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AfD-Politik: Versprochen und nicht gehalten

Die Reichenbacher AfD-Fraktion kündigte vor einem Jahr an, auf ihre Sitzungsgelder zum Wohle des Stadthaushalts zu verzichten. Passiert ist nichts. Liegt es vielleicht am häufigen Fehlen von zwei der vier AfD-Räte.

Von Constanze Junghanß
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Das Reichenbacher Rathaus
Das Reichenbacher Rathaus © Foto: SZ/Constanze Junghanß

Auf der Facebookseite der Reichenbacher AfD-Stadtratsfraktion ist es seit geraumer Zeit ruhig. Die jüngsten Beiträge wünschten den 4.500 Nutzern schöne Weihnachten und Ostern.

Doch es gab auch schon mal Zeiten, da ging es um Reichenbacher Stadtpolitik auf dieser Seite. Zum Beispiel am 15. Oktober vergangenen Jahres. Da teilten die AfD-Vertreter vor zwölf Monaten der Öffentlichkeit mit: „Die AfD-Stadtratsfraktion hat bei der letzten Sitzung des Stadtrates angeboten, im Zuge der Haushaltssanierung auf ihre Sitzungsgelder zu verzichten und würde es begrüßen, wenn die anderen Fraktionen diesem Beispiel folgen.“

So steht das seit einem Jahr auf der Facebookseite der Fraktion. Da heißt es: „Auch wenn es nur ein kleiner Beitrag zur Sanierung des Stadthaushaltes ist, so hilft doch jeder gesparte Euro dabei, dass unser Stadthaushalt entlastet wird.“ Und weiter: „Denn schließlich sollten alle Stadträte ihr Ehrenamt aus Überzeugung wahrnehmen, auch ohne finanzielle Entschädigung.“ Solche Einstellungen kommen bei vielen Bürgern an, selbst bei jenen, die nicht AfD wählen.

Nägel mit Köpfen hat die AfD aber bisher nicht gemacht. Seitens des Reichenbacher Rathauses wird auf Nachfrage mitgeteilt: „In den Jahren 2022 und 2023 hat keiner auf das Sitzungsgeld verzichtet.“ Weder die AfD noch die anderen Stadtratsfraktionen CDU, URBI und Freie Wähler. Die anderen Fraktionen hatten eine solche Haushalts-Finanzspritze auch nicht vorgeschlagen.

Möglicherweise wurde das Sitzungsgeld der AfD gespendet? Auch das nicht heißt es seitens des Rathauses. Spenden von der AfD-Fraktion liegen der Verwaltung nicht vor. Über eine solche Spende hätte der Stadtrat abstimmen müssen. Was ist also aus der großen Ankündigung geworden?

Die AfD will ihren Facebook-Post überhaupt nicht so verstanden wissen, dass sie ihr Sitzungsgeld tatsächlich seit letztem Jahr dem Haushalt der Stadt zur Verfügung stellt. Als Anregung für den gesamten Stadtrat sei dieser Facebook-Beitrag gedacht gewesen, wie Fraktionssprecher Peter Joch jetzt auf Nachfrage der SZ sagt. „Wir würden verzichten, wenn auch die anderen mitmachen“, so Joch. Also kein Alleingang.

Wenigstens hätte die AfD-Fraktion ihrer Ankündigung Taten folgen lassen und einen entsprechenden Antrag in den Rat einbringen können. Doch auch das geschah nicht. Joch begründet das damit, dass das „andere Stadträte unter Druck gesetzt“ hätte.

Stadträte anderer Fraktionen kennen trotzdem das Thema. Und sie geben die Sitzungsgelder in Form von Spenden auch weiter. Aber das muss jeder selbst entscheiden. So erklärt Uwe Thomas, Sprecher der größten Fraktion URBI, die neun von 18 Sitzen im Stadtrat hat, dass Mitglieder seiner Fraktion ihr Sitzungsgeld bereits des Öfteren für gute Zwecke spenden würden. Das sei eine Sache jedes Einzelnen, sagt er. Zwei Beispiele: Frank Hannas sponserte letztes Jahr das Sitzungsgeld eines kompletten Jahres der Oberlausitzer Tafel, Thomas unterstützte damit das Glockenprojekt der Kirche.

Bei der CDU ist das ähnlich. Sie ist mit drei Räten drittstärkste Kraft. Fraktionsvorsitzender Andreas Schneider sagt: „Jeder sollte doch persönlich entscheiden, wohin und was gespendet wird.“ Auch bei den CDUlern würden Sitzungsgelder für gute Zwecke gespendet.

In voller Höhe bekommen das Geld die ehrenamtlichen Stadträte sowieso nur bei Anwesenheit. Zehn Euro sind das in Reichenbach pro Person und Sitzung. 20 Euro gibt es als Pauschale, auch bei Nichterscheinen. Mit einer Einschränkung: „Die Aufwandsentschädigung für ehrenamtlich Tätige entfällt, wenn der Anspruchsberechtigte sein Amt ununterbrochen länger als drei Monate tatsächlich nicht ausübt“, sagt Hauptamtsleiterin Elisabeth Krohe.

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Auf Platz 1 der Stadträte, die in diesem Jahr bei den Ratssitzungen fehlten, stehen zwei der vier AfD-Vertreter. Roman Golombek und Frank Schuster nahmen 2023 sieben Mal nicht an den Sitzungen teil. Golombek fehlte von März 2021 bis März 2022 ein komplettes Jahr.

Dass einzelne Stadträte in Reichenbach nicht an Sitzungen teilnehmen, kommt auch bei anderen Fraktionen vor. Aber auf sieben Nicht-Teilnahmen kommt keiner. Im Allgemeinen können Gründe für das entschuldigte Fehlen dienstlich oder krankheitsbedingt sein, wie das Rathaus mitteilt. Stadträte, die nicht bei der Sitzung dabei sind, können aber auch keine Entscheidungen für ihre Wähler beeinflussen.