Günter Blümlein. Wenn dieser Name in Glashütte fällt, klingt Hochachtung mit. Der fränkische Unternehmer verstand es, mit Visionen zu führen. Zusammen mit Walter Lange trug er maßgeblich dazu bei, die Glashütter Luxusuhrenmarke A. Lange & Söhne nach dem Mauerfall wieder zu alter Größe zu führen. Vor 20 Jahren ist dieser Mann, dem Glashütte viel zu verdanken hat, gestorben.
Doch nicht nur Lange stand er zur Seite. So riet Blümlein auch dem Inhaber der Firma Mühle, Hans-Jürgen Mühle, nicht nur Schiffsuhren zu bauen, sondern in das Geschäft mit Armbanduhren einzusteigen. Und das tat dieser auch. Heute gehört Mühle zu einem der bekanntesten Armbanduhren-Herstellern im Müglitztal.
Retter der Schweizer Uhrenindustrie
Vor seiner Glashütter Zeit hatte Blümlein bereits zwei Schweizer Uhrenmarken erfolgreich neu ausgerichtet. Er gilt heute als einer der Retter der Schweizer Uhrenindustrie. Dabei war er gar kein Uhrmacher.
Der 1943 geborene Günter Blümlein wuchs im durch den Krieg zerstörten Nürnberg auf, erlebte als Kind und Jugendlicher die Wirtschaftswunderjahre und die Ansiedlung namhafter Industrieunternehmen. Das bewog ihn, in Furtwangen (Schwarzwald) ein Ingenieurstudium aufzunehmen. Über den Diehl-Konzern, der in den 1950er-Jahren den Uhrenhersteller Junghans übernommen hatte, führte ihn der Weg in den Schwarzwald.
Dort wurde der Diplom-Ingenieur für Feinwerktechnik Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb und erwarb sich einen hervorragenden Ruf. Sein außergewöhnliches Talent konnte er später erneut unter Beweis stellen, als die spätere Mannesmann-Tochter VDO ihm die Aufgabe übertrug, die Uhrenmarken IWC und JaegerLeCoultre neu auszurichten. Diese hatten, wie viele andere Schweizer Marken, unter dem Aufkommen der Quarzuhren gelitten.
Produkte müssen bis ins letzte Detail stimmen
Nach dem Mauerfall erkannte Blümlein das Potenzial der Marke A. Lange & Söhne und widmete sich zusammen mit Walter Lange, dem Urenkel des Begründers, der Neubelebung zu. Die Marke, die durch ihre hochwertigen Taschenuhren berühmt war, war aufgrund der politischen Umstände in der DDR mehr als vierzig Jahren von der Bildfläche verschwunden. Blümlein schuf ein neues Konzept.
Ganz im Sinne des Gründers der sächsischen Feinuhrmacherei, Ferdinand Adolph Lange, sollten nun handwerklich gefertigte Armbanduhren die Brücke von der Tradition zur Moderne schlagen. „Als Newcomer können wir uns überhaupt keine Schwäche leisten. Unsere Produkte müssen bis ins letzte Detail stimmen“, sagte er nach der Präsentation der ersten Armbanduhren am 24. Oktober 1994 im Dresdner Residenzschloss.
Diesen Anspruch erfüllte er. Innerhalb weniger Minuten waren die bis zu diesem Zeitpunkt fertiggestellten 123 Exemplare restlos ausverkauft. Das Fundament für den Wiederaufstieg der Firma war gelegt. Blümlein schaffte es, dass Lange-Uhren nach Meinung vieler Uhrenexperten auch ohne Logo zuverlässig erkannt werden. Das ist etwas, was nur wenigen Herstellern gelungen ist. Ein Beispiel dafür sind die Uhren von Nomos Glashütte.
Blümlein sorgt aber auch dafür, dass traditionelle Finish-Techniken eingeübt, massive Edelmetalle und das von historischen Taschenuhren bekannten Neusilbers für alle Teile des Gestells eingesetzt werden. Damit wollten die Lange-Gründer Uhren schaffen, die exklusiv, beständig und wertig waren. Heute beschäftigt das Unternehmen 740 Mitarbeiter weltweit - und ist damit der größte Uhrenhersteller Deutschlands.
„Ohne Günter Blümlein gäbe es A. Lange & Söhne nicht mehr – und Glashütte wäre heute nicht wieder das Zentrum deutscher Feinuhrmacherei.“ So beschrieb ihn sein langjähriger Wegbegleiter Walter Lange einmal. Er "verstand es wie kaum jemand, die Menschen, die mit ihm arbeiteten, von seinen sehr ehrgeizigen Zielen zu überzeugen und sie dafür zu begeistern.“
Uwe Ahrendt: Günter Blümlein ist ein Vorbild
Auch andere, die ihn erleben durften, schwärmen heute noch von ihm. Langes Sohn Benjamin bedauerte, dass er nur wenig Zeit hatte, um mit Blümlein zusammen zu arbeiten. "Von ihm hätte ich noch einiges lernen können", erklärte er in einem SZ-Gespräch. Uwe Ahrendt, heute Chef des Uhrenherstellers Nomos Glashütte und derzeit amtierender Bürgermeister, wurde von ihm damals bei Lange eingestellt: "Er ist ein Vorbild, er hat für Glashütte viel geleistet."
Auch Glashüttes Alt-Bürgermeister Frank Reichel erinnert sich gern an Blümlein. Der Unternehmer sei nie überheblich gewesen. "Der Mann hat Visionen gehabt." Und diese habe er zielstrebig verwirklicht. Blümlein habe immer Zeit für die Stadt gefunden. Er habe ihm viele gute Ratschläge gegeben. "Das hat mir immer wieder Mut gemacht."
Für Blümlein, der am 1. Oktober 2001 im Alter von nur 58 Jahren starb, gibt es in Glashütte bis heute keinen Ort, wo an den großen Visionär öffentlich erinnert wird. Immerhin tut dies die Firma Lange: "Wir haben eine globale Kommunikationskampagne über eine Vielzahl von Kanälen initiiert, um das Andenken an Günter Blümlein in der Öffentlichkeit zu bewahren", sagt Firmensprecher Arnd Einhorn. In Glashütte selbst wird noch überlegt, wie man an ihn erinnern sollte. "Wir haben im Ortschaftsrat bereits darüber beraten", sagt Ahrendt. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen.