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Für den Kindesunterhalt kann der Lohn gepfändet werden

Seit Januar bekommen Trennungskinder mehr Geld. Auch Zahlungspflichtige können mehr für sich behalten, darauf aber nicht bestehen

Von Stephanie Wesely
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Jedes vierte Kind in Sachsen wächst nur bei einem Elternteil auf.
Jedes vierte Kind in Sachsen wächst nur bei einem Elternteil auf. © 123rf

In Sachsen wächst jedes vierte Kind nur bei einem Elternteil auf, der andere muss meist Unterhalt zahlen. Das geschieht selten einvernehmlich. Dementsprechend groß war der Bedarf der Leser, Unterhaltsfragen von Fachleuten beantworten zu lassen. Beim Telefonforum von SZ und "Freie Presse" übernahmen das die Fachanwälte für Familienrecht Almut Patt aus Chemnitz und Frank Simon aus Dresden sowie die Verfahrensvertreterin Peggy Göhler vom Jugendamt Dresden.

In diesem Artikel:

Ich zahle jedes Jahr mehr Unterhalt für meine Kinder. Habe ich ein Recht zu erfahren, was meine Ex mit meinem Geld macht?

Nein, der unterhaltsberechtigte Elternteil, in dem Fall die Mutter der Kinder, ist nicht verpflichtet, Ihnen Rechenschaft abzulegen, wofür sie im Einzelnen den Kindesunterhalt verwendet. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn Sie ganz eklatante Hinweise darauf haben, dass der Kindesunterhalt völlig zweckentfremdet wird und Ihren Kindern wenig bis gar nicht zugutekommt. Das sind aber Ausnahmefälle.

Wir betreuen unsere Kinder im Wechselmodell, jeder zu gleichen Teilen. Ich verdiene aber weniger als der Vater meiner Kinder. Bekommen wir jetzt trotzdem keinen Unterhalt?

Nein. Auch bei einer Betreuung der Kinder im gleichen Zeitumfang fällt die Unterhaltsverpflichtung nicht weg. Der Betrag richtet sich nach den Einkommensverhältnissen beider Eltern – wer ein höheres Einkommen hat, muss auch mehr Unterhalt leisten. Der tabellarische Unterhaltsbetrag wird dann entsprechend aufgeteilt.

Wir haben uns zwar nicht auf das Wechselmodell verständigt, ich betreue unser gemeinsames Kind aber häufig alle 14 Tage von Donnerstag bis Dienstag. Muss ich trotzdem vollen Unterhalt zahlen?

Juristen sprechen hier von einem erweiterten Umgang. Grundsätzlich gilt auch hier zunächst, dass der Elternteil, bei dem das Kind schwerpunktmäßig lebt, vom anderen Elternteil den Unterhalt bekommt. Im Einzelfall kann es möglich sein, dass der Elternteil, der ja trotzdem einen sehr hohen Betreuungsanteil erbringt, im Kindesunterhalt um eine halbe oder eine Stufe der Unterhaltstabelle herabgestuft werden kann.

Ich bezahle für unser Kind die Kosten für den Fußballverein. Kann ich das vom Unterhalt abziehen?

Freiwillige Zusatzzahlungen für das Kind dürfen vom Unterhalt nicht abgezogen werden. Wenn sich die Eltern aber einig darüber sind, dass dieses Hobby für das Kind wichtig ist und ausgeübt werden soll, wird man im Zweifel auch davon ausgehen können, dass eine Einigung zur Kostenübernahme besteht. Dann ist es möglich, die Kosten des Hobbys zwar nicht vom Kindesunterhalt, aber vom anrechenbaren Einkommen abzuziehen. Das sind aber häufig Einzelfallentscheidungen.

Die Mutter meiner Kinder sagt, sie komme mit dem Unterhalt nicht aus, weil unser Kind mehr Geld braucht. Wer muss dafür aufkommen?

