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Unterhaltsrecht soll für Tausende Väter in Sachsen gerechter werden

Die Sorgerechtsverfahren nach Trennungen werden in Sachsen immer mehr. Die Koalition will deshalb das Wechselmodell fördern. Das sind die neuen Lösungen.

Von Stephanie Wesely
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Jedes vierte Kind in Sachsen wächst nur bei einem Elternteil auf.
Jedes vierte Kind in Sachsen wächst nur bei einem Elternteil auf. © dpa

Dresden. Jedes vierte Kind in Sachsen wächst nur bei einem Elternteil auf. Der andere muss Unterhalt zahlen. „Viele Eltern wollen heute aber auch nach einer Trennung gemeinsam für ihre Kinder sorgen“, so ein Sprecher des Bundesjustizministeriums. Das geltende Unterhaltsrecht stehe dem oft im Weg. Denn derzeit richtet sich die Höhe des Unterhalts nach dem Kindesalter und dem Einkommen des Elternteils, bei dem das Kind nicht dauerhaft lebt – meist sind das die Väter. Der volle Unterhalt ist damit auch dann fällig, wenn Väter das Kind mehrmals im Monat betreuen. Lediglich bei rein paritätischer Aufteilung der Erziehung können die Unterhaltssätze angepasst werden.

Die Ampel-Koalition hat versprochen, das Kindschafts- und Unterhaltsrecht in dieser Legislaturperiode zu reformieren. Das Bundesministerium der Justiz arbeitet intensiv an der Umsetzung dieser Vorhaben. Bis zur Vorlage von konkreten Vorschlägen soll es nicht mehr lange dauern. Zentrales Ziel der Reform sei es, die finanziellen Lasten der Kinderbetreuung fairer zu verteilen. Dazu soll das Wechselmodell in den Mittelpunkt gestellt und damit eine am Kindeswohl ausgerichtete partnerschaftliche Betreuung auch in finanzieller Hinsicht gefördert werden.

Väterverbände und der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht fordern dass seit Jahren. Doch die FDP war in den Vorgängerregierungen mit ihrem Vorhaben gescheitert, das Wechselmodell zur generellen Betreuungsform nach Trennung und Scheidung zu machen. Beim Wechselmodell teilen sich Mutter und Vater hälftig die Betreuungszeit für die Kinder. Das bisher vorherrschende Modell in Deutschland ist das Residenzmodell, bei dem das Kind bei einem Elternteil lebt, der andere ein Umgangsrecht hat.

Viele Verfahren gehen in zweite Instanz

„Ein bestimmtes Modell als gesetzliches Leitbild vorzuschreiben, löst allerdings die aktuellen Probleme nicht“, sagt Katrin Haller, Vorsitzende Familienrichterin am für Sachsen zuständigen Oberlandesgericht (OLG) Dresden. Jede Familie sei individuell und habe eigene Formen des Zusammenlebens. Das müsse sich auch in der Betreuung nach einer Trennung abbilden.

Das geltende Recht sollte für die verschiedenen Modelle adäquate Lösungen bereithalten, möglichst ohne dass Gerichte eingeschaltet werden müssen. Denn Gerichtsverfahren seien eine große Belastung für die Trennungskinder, die dort oft auch mit angehört werden. 7.374 Verfahren zur elterlichen Sorge wurden an den Familiengerichten in Sachsen im letzten Jahr geführt – etwa 500 mehr als 2020. Fast jedes 20. Verfahren ging in die zweite Instanz, ans OLG Dresden, weil gegen das Urteil Beschwerde eingelegt wurde.

Derzeit zahlen Unterhaltspflichtige mit einem monatlichen Nettoeinkommen zwischen 1.900 und 2.300 Euro für ein Kind unter sechs Jahren 459 Euro Unterhalt, für ein 14-jähriges bereits 618 Euro, abzüglich der Hälfte des staatlichen Kindergeldes. Die Unterhaltssätze steigen jährlich. Die Beträge, die Zahlungspflichtige für sich beanspruchen können, werden in größeren Abständen angepasst. Der Selbstbehalt für Erwerbstätige beträgt aktuell 1.370 Euro im Monat, Nichterwerbstätige können 1.120 Euro für eigene Belange nutzen. Für den Interessenverband Unterhalt und Familienrecht ist das zu wenig, weil gerade in Städten das Wohnen immer teurer wird.