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Osteoporose trifft vor allem Frauen – und wird oft zu spät behandelt

Täglich 2.300 Knochenbrüche gehen in Deutschland auf das Konto von Osteoporose. Doch die vorsorgliche Dichtemessung muss privat bezahlt werden.

Von Stephanie Wesely
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Bewegung und Gleichgewichtstraining bewahrt vor Stürzen.
Bewegung und Gleichgewichtstraining bewahrt vor Stürzen. © dpa

Etwa 5,6 Millionen Menschen haben in Deutschland Osteoporose. Die meisten von ihnen – nämlich fast 4,5 Millionen – sind Frauen über 50. Die Krankheit ist meist verbunden mit Schmerzen und eingeschränkter Mobilität und Lebensqualität.

Damit die Knochen dem Körper Stabilität, Haltung und Beweglichkeit geben, finden in ihrem Inneren lebenslang Auf-, Um- und Abbauprozesse statt. Dabei ist es normal, dass sich Masse und Struktur der Knochen im Alter verändern. Bei einer Osteoporose nehmen jedoch die Knochenmasse und die Stabilität des Knochengewebes so weit ab, dass die Knochen schon bei geringer Belastung brechen können.

Rippenbruch durch Husten

Für eine Fraktur von Hüftknochen, Becken, Handgelenk oder Arm genügt schon ein Sturz aus dem Stand. Selbst ein Hustenanfall kann zum Rippenbruch führen. Und für den Ermüdungsbruch eines Wirbelkörpers genügt bereits die Belastung durch das eigene Körpergewicht. Der Raubbau in den Knochen verursacht über Jahre keine Beschwerden – bis der erste Knochen bricht.

Doch dazu muss es nicht kommen. Denn es gibt Risikofaktoren, die den Knochenabbau voranschreiten lassen. Sind diese bekannt, lässt sich in vielen Fällen etwas für eine bessere Knochengesundheit tun und die Osteoporose hinauszögern. Besonders oft sind Frauen nach den Wechseljahren betroffen, weil das Absinken des Östrogenspiegels den Knochenabbau beschleunigt. Auch das Alter ist ein Risikofaktor. Nicht zuletzt, weil die Sturzgefahr zunimmt, wenn Körperkraft und Koordination nachlassen. Kommen weitere Risiken wie Bewegungsmangel, familiäre Vorbelastung und Untergewicht dazu, steigt das Frakturrisiko weiter.

Eine Knochendichtemessung ist eine sichere und zuverlässige Methode, um Osteoporose frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Doch der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat entschieden, dass die Untersuchung ohne konkrete Anzeichen oder klinische Befunde von den Krankenkassen nicht übernommen werden. Privat kostet sie zwischen 20 und 50 Euro, auch weitere Kosten, zum Beispiel für Auswertung und Beratung können hinzukommen.

Knochendichtemessung auf Kassenkosten

Demnach übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten für eine Knochendichtemessung nur unter folgenden Bedingungen: Eine zugelassene Arztpraxis muss für Patienten mit einer bereits diagnostizierten Osteoporose die Knochendichtemessung mit einem angemeldeten Röntgengerät durchführen. „Eine anerkannte Diagnose liegt vor, wenn Patienten aufgrund ihrer Osteoporose bereits einen Knochenbruch erlitten haben. Hier kann bei nachgewiesener verminderter Knochendichte die Anzahl von Folgefrakturen durch eine geeignete Therapie gesenkt werden“, sagt Monika Welfens, Geschäftsführerin der Barmer in Sachsen. „Auch wenn eine spezifische medikamentöse Therapie erfolgen oder die Behandlung optimiert werden soll, zahlen die Kassen“, sagt Sandra Antoni von der Knappschaft in Sachsen. Werde die Leistung direkt mit den Krankenkassen abgerechnet, erhielten die Patienten dafür keine Privatrechnung. Ohne weitere Fraktur kann die Messung frühestens nach fünf Jahren wiederholt werden, in begründeten Fällen aber auch früher, erklärt Katrin Lindner von der Techniker Krankenkasse Sachsen.