In bestimmten Fällen kann ein sogenannter Mehrbedarf geltend gemacht werden. Dazu zählen regelmäßig anfallende, vorhersehbare Kosten für das Kind, die durch den Kindesunterhalt nicht abgedeckt sind, zum Beispiel: Kosten für Nachhilfeunterricht, krankheitsbedingte Mehrkosten oder unter Umständen auch die Kosten für die Kita. Wichtig ist, dass der Mehrbedarf von beiden Eltern entsprechend ihrer Einkommensverhältnisse zu tragen ist und nicht automatisch nur von einem.

Ich fahre oft gemeinsam mit meinem Sohn in den Urlaub. Dort komme ich für alle Kosten auf. Kann ich den Unterhalt in dieser Zeit kürzen?

Nein, denn laufende Kosten, wie die anteilige Miete, die Nebenkosten, die Kosten für Kleidung, Schulbedarf müssen weiterhin vom Unterhalt gedeckt werden.

Wir haben einen alten Unterhaltstitel. Jetzt haben der Kindsvater und ich uns auf eine vorübergehende Reduzierung des Unterhaltes verständigt. Brauchen wir einen neuen Titel dafür?

Eine einvernehmliche Änderung des Kindesunterhaltes sollte auch in einem neuen Titel oder einer Urkunde festgehalten werden. Sonst läuft der Unterhaltsverpflichtete Gefahr, dass später Nachforderungen erfolgen können – sogar durch die Zwangsvollstreckung. Willigt der Elternteil, der eigentlich den Kindesunterhalt in voller Höhe beanspruchen könnte, aber nur aus gutem Willen in eine vorübergehende Reduzierung ein, sollten Sie diese Übereinkunft zumindest schriftlich festhalten.

Ich erziehe meine 17-jährige Tochter allein. Der Vater kam seit Jahren nur geringfügig bis gar nicht seiner Unterhaltspflicht nach. Ein Unterhaltstitel besteht aber noch. Wie komme ich an das Geld?

Ist durch schriftliche Mahnung ein Begleichen der offenen Forderung nicht zu erreichen, können Zwangsvollstreckungsmaßnahmen helfen. Zur Beitreibung von Unterhalt hat sich eine Lohn-, Konten-, Sach- oder Taschenpfändung bewährt. Solange Ihr Kind minderjährig ist, kann ein Beistand des Jugendamtes oder ein Rechtsanwalt bei der Durchführung helfen.

Ich zahle für zwei Kinder Unterhalt und lebe mit einer neuen Frau zusammen. Das Jugendamt hat meinen Selbstbehalt jetzt um zehn Prozent gekürzt. Dürfen die das?

Ja. Eine Senkung Ihres Selbstbehaltes in Höhe von 1.370 Euro pro Monat kommt dann in Betracht, wenn durch eine gemeinschaftliche Haushaltsführung eine Kostenersparnis entsteht. Und das ist durch Ihre neue Partnerschaft jetzt der Fall.

Mein Ex-Mann möchte private Kredite in der Unterhaltsberechnung der Kinder berücksichtigt wissen. Entstanden sind diese schon, bevor wir uns kennengelernt haben. Aber die Kinder können doch nichts für die Schulden. Müssen sie auf Unterhalt verzichten?

Ob Schulden bei der Unterhaltsberechnung einbezogen werden, ist vom Zeitpunkt der Verschuldung abhängig. Die Kinder sind in den Umstand geboren worden, dass ihr Vater Verbindlichkeiten zu tilgen hat. Das sind prägende Aufwendungen, die beim Unterhalt zu beachten sind.

Endet ein Unterhaltstitel für minderjährige Kinder automatisch mit der Volljährigkeit?

Nein. Es muss aber auf eine Abänderung hingewirkt werden, entweder erfolgt eine Neuberechnung einvernehmlich durch die Eltern und das Kind oder durch das Familiengericht.

Der Vater meiner Kinder ist selbstständig und möchte sein Einkommen schmälern, in dem er verschiedene Versicherungen angibt. Ist dies legitim?

