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Mehr Brände: Dresdner Feuerwehr fürchtet den Klimawandel

Hitze und Trockenheit als Folgen des Klimawandels sind laut der Dresdner Feuerwehr Ursache für mehr Brände. 2022 musste sie über 1.000 Mal löschen.

Von Christoph Springer
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Dieser Brand bleibt in Erinnerung: Im Juni stand eine Halle im Industriegelände in Flammen, tagelang kämpfte die Feuerwehr gegen den Brand.
Dieser Brand bleibt in Erinnerung: Im Juni stand eine Halle im Industriegelände in Flammen, tagelang kämpfte die Feuerwehr gegen den Brand. © Archiv/Roland Halkasch

Dresden. Die Feuerwehr meldet neue Höchstwerte - kein gutes Zeichen. 2022 sei das bisher einsatzreichste Jahr für die Brandschützer und Retter gewesen, berichtet Feuerwehrchef Michael Katzsch. Nicht nur der Rettungsdienst musste ihm zufolge häufiger fahren als je zuvor, auch die Feuerwehr war besonders gefordert. Die Zahl der Brandeinsätze ist um mehr als ein Drittel gestiegen. Dazu gehörten sieben sogenannte Großbrände.

1.200 Einsatzstunden bei nur einem Brand

Von einem Großbrand spricht die Feuerwehr, wenn mit Wasser aus mindestens drei sogenannten C-Rohren gelöscht wird. Das war der Fall, als im Juni 2022 eine Halle im Industriegelände brannte. "Diese Dimension hatten wir noch nie", sagt Feuerwehrsprecher Michael Klahre.

Und es ging noch weiter: Erst brannte ein Seniorenheim am Lahmannring, 27 Personen mussten aus dem Gebäude gerettet werden. Die Feuerwehrleute, die mit Atemschutzgeräten im Einsatz waren, hielten bei 30 Grad Außentemperatur grade mal die Hälfte der üblichen 20 Minuten durch, dann mussten sie abgelöst werden.

Dann kippte im Stadtzentrum nahe dem Rundkino ein Baukran um. Die Feuerwehr rechnete mit vielen Verletzten, war auf einen Großeinsatz vorbereitet. Doch es gab glücklicherweise keine Verletzten.

Und schließlich brannte am 24. Juni die Halle im Industriegelände. "Da hatten wir in Dresden auch die höchste Waldbrandwarnstufe", berichtet Klahre. Mehrere Explosionen und die Tatsache, dass das Feuer gerade so richtig in Gang gekommen war, als der Löscheinsatz beginnen sollte, machten es den Feuerwehrleuten besonders schwer. Sie löschten von Außen - mit mehr als drei Strahlrohren. Etwa 1.200 Einsatzstunden kamen schließlich zusammen.

Brandursache Trockenheit

Bei vier der sieben Großbrände standen Waldstücke und ein Feld in Flammen. Rund 100 Feuerwehrleute waren etwa nötig, um Mitte Juli einen Brand in der Heide zu löschen. In Klotzsche brannte ein Waldstück, in Wilschdorf ein Feld und im Industriegelände eine Brache.

Feuerwehrchef Michael Katzsch nennt vor allem den Klimawandel als eine Ursache solcher Brände. Trockenheit und große Hitze führten dazu, dass leichter ein Brand ausbrechen könne, so der Chef des Brand- und Katastrophenschutzamtes. "Ohnegleichen" sei 2022 gewesen, mit insgesamt fast 1.050 Brandeinsätzen. Besonders kleine und mittlere Brände von Sträuchen, Hecken und anderen Gewächsen hätten dabei den Ausschlag gegeben. Katzsch geht davon aus, dass sich die Feuerwehr deshalb für weitere solche Jahre rüsten muss.

4,43 Millionen Löschwasser haben die Brandschützer 2022 verbraucht, das entspricht laut Feuerwehrrechnung der Füllmenge von 24.610 Badewannen. Vor 2022 seien weniger als eine Million Liter Wasser nötig gewesen, sagt Katzsch.

Feuerwehrleute löschen in Lebensgefahr

Unwetter spielten dagegen bei den Einsätzen keine Rolle, dafür aber ein Bombenfund in der Friedrichstadt und ein Einsatz, bei dem die Löschkräfte davon ausgehen mussten, auf einen bewaffneten Mann zu treffen. Als im Oktober 2022 in der Friedrichstadt eine Bombe gefunden wurde, war die Feuerwehr unterwegs, um Menschen aus dem Gefahrengebiet zu holen. Zwischen Fund und Entschärfung sei ausreichend Zeit gewesen, die betroffenen Dresdner rechtzeitig zu informieren, erinnert Katzsch.

Als dagegen am 19. Oktober ein Brand in einer Wohnung im Hechtviertel gelöscht werden musste, passierte das unter höchstem Druck. Die Brandschützer mussten davon ausgehen, dass sich in der Wohnung ein bewaffneter Mann verschanzt hat und sie womöglich bei ihrem Einsatz angreift. Der Mann hatte zuvor aus einem Fenster mit einer Waffe gedroht. Er wurde schließlich tot geborgen.

Auch bei einer Geiselnahme im Dezember war die Feuerwehr gefragt. Sie war für die medizinische und psychosoziale Notfallversorgung verantwortlich und hatte sich dafür auf dem Theaterplatz postiert. Die Zusammenarbeit mit der Polizei bei solchen Einsätzen spiele eine "maßgebliche" Rolle, sagt Katsch, sie solle künftig intensiver werden.

Die Polizei war überall sichtbar bei der Geiselnahme im Dezember, die Feuerwehr hielt sich im Hintergrund. Sie stand bereit für die Nachsorge.
Die Polizei war überall sichtbar bei der Geiselnahme im Dezember, die Feuerwehr hielt sich im Hintergrund. Sie stand bereit für die Nachsorge. © Archiv/www.loesel-photographie.de

Rettungsdienst bekommt Unterstützung

Die Zahl der Rettungsdiensteinsätze ist den Angaben nach im Vergleich zum Vorjahr um etwa acht Prozent gestiegen. Das sei im bundesweiten Trend, sagt Feuerwehrsprecher Michael Klahre. Dresden habe nie - wie etwa Berlin - den Ausnahmezustand beim Rettungsdienst ausrufen müssen. Das liege unter anderem daran, dass auch Feuerwehrbesatzungen als Retter unterwegs sein könnten. Dafür stünden Rettungsfahrzeuge bereit - und die Möglichkeit sei 2022 auch mehrfach genutzt worden.

Parallel dazu musste die Feuerwehr im vergangenen Jahr in fast 680 Fällen Tragehilfe leisten. Das heißt, Patienten waren für die Retter zu schwer, sie brauchten Unterstützung für den Transport zum Beispiel aus der Wohnung zum Rettungswagen.

Angriffe und Beleidigungen beim Einsatz

Ein dunkle Seite: 415 Fälle von Gewalt gegen Einsatzkräfte stehen für 2022 in der Statistik des Brand- und Katastrophenschutzamtes. Dazu gehören 66 Fälle von körperlicher Gewalt, Verletzte habe es aber nicht gegeben, sagt Klahre. Den Großteil dieser Attacken machen demnach mit 112 Fällen Beschimpfungen aus. Zum Vergleich: 2020 gab es 365 solche Gewaltfälle beim Einsatz von Feuerwehr und Rettungsdienst, 2021 waren es 532.