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In Sachsen sind mittlerweile 383 Hausarzt-Stellen unbesetzt

Hohe Kosten, Bürokratie und die Digitalisierung hindern viele junge Mediziner, sich in Sachsen niederzulassen. Ein neues Gesetz soll die Bedingungen verbessern.

Von Kornelia Noack
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Immer mehr Haus- und Facharztpraxen im Freistaat stehen vor dem Aus.
Immer mehr Haus- und Facharztpraxen im Freistaat stehen vor dem Aus. © Daniel Karmann/dpa

Sachsens niedergelassene Ärzte sehen die ambulante Versorgung von Patienten akut gefährdet. Jeder Dritte von den rund 2.600 praktizierenden Hausärzten im Freistaat ist älter als 60 Jahre und steht unmittelbar vor dem Ruhestand. 383 Hausärzte werden derzeit gesucht.

"In ländlichen Regionen besteht bereits eine Unterversorgung", sagte Klaus Heckemann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) am Mittwoch in Dresden. Demnach fehlen in 36 der 48 Planungsbereiche Hausärzte. Unbesetzte Stellen gibt es unter anderem in Freiberg (23), Meißen (10,5), Hoyerswerda (11), Görlitz (11,5) und Löbau (10). Die Zahlen stammen vom 1. April dieses Jahres. Als überversorgt gelten der KVS zufolge die Städte Dresden, Leipzig und Markkleeberg.

Dazu komme eine immer älter werdende Bevölkerung, die eine intensivere Betreuung benötigt. Jeder vierte Einwohner in Sachsen ist bereits älter als 65 Jahre. Damit steige die Krankheitslast.

Immer weniger Zeit für Patienten

Laut Heckemann stünden immer mehr Haus- und Facharztpraxen vor dem Aus, weil sich die politischen Rahmenbedingungen verschlechterten. Trotz langer Arbeitszeiten bleibe immer weniger Zeit für die Patienten. Gründe dafür seien eine überbordende Bürokratie und unausgereifte Digitalisierungsmaßnahmen.

Laut einer Umfrage des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung fühlen sich 91 Prozent der Ärzte und Psychotherapeuten durch die bürokratischen Aufgaben überlastet. 88 Prozent der Mediziner bundesweit sagen, dass die Digitalisierungsmaßnahmen ihren Praxisablauf beeinträchtigen.

Nach Einführung der elektronischen Patientenakte und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sind Ärzte seit Jahresbeginn verpflichtet, E-Rezepte auszustellen. "Technik und Prozesse landen jedoch unausgereift in den Praxen und verzögern die Abläufe", sagte Dr. Stefan Windau, Vorsitzender der Vertreterversammlung der KVS. Allein in diesem Jahr habe es bereits 630 Stunden Störungen in der Telematikinfrastruktur gegeben, über die Akteure im Gesundheitswesen kommunizieren.

Dr. Klaus Heckemann, Dr. Sylvia Krug und Dr. Stefan Windau von der KVS vor dem Aktionsplakat, um die verschärfende Situation in der ambulanten Gesundheitsversorgung aufmerksam zu machen.
Dr. Klaus Heckemann, Dr. Sylvia Krug und Dr. Stefan Windau von der KVS vor dem Aktionsplakat, um die verschärfende Situation in der ambulanten Gesundheitsversorgung aufmerksam zu machen. © Veit Hengst

Keine Honorar-Obergrenzen mehr

Um die Vor-Ort Versorgung für Patienten abzusichern, hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch im Kabinett einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Er sieht bessere Arbeitsbedingungen für Hausärzte vor. So sollen unter anderem Obergrenzen bei der Vergütung wegfallen. Bisher ist das Geld, das Ärzte für die Behandlung gesetzlich Versicherter erhalten, nach oben begrenzt. Dies soll verhindern, dass die Kosten aus dem Ruder laufen.

KVS-Chef Klaus Heckemann begrüßt die Entbudgetierung: "Seit Jahren werden die Praxen nur zu etwa 90 Prozent für alles bezahlt, was sie für ihre Patienten leisten."

Auch die KVS engagiert sich seit Jahren, um Ärzte-Nachwuchs zu gewinnen. Jedes Jahr finanziert sie beispielsweise das Studium für 20 angehende Mediziner im ungarischen Pècs. Der Freistaat fördert zusätzlich 20 Studienplätze pro Jahr. Lassen sich Mediziner in unterversorgten Gebieten nieder, erhalten sie einen Zuschuss. Zudem erhalten Ärzte 10.000 Euro, wenn sie Nachwuchs weiterbilden. Zudem sprechen sich KVS und Landeszahnärztekammer für die Einführung einer Landzahnarztquote aus

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