehe ihm aber "sehr gut", heißt es von den behandelnden Ärzten.
Es gibt hunderte Arten von Coronaviren, die meisten betreffen die Atemwege. Auch die Krankheits Sars, an der 2002 und 2003 fast 800 Menschen starben, wird durch einen Coronavirus ausgelöst. in Deutschland war der Virus neun Mal nachgewiesen worden - Todesfälle gab es keine.
Der aktuelle Virus 2019-nCoV kann im schwersten Fall eine Lungenentzündung auslösen, an der im Hauptverbreitungsland China bereits mehr als 100 Menschen gestorben sind - die meisten davon waren ältere Patienten mit schweren Vorerkrankungen. In den meisten Fällen verläuft die Krankheit jedoch mild - mitunter ohne jegliche Symptome.
Besonders an dem Fall in Bayern ist, dass damit wohl erstmals weltweit eine Ansteckung zwischen nicht eng Verwandten in einem Land außerhalb Chinas nachgewiesen wurde. Bisher handelte es sich bei fast allen der rund 50 erfassten Infektionen in Frankreich, den USA, Thailand und anderen asiatischen Ländern um importierte Fälle.
Frau und Kind isoliert
Am Dienstag hatte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) zu einer Pressekonferenz geladen, an der auch der Präsident des Bayerischen Gesundheitsamts, Andreas Zapf, sowie der Leiter "Task Force Infektiologie" des Landesamtes, Martin Hoch, teilnahmen.
An erster Stelle stehe die Ermittlung von Kontaktpersonen, die in der vergangenen Woche Umgang mit dem Infizierten hatten. Dazu gehöre in erster Linie die Familie. Deshalb werde nun die Kinderkrippe untersucht, die das Kind des 33-Jährigen besucht, sagte Andreas Zapf. "Natürlich denken wir an Kinder und auch an die Kindergärten." Frau und Kind werden derzeit zu Hause isoliert, heißt es.
Auch die Firma Webasto werde kontrolliert. Bisher wurde jedoch keine weitere Person mit Symptomen gefunden, sagte Zapf. Darüber hinaus sei es wichtig, dass mögliche Fälle schnell gefunden werden. Die Bevölkerung ist aufgefordert, mögliche Fälle, vor allem mit Kontakten nach China, zu melden. Trotzdem schließt sich Zapf der Einschätzung der internationalen Behörden an und spricht von einer "moderaten Gefahr". Auch das Robert Koch-Institut erklärte die Risiko einer Infektion für "gering". Einen Verdacht auf weitere Infektionen gebe es bisher nicht.
Das sächsische Sozialministerium, das auch für den Bereich Gesundheit zuständig ist, zeigt sich unbesorgt aber vorbereitet. Auch wenn Fälle in Sachsen nicht ausgeschlossen werden könnten, sei die Ansteckungsgefahr gering. "Alle Behörden und Mediziner sind informiert und wissen was zu tun ist", sagt Ministeriumssprecher Andreas Friedrich.
Gefährdet seien nur Menschen, die sich kürzlich im chinesischen Gebiet Wuhan aufgehalten haben, oder Kontakt mit einer infizierten Person hatten. Sollten diese Menschen Grippesymptome bei sich entdecken, sollten sie sofort eine Notaufnahme aufsuchen. "Sie sollten sich dort vorher telefonisch ankündigen, damit die Klinik vorbereitet ist", rät das Ministerium.
Die Gesamtzahl der weltweit bekannten Erkrankungen ist auf mehr als 4500 gestiegen, nachdem das chinesische Staatsfernsehen am Dienstag einen Sprung um mehr als 1700 Fälle im Vergleich zum Vortag meldete. Allein in der besonders schwer betroffenen Provinz Hubei habe es auch 24 weitere Todesopfer gegeben, so dass landesweit mindestens 106 Menschen an der Lungenkrankheit gestorben seien.
Das neue Virus 2019-nCoV stammt ursprünglich vermutlich von einem Markt in der chinesischen Millionenstadt Wuhan, wo es wohl von dort gehandelten Wildtieren auf den Menschen übersprang. Eine schützende Impfung oder eine spezielle Therapie zur Behandlung der Erkrankung gibt es nicht. Die Symptome - darunter trockener Husten, Fieber und Atemnot - können aber mit Medikamenten abgemildert werden.
Evakuierung möglich
China hat im Kampf gegen eine weitere Ausbreitung drastische Maßnahmen ergriffen: In Hubei wurden mehr als 45 Millionen Menschen weitgehend von der Außenwelt abgeschottet. Fern- und Nahverkehr wurden gestoppt.
Wegen der Lungenkrankheit wollen immer mehr Länder ihre Staatsangehörigen aus den besonders betroffenen Regionen zurückholen, so etwa Großbritannien und Belgien, Japan, Frankreich und die USA. Auch die Bundesregierung erwägt, ausreisewillige Deutsche aus China auszufliegen. Eine mögliche Evakuierung werde in Betracht gezogen, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) am Montag, bevor der bestätigte Fall aus Bayern bekannt wurde.
Mehrere Unternehmen haben außerdem ihre Kontakte nach China heruntergefahren. Sowohl Volkswagen als auch Thyssenkrupp, deren Dependenzen in China mehrere Tausend Mitarbeiter haben, raten ihrer Belegschaft von Reisen in das chinesische Inland ab. (mit dpa)