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Osteoporose: Wann zahlt die Kasse eine Knochendichte-Messung?

Ärzte können damit das Risiko einer Osteoporose einschätzen. Doch Patienten wie Christine Richter aus Chemnitz müssen oft für eine Kostenübernahme kämpfen.

Von Kornelia Noack
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Dr. Leonore Unger vom Städtischen Klinikum Dresden wertet die Röntgenbilder einer Knochendichtemessung aus.
Dr. Leonore Unger vom Städtischen Klinikum Dresden wertet die Röntgenbilder einer Knochendichtemessung aus. © Matthias Rietschel

Seit vielen Jahren schon leidet Christine Richter unter Rheuma. Als die Schmerzen der Chemnitzerin vor drei Jahren immer schlimmer wurden, verschrieb ihr ihre behandelnde Rheumatologin ein Kortisonpräparat, um die Entzündung in den Gelenken zu hemmen. „Da die längere Einnahme zu einer Osteoporose führen kann, schlug mir meine Ärztin eine Knochendichtemessung vor“, sagt die 70-Jährige.

Sie vereinbarte direkt einen Termin bei ihrer Rheumatologin. Die 20 Euro für die Knochendichtemessung bezahlte sie vor Ort. „Später habe ich gelesen, dass die Krankenkassen die Kosten übernehmen können“, sagt Richter, die bei der AOK Plus versichert ist. Sie beantragte bei ihrer Kasse die Erstattung, doch diese lehnte das ab.

Osteoporose ist eine Volkskrankheit

Längst kein Einzelfall. Osteoporose gilt als Volkskrankheit. Allein in Deutschland leiden rund sechs Millionen Menschen darunter. Seit 2014 können Ärzte zwar häufiger eine Knochendichtemessung verordnen, wenn sie diese für medizinisch sinnvoll erachten. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die Kassen auch die Kosten übernehmen. Für eine Osteoporose gibt es keine Frühwarnzeichen. Wann die Knochen zum Brechen neigen, lässt sich schwer bis gar nicht vorhersagen.

Was ist die Knochendichtemessung?

Sie gibt Aufschluss darüber, ob die Knochen ihre Festigkeit verlieren und das Risiko für Stürze und Brüche höher wird. Die Messung (auch Osteodensitometrie) dauert etwa zehn Minuten. „Geprüft wird die Knochenbeschaffenheit anhand des Kalksalzgehaltes“, erklärt Dr. Leonore Unger, Leiterin des Osteoporosezentrums am Städtischen Klinikum Dresden. Durchgesetzt hat sich das DXA-Verfahren (Dual Energy X-ray Absorptiometry). Der Patient liegt auf einem Röntgentisch, und zwei Röntgenquellen tasten die Lendenwirbelsäule und wenn möglich beide Hüften ab. „Es gibt drei Messpunkte, der niedrigste wird für mögliche Therapieentscheidungen herangezogen“, sagt Unger.

Der sogenannte T-Score bezieht sich auf die Abweichung zu den Werten vergleichbarer, gesunder Menschen. Ein T-Score von 0 bis -1 gilt als normal, zwischen -1 bis -2,5 ist die Knochendichte verringert, ein Wert von weniger als -2,5 weist auf eine Osteoporose hin. „Studien haben ergeben, dass bereits die Abnahme der Knochendichte um eine Standardabweichung das Risiko für zukünftige Knochenbrüche um 50 bis 200 Prozent erhöht“, sagt Leonore Unger.

Wann ist die Messung sinnvoll?

Wenn jemand schon einmal einen sogenannten unklaren Bruch erlebt hat. „Wer nur stolpert und sich dabei gleich einen Wirbelkörper bricht, sollte an Osteoporose denken“, sagt Unger. Auch eine Schenkelhalsfraktur und die sogenannte Wächterfraktur können auf Osteoporose hindeuten. Bei Letzterer handelt es sich um einen handgelenknahen Unterarmbruch nach einem nur leichten Sturz.

„Das Ergebnis der Knochendichtemessung allein ist dann aber nicht entscheidend dafür, ob eine spezielle Osteoporose-Therapie eingeleitet wird. Wichtig ist auch das Alter und ob zusätzliche Risikofaktoren vorliegen“, sagt Unger. Das Ziel der Behandlung sei, Knochenbrüche zu verhindern.

Ein Modell poröser Knochenstruktur.
Ein Modell poröser Knochenstruktur. © Matthias Rietschel

Wer hat denn ein erhöhtes Risiko?

80 Prozent der Osteoporose-Patienten sind Frauen. „Besonders häufig erkranken sie nach den Wechseljahren, wenn das für den Knochenaufbau wichtige Hormon Östrogen fehlt“, so Unger. Eine der häufigsten Ursachen ist zudem die Einnahme von Kortison, etwa bei Rheumatikern wie Christine Richter aus Chemnitz. Ebenso können Asthmatiker und Diabetiker schnell Osteoporose entwickeln. „Auch die Gene spielen eine wichtige Rolle“, sagt Unger. „Haben die Eltern bereits einen Schenkelhals- oder Wirbelkörperbruch erlitten, steigt für die Nachkommen das Risiko.“

Brüchig werden kann das Skelett auch durch Rauchen und Alkoholmissbrauch, Hormonbehandlungen bei Brust- und Prostatakrebs, die jahrelange Einnahme von Mitteln gegen Sodbrennen, Schilddrüsenerkrankungen, neurologische Störungen, aber auch Erkrankungen, die die Aufnahme von Calcium schwierig machen wie Zöliakie oder Lactoseunverträglichkeit.

