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Der "Tatort" Dortmund ist fast schon so normal wie Köln

Im Dortmunder "Tatort" kehrt nach dem jüngsten Schock etwas Ruhe ein. Trotzdem wird es auch diesmal nicht langweilig.

Von Marcus Thielking
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Inzwischen ein eingespieltes Team beim Dortmunder „Tatort“: Rick Okon als Jan Pawlak, Jörg Hartmann als Peter Faber, Stefanie Reinsperger als Rosa Herzog (v.li.).
Inzwischen ein eingespieltes Team beim Dortmunder „Tatort“: Rick Okon als Jan Pawlak, Jörg Hartmann als Peter Faber, Stefanie Reinsperger als Rosa Herzog (v.li.). © WDR/Martin Rottenkolber

So langsam kommt auch der Dortmunder „Tatort“ in die Jahre. Als Kommissar Faber und sein Team vor über zehn Jahren zum ersten Mal im Krimi am Sonntagabend auftauchten, war das für viele Zuschauer noch gewöhnungsbedürftig: die Hauptfigur mit psychopathischen Zügen, die persönlichen Handlungsstränge um die Ermittler als Fortsetzungsgeschichte über mehrere Folgen hinweg angelegt. Mittlerweile gehört Dortmund zum „Tatort“ wie Köln oder München, und selbst Peter Faber (Jörg Hartmann) scheint inzwischen fast so normal geworden wie Ballauf und Schenk.

Gut, er sagt immer noch „Kacke“ und „Arschloch“, sein Kollege Jan Pawlak (Rick Okon) kämpft ums Sorgerecht mit der einst drogensüchtigen Mutter seiner Tochter, und die dritte Kommissarin, Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger), hat eine Mutter, die als RAF-Terroristin gesucht wird. Aber sonst: Alles so weit normal in Dortmund.

Der Große Bruder sieht dich

Fabers Rolle ist nach dem Schock – dem Tod der Kollegin Bönisch in der vorletzten Folge – nun viel entspannter angelegt. Keine Wutausbrüche mehr, bei denen auch schon mal eine Kloschüssel aus der Wand getreten wurde; und das, obwohl man ihm den Chefposten entzieht! Dennoch ist der Fall „Love is Pain“ ziemlich spannend und gelungen. Das liegt nicht zuletzt an der gut inszenierten urbanen Atmosphäre: Industriebauten, Dampf, kaltes Licht, Graffiti, elektronische Musik, bunt leuchtende Reklame in nächtlichen Straßen.

Hier spielt sich ein dramatischer Fall ab von einem Mörder, der sich bei seinen Taten absichtlich von Überwachungskameras filmen lässt – um die Polizei auf die Spur eines anderen Verbrechens zu bringen. Mithilfe einer Super-Recognizerin – von Faber liebevoll „Super-Woman“ genannt –, die sämtliche Überwachungskameras Dortmunds auswertet, kommt man der Wahrheit näher. Das ist keine Science-Fiction: Wer in letzter Zeit mal „Aktenzeichen XY“ gesehen hat, weiß wohl, wie viele Verbrechen heute mit Videoaufnahmen aufgeklärt werden. Der Große Bruder sieht dich!

Was nach wie vor beim Dortmunder „Tatort“ nervt, sind die persönlichen Hintergrundgeschichten des Teams, die immer wirrer werden und nichts zur Spannung beitragen, im Gegenteil. Die RAF-Mutter wird zum Schluss von ihrer Tochter verraten und verhaftet. Das allein könnte Stoff für ein gutes Drama sein. Hier wird es als billiger Cliffhanger verramscht.