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Noch nie starben so viele Menschen an Drogen

In Sachsen gab es im vergangenen Jahr 20 Todesfälle. Heroin ist noch immer am gefährlichsten. Doch es entwickelt sich ein neuer Trend.

Von Kornelia Noack
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Ein Mann hält eine Heroinspritze an seinen Arm.
Ein Mann hält eine Heroinspritze an seinen Arm. © Frank Leonhardt/dpa

Kokain, Crack, Heroin oder Methadon – der Drogenkonsum in Deutschland wird immer tödlicher. 2.227 Menschen starben im vergangenen Jahr wegen illegaler Substanzen und damit 237 mehr als 2022. Es sei die höchste bisher je registrierte Zahl, wie der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) bei der Vorstellung der Zahlen am Mittwoch in Berlin sagte. Vor zehn Jahren waren es nur halb so viele.

Unter den Todesopfern waren 1.844 Männer und 383 Frauen. Das Durchschnittsalter lag bei 41 Jahren. Blienert schätzt die Lage als „sehr ernst“ ein und befürchtet, dass es in der Realität noch mehr Drogentodesfälle gibt: „Wir haben viel zu wenige toxikologische Gutachten und Obduktionen.“

In Sachsen sind im vergangenen Jahr 20 Menschen nach dem Konsum von Drogen gestorben. Das waren vier weniger als ein Jahr zuvor, wie Zahlen des Landeskriminalamtes zeigen. Weniger Opfer wurden 2023 nur in Mecklenburg-Vorpommern gezählt. Die meisten Drogentoten gab es mit 872 in Nordrhein-Westfalen. In Berlin waren es 271 und in Bayern 257.

Global agierende Kartelle bestimmen den Markt

Welche Drogen konsumiert werden, hat sich in den vergangenen Jahren verändert. So starben deutlich mehr Süchtige in Zusammenhang mit Kokain und Crack – die Zahl stieg von 507 auf 610. Mehr Todesfälle gab es auch durch Methamphetamin und Opiat-Substitutionsmitteln wie Methadon. Bei den meisten Todesfällen war jedoch nach wie vor Heroin im Spiel (712). Zu einem größeren Problem entwickelt sich in Deutschland der Konsum von gemischten Substanzen – immer mehr Süchtige nehmen verschiedene Drogen nebeneinander. Daran starben 1.479 Menschen.

Wie Burkhard Bienert sagte, gehe der Trend zu preiswerteren und stärker wirksamen Opioiden und Stimulanzien, die von global agierenden Kartellen in die Märkte gedrückt werden. Gleichzeitig steige das Angebot an Kokain in Deutschland und Europa stark an. „Deswegen müssen wir jetzt die Präventions-, Beratungs- und Hilfesysteme fit machen“, sagte der Bundesdrogenbeauftragte. Man brauche ganz konkrete Fortschritte bei der Prävention und sozialen Hilfe vor Ort sowie spezifische Angebote, insbesondere auch für Crack- und Metamphetaminkonsumierende. „Wir müssen gerade besonders gefährdete Jugendliche früh und konsequent unterstützen und dürfen suchterkrankte Menschen nicht einfach abschreiben“, sagte Blienert.

Suchthilfe leidet unter Finanznot

So sei es beispielsweise notwendig, dort Drogenkonsumräume zu haben, wo sie erforderlich seien. Derzeit gibt es den Angaben zufolge deutschlandweit 31 solcher Einrichtungen, in denen Abhängige ihre Drogen unter Aufsicht konsumieren können und wo im Notfall Erste Hilfe geleistet werden kann.

Allerdings: Die Suchthilfe steht „finanziell mit dem Rücken zur Wand“, sagte Christina Rummel, Geschäftsführerin der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. Eine deutschlandweite Befragung habe ergeben, dass drei Viertel der öffentlich finanzierten Suchtberatungsstellen ihre Kosten in diesem Jahr nicht decken können. Die Konsequenzen sind laut Rummel fatal: „Beratungsangebote werden eingeschränkt oder die Dienste komplett gestrichen.“ Hilfsbedürftige könnten somit nicht mehr adäquat versorgt werden. (mit dpa)