Bei der Einkommensermittlung von Selbstständigen sind Einkommens- und gegebenenfalls Gewerbesteuer zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind Vorsorgeaufwendungen, wie private Rentenvorsorge, Kranken- und Pflegeversicherung sowie eine Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung einkommensmindernd anzuerkennen. Inwieweit das für andere Verträge gilt, muss im Einzelfall entschieden werden.

Ich habe zwei Kinder aus einer vorhergehenden Beziehung. Jetzt werde ich wieder Vater eines dritten Kindes mit meiner neuen Partnerin. Ändert sich dadurch der Unterhalt für mein erstes und zweites Kind?

Das ist abhängig von Ihrem Einkommen. Die Werte der sächsischen Unterhaltstabelle gehen von einer Zahlungsverpflichtung gegenüber zwei Unterhaltsberechtigten aus. Kommt ein drittes Kind dazu, kann das zu berechnende Einkommen eine Stufe niedriger angesetzt werden. Damit ändern sich auch die Unterhaltssätze für Ihre beiden Kinder. In einer Unterhaltsberechnung finden grundsätzlich alle eigenen Kinder gleichermaßen, entsprechend der jeweiligen Altersstufen Beachtung.

Meine Tochter wird bald 18 Jahre. Sie wohnt bereits nicht mehr bei uns und hat eine eigene Wohnung. Wie berechnet sich ihr Unterhalt?

Ein volljähriges Kind mit eigenem Wohnraum hat einen festen Unterhaltsanspruch in Höhe von 930 Euro im Monat. Das staatliche Kindergeld von 250 Euro sowie eigenes Einkommen, wie Bafög oder Ausbildungsentgelt ist nach Abzug von ausbildungsbedingten Aufwendungen von dem Unterhaltsanspruch anzuziehen. Der verbleibende Differenzbetrag wird zwischen beiden Eltern entsprechend der Höhe ihres Einkommens aufgeteilt. Das staatliche Kindergeld muss dem Kind zur Verfügung gestellt werden.

Die Mutter meiner Tochter hat eine Unterhaltsüberprüfung im Jugendamt beantragt. Sie möchte, dass ich rückwirkend zum Oktober 2022 mehr Unterhalt zahle. Ist das erlaubt?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen ist dies möglich. Unterhalt für die Vergangenheit kann verlangt werden, wenn die Mutter des Kindes diesen Anspruch beim Unterhaltspflichtigen bereits angemeldet hat, zum Beispiel indem sie Auskunft über sein Einkommen verlangt.

Wie wird das staatliche Kindergeld beim Unterhalt berücksichtigt?

Das Kindergeld wird grundsätzlich zwischen den Eltern halbiert. In der Regel erhält der Elternteil das Kindergeld, bei dem das Kind auch lebt. Damit darf dann unterhaltspflichtige Elternteil von dem Unterhaltsbetrag laut Tabelle das halbe Kindergeld abziehen. Seit 1. Januar 2023 ist das Kindergeld insgesamt auf 250 Euro pro Kind angestiegen, sodass in der Regel 125,00 Euro abgezogen werden. Die Unterscheidung zwischen dem ersten und zweiten Kind sowie den weiteren Kindern ist aufgehoben worden.

Unsere Tochter lebt bei ihrem Vater. Ich zahle keinen Kindesunterhalt. Er bekommt Unterhaltsvorschuss über das Jugendamt. Kann ich ihm trotzdem gelegentlich Gelder für unsere Tochter zahlen?

Wenn das Jugendamt Unterhaltsvorschuss zahlt, wendet es sich an den zahlungspflichtigen Elternteil, um zu klären, inwieweit Rückforderungen möglich sind. Sie werden in aller Regel also verpflichtet sein, zuerst an das Jugendamt Gelder zu zahlen, wenn Sie dazu in der Lage sind. Wenn Sie Ihrem Kind freiwillig etwas zahlen, werden diese Beträge aber nicht auf Ihre Verpflichtungen gegenüber der Unterhaltsvorschussstelle angerechnet. Der Vater Ihrer Tochter hingegen muss auch Gelder, die er von Ihnen unmittelbar für das Kind erhält, bei der Vorschussstelle angeben.