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Über 420.000 Einsprüche gegen Grundsteuer-Bescheide in Sachsen

Die Grundsteuerreform beschäftigt nicht nur sächsische Finanzämter, sondern inzwischen auch das Finanzgericht und Mietervereine. Dass die Eigentümer die Bescheide nicht akzeptieren, hat verschiedene Gründe.

Von Sylvia Miskowiec
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Steuerzahlerbund und Haus & Grund raten zur Klage gegen den Grundsteuerbescheid des Finanzamtes.
Steuerzahlerbund und Haus & Grund raten zur Klage gegen den Grundsteuerbescheid des Finanzamtes. © dpa

Die meisten Haus- und Grundbesitzer in Sachsen haben ihre Erklärung für die Neufestsetzung der Grundsteuer abgegeben. Stichtag war bereits vor neun Monaten, am 31. Januar. Vier Prozent, rund 72.000 Einreichungen, fehlen laut Finanzministerium Sachsen aber immer noch.

Dagegen ist ein Viertel aller Eigentümer schon einen Schritt weiter. Sie sind gegen den erteilten Bescheid ihres Finanzamtes vorgegangen: „Rund 246.000 Einsprüche gegen Bescheide über die Grundsteuerwertermittlung sowie etwa 177.000 Einsprüche gegen Bescheide über die Grundsteuermessbetragsfestsetzung sind bisher erfasst worden“, sagt Ministeriumssprecher Jörg Herold.

Zweifel an Verfassungskonformität

Dass die Eigentümer die Bescheide nicht akzeptieren, hat verschiedene Gründe. Manche hätten entdeckt, dass sie selbst fehlerhafte Angaben gemacht haben. „Aber einige legen Einspruch ein, weil sie mit den neuen gesetzlichen Regelungen nicht einverstanden sind“, so Herold. Vielfach werde dabei auch mehr oder weniger pauschal auf eine vermeintliche Verfassungswidrigkeit verwiesen.

Aus der Luft gegriffen sind derartige Bedenken jedoch nicht. So zweifelte der Steuerrechtsexperte Gregor Kirchhof bereits Anfang des Jahres in einem Rechtsgutachten die Verfassungskonformität der Reform an. Der Bund der deutschen Steuerzahler sowie die Interessengemeinschaft Haus & Grund raten auf dieser Grundlage auch in Sachsen zur Klage vor dem Finanzgericht. Dieser Weg steht allen offen, deren Widerspruch gegen den Bescheid vom Finanzamt abgelehnt wurde.

Aktuell sind 19 Klagen zu Rechtsfragen des neuen Grundsteuerrechts am sächsischen Finanzgericht anhängig. Sie richten sich nach Angaben des Finanzministeriums überwiegend gegen die Anwendung der gesetzlichen Grundlagen für die Bewertung von Wohnimmobilien, insbesondere gegen den Ansatz des Bodenrichtwerts und der gesetzlich geregelten Nettokaltmieten.

Mieterbund befürchtet steigende Mieten

Die Grundsteuerreform betrifft allerdings nicht nur Eigentümer und Vermieter, sondern auch Mieter. Denn Vermieter dürfen die Grundsteuer als Teil der Nebenkosten auf die Mieter umlegen. In Sachsen macht das laut Sächsischem Mieterbund im Schnitt monatlich 13 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche aus, in Dresden sind es 16 Cent.

Wie hoch dieser Anteil künftig ausfällt, entscheidet sich im nächsten Jahr, wenn die Gemeinden ihren Hebesatz neu festlegen. „Vor allem Mieten in Ballungszentren könnten erheblich steigen“, sagt Florian Bau, Jurist und Sprecher des Mietervereins Dresden. Noch lägen zu wenige Daten für eine Prognose vor. „Allerdings äußerte ein Großvermieter aus Dresden uns gegenüber, dass mit Kostensteigerungen von rund 20 Prozent zu rechnen sei.“