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Höhere Sterblichkeit in Sachsen wegen mangelnder Vorsorge

Viele Sachsen riskieren Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine neue Serie zeigt, wie sich die Gefahr senken lässt.

Von Stephanie Wesely
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Die Mammografie wird in Sachsen immer weniger genutzt. Von 75 Prozent Teilnahmequote zu Beginn des Screenings 2007 ging die Inanspruchnahme auf 25 Prozent zurück.
Die Mammografie wird in Sachsen immer weniger genutzt. Von 75 Prozent Teilnahmequote zu Beginn des Screenings 2007 ging die Inanspruchnahme auf 25 Prozent zurück. © dpa

Immer mehr Menschen überleben eine Krebserkrankung, weil die Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten besser geworden sind. Doch das könnte sich bald ändern: Die Deutsche Krebshilfe rechnet mit einer Zunahme der Sterblichkeit – auch in Sachsen. Ursache ist die sinkende Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen seit der Pandemie.

Pro Jahr erkranken in Sachsen fast 31.000 Menschen neu an Krebs, knapp 13.000 sterben daran. Den aktuellsten Daten des Sächsischen Krebsregisters von 2020 zufolge ist Prostatakrebs die häufigste bösartige Erkrankung bei Männern. 26 Prozent der Krebsfälle betrafen dieses Organ. Rechtzeitig erkannt, ist Prostatakrebs gut behandel- oder sogar heilbar. Doch viele Männer scheuen die Vorsorge: Laut AOK Plus nutzte nur jeder fünfte anspruchsberechtigte Mann ab dem 45. Lebensjahr das Früherkennungsangebot, bei Versicherten der IKK classic war es etwa jeder vierte.

Mammografie-Teilnahme sinkt

Bei Frauen wird mit rund 30 Prozent am häufigsten Brustkrebs diagnostiziert. Es ist die Tumorkrankheit mit den höchsten Heilungsraten – jedoch nur bei frühzeitiger Erkennung. Seit 2007 gibt es deshalb in Sachsen für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren das staatlich organisierte Mammografie-Screening. Lagen die Teilnahmequoten zu Beginn des Programms noch bei 75 Prozent der anspruchsberechtigten Frauen, gingen im Jahr 2021 nur noch rund 25 Prozent zu dieser vorsorglichen Röntgenuntersuchung der Brust.

Die geringste Beteiligung gibt es in Sachsen bei der Darm- und Hautkrebsfrüherkennung. Knapp 13 Prozent der AOK Plus-versicherten Männer und Frauen über 50 Jahre gingen zur Darmspiegelung oder nutzten den Test auf verborgenes Blut im Stuhl. Das Hautkrebsscreening, das ab dem 35. Lebensjahr, bei manchen Krankenkassen aber auch schon früher angeboten wird, nahmen laut IKK classic nur sechs Prozent der Berechtigten wahr.

Weniger Krebs-Operationen seit Corona

Ihre Sorge um einen Anstieg der Krebssterbefälle begründet die Deutsche Krebshilfe aber nicht allein mit der Vorsorgemüdigkeit der Menschen. Während der Pandemie ging in den Krankenhäusern auch die Zahl der Krebs-Operationen zurück – in Sachsen zum Teil um 15 Prozent. Viele der Kliniken haben bei den OPs im Jahr 2021 das Niveau der Vor-Coronazeit noch nicht wieder erreicht. Grund war oft der hohe erkrankungsbedingte Personalausfall.

Lebenserwartung in Deutschland geringer

Gesetzlich Krankenversicherte können sich neben Krebs auch auf andere Krankheiten, zum Beispiel des Herzens und des Kreislaufs, vorsorglich untersuchen lassen. Sachsen hat bundesweit die höchsten Fallzahlen bei Herz-Kreislauf-Krankheiten. Doch der Check up 35, der Risikopatienten erkennen soll, wird ebenso wenig genutzt wie die Krebsfrüherkennung. Laut IKK classic ging die Inanspruchnahme im Jahr 2021 auf 17 Prozent zurück, 2018 waren es noch 24 Prozent. Das hat auch Auswirkungen auf die Lebenserwartung: Laut einer aktuellen Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung belegt Deutschland bei einem Ranking unter 16 westeuropäischen Ländern nur noch Rang 15 bei den Männern und Rang 14 bei den Frauen.

Um mehr Menschen zur Vorsorge zu motivieren, laden die Krankenkassen per Post oder E-Mail persönlich zur Untersuchung ein. Auch Bonusprogramme honorieren den Versicherten eine Teilnahme.