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Glashütte: Wenn zu viel Radon zum Problem wird

Der Kita in Dittersdorf droht die Schließung, wenn es kein tragfähiges Sanierungskonzept gibt. Vor dem Problem stehen elf weitere Kommunen im Landkreis.

Von Maik Brückner
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Die Kita Waldwichtel in Dittersdorf hat ein Radon-Problem. Die Stadt Glashütte möchte das gern entschärfen und arbeitet an einem Plan.
Die Kita Waldwichtel in Dittersdorf hat ein Radon-Problem. Die Stadt Glashütte möchte das gern entschärfen und arbeitet an einem Plan. © Karl-Ludwig Oberthuer

Glashütte hat ein Radon-Problem. Und das nicht nur im Keller des Rathauses. Viel schlimmer ist es in der Kindertagesstätte "Waldwichtel" im Ortsteil Dittersdorf. Bei Langzeitmessungen wurde hier eine erhöhte Radonkonzentration festgestellt. Um diese zu reduzieren und so Kinder und Erzieher zu schützen, erließ die Verwaltung ein "Lüftungsmanagement". Nun musste Bürgermeister Sven Gleißberg (parteilos) feststellen, "dass ein regelmäßiges Lüften nicht zum erhofften kurzfristigen Erfolg" geführt hat. Das haben die jüngsten Kurzzeitmessungen ergeben.

Glashütte hat nun das Ingenieurbüro IAF-Radioökologie GmbH mit detaillierten Untersuchungen an zehn bis 15 Messpunkten beauftragt, um Maßnahmen zu erarbeiten, wie die Konzentration von Radon gesenkt werden kann. Dafür stellte Glashütte 4.000 Euro bereit. Man wolle zeitnah Lösungen finden, so Gleißberg.

Auch Dippoldiswalde und Freital sind "Vorsorgegebiete"

Glashütte ist nicht die einzige Kommune, die mit Radonbelastungen zu kämpfen hat. Im Landkreis sind elf weitere Kommunen als Radon-Vorsorgegebiete ausgewiesen, erklärt Karin Bernhardt, Sprecherin des Landesamtes für Umwelt. Landwirtschaft und Geologie (LfULG). Das sind Altenberg, Bad-Gottleuba-Berggießhübel, Dippoldiswalde, Dorfhain, Freital, Hartmannsdorf-Reichenau, Hermsdorf/Erzgebirge, Klingenberg, Kreischa, Liebstadt und Tharandt.

Für die Kommunen leiten sich damit keine Verpflichtungen gegenüber den Bürgern ab. Dennoch ist es auch für sie ein Thema. Denn der Gesetzgeber verpflichtet in diesen Gebieten Arbeitgeber - und das sind auch Kommunen - und Selbstständige seit 2021 zu Messungen und Maßnahmen, wenn in Keller- und Erdgeschossräumen gearbeitet wird oder sich dort Aufenthaltsräume befinden. Darüber hinaus muss an bestimmten Arbeitsplätzen per se gemessen werden. Das sind zum Beispiel Bergwerke und Besucherbergwerke sowie Anlagen der Wassergewinnung und -aufbereitung.


Auch das Prozedere der Messung ist vorgegeben. Das Strahlenschutzgesetz verpflichtet die Arbeitgeber zu einer zwölfmonatigen Messung, die spätestens 18 Monate nach Festlegung der Radon-Vorsorgegebiete in den oben genannten Räumen abgeschlossen sein sollte. Wird der Wert von 300 Becquerel pro Kubikmeter überschritten, muss der Arbeitgeber innerhalb von 30 Monaten Maßnahmen ergreifen, um die Radon-Werte zu reduzieren. Das ist durch eine wiederholte Messung zu überprüfen.

Behörde will Arbeitgeber stichprobenartig befragen

"Wird danach weiterhin der Referenzwert überschritten, sind die betroffenen Arbeitsplätze beim LfULG als zuständige Strahlenschutzbehörde anzugeben", so Bernhardt. Dann werden weitere Untersuchungen fällig.

Der Gesetzgeber hat auch geregelt, wie kontrolliert wird. Demnach hat das LfULG als Strahlenschutzbehörde die Möglichkeit zu kontrollieren, ob die gesetzlich festgelegten Pflichten erfüllt werden. Und das werde man tun, so Bernhardt. Ihr Amt plant, stichprobenartig Arbeitgeber anzuschreiben und Messergebnisse anzufordern. Denn es besteht keine Pflicht, Termine und Resultate von Messungen zu melden. Deshalb gibt es auch keine Zahlen, wo und mit welchem Ergebnis Messungen in den letzten Jahren vorgenommen wurden. Fakt ist aber: Radon bleibt ein Problem.

Deshalb bietet der Freistaat auch Unterstützung an: Er gibt Infomaterial heraus. Die Staatliche Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft (BfUL) in Chemnitz erteilt telefonisch und per Mail Rat und schickt ein Team der mobilen Radonberatung durch den Freistaat. Am 19. Oktober wird dieses nach Freital kommen. Die BfUL bietet auch die Teilnahme an Messprogrammen an. Das nächste beginnt voraussichtlich im Herbst. Um mitmachen zu können, muss ein Jahresmittelwert von 200 Becquerel pro Kubikmeter nachgewiesen werden.

Darüber hinaus plant Sachsens Umweltministerium, Vorhaben mitzufinanzieren, die die Radonkonzentration senken. Eine Voraussetzung ist, dass man einen Radon-Jahresmittelwert von mindestens 200 Becquerel pro Kubikmeter nachweisen kann.

Diese Förderung wird die Stadt Glashütte, die auch im Rathaus, im Tourismusbüro, in der Bibliothek, in den Schulen und den anderen Kitas die Radonkonzentration gemessen hat, eventuell in Anspruch nehmen. Denn das Radon-Problem in Dittersdorf kann voraussichtlich nur durch Umbauten entschärft werden. Ob es möglich ist, wird entscheiden, wenn detaillierte Ergebnisse vorliegen, so Gleißberg.

Das Edelgas Radon

  • Radon ist ein sehr bewegliches und radioaktives Edelgas. Es lässt sich schwer nachweisen, da es nicht zu sehen, zu riechen und zu schmecken ist.
  • Radon ist in hoch konzentrierter Form gefährlich. Denn dann zerfällt es in radioaktive Schwermetalle, die sich in den Lungen anreichern und zu gesundheitliche Schäden führen können.
  • Das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, ist umso größer, je mehr Radon sich in der Atemluft befindet und je länger Radon eingeatmet wird. Ein Schwellenwert, unterhalb dessen Radon mit Sicherheit ungefährlich ist, ist nicht bekannt.
  • Rund fünf Prozent aller Todesfälle durch Lungenkrebs in der deutschen Bevölkerung können Radon zugeschrieben werden.
  • Radon ist nach dem Rauchen eine der wichtigsten Ursachen für Lungenkrebs. Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz

Es sei auch möglich, dass die Ergebnisse zu einer "nicht gewünschten Schließung der Kita Dittersdorf" führen, ergänzt er. Denn für eine umfangreiche Sanierung der Kita werde kein Geld da sein. Gleißberg verweist auf Großprojekte, wie die Sanierung der Kita "Sonnenuhr" in Glashütte, den Bau eines Feuerwehrgerätehauses in Reinhardtsgrimma sowie den Neubau einer Kita in Reinhardtsgrimma. Allein diese drei kommunalen Pflichtaufgaben kosten zwischen acht und zehn Millionen Euro.