Sachsen
Merken

Aktuell weniger Menschen in Sachsen überschuldet

In Sachsen sind 290.000 Menschen überschuldet, und damit weniger als im vergangenen Jahr. Doch der positive Trend wird nicht lange anhalten, warnen Experten.

 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Im Moment haben die meisten Sachsen wieder mehr Geld in der Tasche.
Im Moment haben die meisten Sachsen wieder mehr Geld in der Tasche. ©  Symbolfoto: dpa/Robert Michael

Die Zahl der überschuldeten Verbraucherinnen und Verbraucher in Sachsen ist binnen Jahresfrist gesunken. Das geht aus dem von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Dienstag in Neuss vorgestellten "Schuldneratlas Deutschland 2022" hervor. Insgesamt waren im Freistaat 290.000 Menschen betroffen, 14.000 weniger als im Jahr zuvor.

Die Überschuldungsquote - der Anteil überschuldeter Personen im Verhältnis zu allen Erwachsenen - sank um 0,36 Prozentpunkte auf 8,51 Prozent. Der Freistaat liegt damit bundesweit im Mittelfeld. Bremen hat die höchste Quote (12,46 Prozent), Bayern die niedrigste (6,05 Prozent). Der Bundesdurchschnitt liegt bei 8,48 Prozent. Von einer Überschuldung ist dann die Rede, wenn Verbraucher ihre Schulden über einen längeren Zeitraum nicht mehr zurückzahlen können.

Der bundesweite Rückgang der Zahl überschuldeter Verbraucher und Verbraucherinnen ist laut Wirtschaftsauskunftei zu einem Teil auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Staatliche Hilfsprogramme, eingeschränkte Konsummöglichkeiten und eine Zurückhaltung beim Ausgeben von Geld hätten die Überschuldungsquote sinken lassen.

Inflation und Energiekosten könnten wieder zu mehr Überschuldungen führen

Allerdings rechnen die Experten künftig wieder mit einer Zunahme der Betroffenen. "Die wahren Belastungen werden die anhaltend hohe Inflation und insbesondere die ansteigenden Energiekosten sein, die noch längst nicht vollständig beim Verbraucher angekommen sind."

"Wir fürchten in den kommenden Monaten eine Trendwende. Die in der Corona-Krise angehäuften Sparguthaben sind vielfach schon wieder aufgebraucht", erklärte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. Das treffe vor allem Geringverdiener, die auch in normalen Zeiten nicht viel auf die Seite legen könnten.

Dabei sind die hohen Belastungen durch die hohe Inflation und vor allem die ansteigenden Energiekosten laut Creditreform noch längst nicht vollständig beim Verbraucher angekommen. "Der kommende Energiepreisschock zu Beginn des neuen Jahres wird für viele zu einer finanziellen Überforderung", prognostizierte der Geschäftsführer von Creditreform Boniversum, Michael Goy-Yun.

Bis zu 19 Prozent der deutschen Haushalte gefährdet

Die Überschuldungsgefährdung vieler Verbraucher nehme derzeit drastisch zu und übersteige das Risikopotenzial der letzten Jahre bei weitem, heißt es warnend im Schuldneratlas. Nach Berechnungen der Creditreform-Tochter Microm laufen bis zu 19 Prozent der deutschen Haushalte Gefahr, ihre Rechnungen für Versorgungsleistungen wie Strom, Wasser, Gas und Wärme nicht sofort bezahlen zu können. Betroffen seien damit rund 7,8 Millionen Haushalte oder 15,6 Millionen Personen, sagte Goy-Yun.

Zum Vergleich: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes konnten 2021 - also vor der Preisexplosion bei Haushaltsenergien - schon 2,6 Millionen Menschen oder 3,2 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ihre Wohnung aus Geldmangel nicht angemessen heizen.

Die derzeit drohenden Nachzahlungen für die Heizkosten seien geeignet, viele Verbraucher in nachhaltige Zahlungsschwierigkeiten, zum Teil auch direkt in die Überschuldung zu führen, heißt es im Schuldneratlas. Die Experten rechnen deshalb für das kommende Jahr mit einer deutlichen Verschlechterung der Verschuldungssituation in vielen Haushalten.

"Ein Anstieg der Überschuldungszahlen um rund 600.000 Fälle ist nicht unrealistisch", heißt es im Schuldneratlas. Und es sei nicht auszuschließen, dass die Wucht des Nachzahlungsschocks und die schwer kalkulierbare Dauer der inflationären Tendenzen noch mehr Haushalte in die Überschuldung treiben. (dpa)