Was kostet die Messung?

Die Grundkosten liegen laut Angaben der Techniker Krankenkasse zwischen 18 und 32 Euro. In der Regel kommen Zuschläge hinzu, und einige Ärzte berechnen die Beratung extra. Daher ist die Höhe der Kosten von Praxis zu Praxis verschieden.

Was und wann zahlt die Kasse?

Wer seine Knochendichte rein zur Früherkennung messen lassen möchte, muss das als Privatleistung (IGeL) selbst bezahlen. Osteoporose-Patienten dagegen haben alle fünf Jahre Anspruch auf eine Knochendichtemessung. Bei einem schweren Krankheitsverlauf kann sie aber auch früher wiederholt werden.

„Liegt keine Diagnose vor, können die Kosten für die Messung übernommen werden, wenn der Patient eine Fraktur ohne ersichtlichen Grund erlitten hat und gleichzeitig ein begründeter Osteoporose-Verdacht besteht“, sagt Hannelore Strobel, Sprecherin der AOK Plus. Auch wenn der Patient mit Medikamenten gegen Osteoporose therapiert werden soll und dies medizinisch sinnvoll erscheint, können die Kosten erstattet werden.

Für die Verbraucherzentrale Bund wird die Messung demnach zur Kassenleistung, wenn zum Beispiel über längere Zeit eine hoch dosierte Behandlung mit Kortison erfolgte. Oder wenn bestimmte Risikoerkrankungen vorliegen wie Diabetes Typ 1, Rheuma, Rauchen, Herzinsuffizienz, Epilepsie, Zöliakie – sowie weitere Risikofaktoren aufgrund des Alters und des Geschlechts hinzukommen. Etwa bei Frauen nach der Menopause.

Funktioniert die Kostenübernahme?

Mal mehr, mal weniger gut. Es gibt immer wieder Uneinigkeit. Laut Verbraucherzentrale müssten viele Patienten nach wie vor die Messung aus eigener Tasche bezahlen, selbst wenn sie zu den Risikogruppen gehören. „Die Abrechnung als Individuelle Gesundheitsleistung scheint für Arztpraxen lukrativer zu sein als die Erstattung der Leistung über die gesetzlichen Krankenkassen“, so die Verbraucherschützer.

Weil gerade in ländlichen Regionen die Versorgungsdichte zu niedrig sei, komme es vor, dass Genehmigungen für die Messgeräte an die Kassenärztlichen Vereinigungen zurückgegeben werden. Die Geräte würden jedoch in den Praxen verbleiben, und Ärzte würden die Leistung privat abrechnen – und damit gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten verstoßen. „Auch wenn der behandelnde Arzt die Messung als IGeL anbietet, obwohl der die Möglichkeit hat, es über die Versichertenkarte abzurechnen, ist das nicht rechtens“, sagt AOK-Sprecherin Strobel.

Was können Patienten also tun?

Sie sollten nachfragen, ob ihr Arzt die Knochendichtemessung als Kassenleistung abrechnen darf. Das hätte auch Christine Richter aus Chemnitz vor der 20-Euro-Rechnung bewahrt. Eine Prüfung durch die AOK Plus hat im Nachhinein nämlich ergeben, dass ihre Rheumatologin nicht über die entsprechende Genehmigung verfügt. „Die Ärztin muss im Vorfeld darüber aufgeklärt haben, dass sie die Leistung nicht über die Karte abrechnen kann“, sagt AOK-Sprecherin Strobel.

Außerdem sollten Patienten beim Arzt nachhaken, ob er die Messung für eine Therapieentscheidung benötigt – also zur Verordnung von Medikamenten gegen Osteoporose. In dem Fall muss die Praxis die Messung als Kassenleistung erbringen, erklären die Verbraucherschützer. Will man auf Nummer sicher gehen, sollte man immer vor der Behandlung einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Kasse stellen.

Für eine Osteodensitometrie qualifizierte Ärzte in Sachsen finden Sie hier

Osteoporose-Kongress am 12. November in Dresden

  • Von Bewegungsübungen bis Ernährungstipps: Der Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose lädt Sonnabend, 12. November 2022, zum Patientenkongress ins Hygienemuseum nach Dresden ein.
  • „Aktiv sein und bleiben“– so lautet das Motto, unter dem Mediziner in 30-minütigen Vorträgen neueste Erkenntnisse zu Osteoporose vorstellen. Los geht es um 9.30 Uhr. Der Eintritt zum Kongress ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
  • Prominenter Gast in Dresden ist Heike Henkel, Olympiasiegerin im Hochsprung. Sie wird um 10 Uhr über ihre Knochenschwund-Diagnose berichten.
  • Das komplette Programm: www.osteoporose-deutschland.de