Die Knochendichte wird ambulant an zwei Körperbereichen gemessen – der Lendenwirbelsäule und der Hüfte mit Fokus auf beide Oberschenkelhälse. Denn diese brechen durch Osteoporose besonders häufig. Das liegt unter anderem daran, dass sie aus schwammartigen Knochenbälkchen bestehen, denen der Knochenschwund besonders zu schaffen macht. Außerdem stürzen ältere Menschen vermehrt in Richtung Gesäß, was Lendenwirbelsäule und Oberschenkelknochen angreifbar macht.

Werte für Wirbelsäule und Hüfte

Bei der Knochendichtemessung ergeben sich zwei verschiedene Werte – einer für die Wirbelsäule und einer für die Hüfte. Entscheidend für die Diagnostik ist der niedrigste und damit kritischste Wert, der gemessen wird. Der Osteoporose-Wert wird in Gramm pro Quadratzentimeter angegeben. Er gibt an, wie stark die gemessene Knochendichte von der Knochendichte junger, gesunder Erwachsener abweicht. Deshalb steht ein Minuszeichen vor der Zahl. Ein Wert von höher oder gleich –1 gilt als normal. Bei einem Wert zwischen –1 bis –2,5 besteht bereits eine Vorstufe von Osteoporose, die sogenannte Osteopenie. Hier kann eine Behandlung mit Medikamenten bereits erforderlich sein, beispielsweise, wenn die Patientin über 75 Jahre alt ist und weitere Risikofaktoren vorliegen.

Alles, was unter einem Messwert von –2,5 liegt, bedeutet Osteoporose. In diesem Fall ist eine individuelle Behandlung nötig. Doch diese setzt oft viel zu spät ein: Von den mehr als drei Millionen Frauen mit einem hohen Frakturrisiko sind nur rund 761.000 in Behandlung, zeigen Daten der Internationalen Osteoporose-Gesellschaft. Schätzungsweise fast 2,5 Millionen Frauen erhalten trotz erhöhtem Osteoporoserisiko keine angemessene Behandlung. Mediziner setzen vor allem auf Vitamin-D- und Kalzium-Präparate, zusätzlich können auch Hormone verschrieben werden. (upr)

Knochendichtemessungen können bei Orthopäden erfolgen. Orthopäden in Sachsen findet man in der Arztsuche der Kassenärztlichen Vereinigung.

Donnerstag Telefonsprechstunde

Wer hat ein hohes Risiko für Osteoporose? Wie erkennt man die Krankheit rechtzeitig? Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Solche und andere Fragen beantworten Mediziner am Donnerstag, den 19. Oktober, von 16 bis 19 Uhr unter der gebührenfreien Rufnummer 0800 2811811.

Am Telefon antworten: Dr. Friederike Thomasius, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Osteologie; Dr. Daniel Dobbert, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie aus Dessau; Dr. Isa Feist-Pagenstert, Osteologin und Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie München; Dr. Thorsten Freikamp, Geschäftsführer des Bundesselbsthilfeverbands für Osteoporose; Dr. Christiane Karrenberg, Osteologin und Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie Rösrath; Prof. Hans-Christof Schober, Osteologe und Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie, Ernährungsmedizin Wolgast; Dr. Ortrun Stenglein-Gröschel, Osteologin und Fachärztin für Orthopädie, Chirotherapie Coburg. (rnw)

Vortrag

Für die Osteoporosebehandlung gelten neue Leitlinien. Im Marcolini-Palais (Festsaal) des Städtischen Klinikums Dresden gibt es dazu am Freitag, dem 20. Oktober von 13.30 Uhr bis 16 Uhr einen Vortrag. Chefärztin Dr. Leonore Unger und Dr. Andreas Weber sprechen unter anderem über neue Therapievorgaben und über die Behandlung von Wirbelbrüchen. Für anschließende Fragen stehen die Ärzte sowie eine Physiotherapeutin, Heilpraktikerin und Osteopathin zur Verfügung. Der Eintritt ist frei.